„Wir gedenken eines großen Vordenkers und Gestalters“
Trauerrede der ZdK-Präsidentin Dr. Irme Stetter-Karp beim Requiem für Dr. Bernhard Vogel in Speyer - es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Wiesemann,
sehr geehrte Frau Bundesministerin a.D. Julia Klöckner,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident a.D. Kurt Beck,
sehr geehrte Frau Landesministerin Dörte Schall,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Parteien und der Fraktionen im Landtag,
sehr geehrter Bernd Vogel, liebe Familie Vogel, liebe Trauergemeinde,
Bernhard Vogel war ein Homo Politicus ersten Ranges. Er war ein zugewandter Mensch. Und er war ein Katholik im Vollsinne des Wortes: Allumfassend in seinem Denken. Brücken bauend, wo immer möglich. Kraftvoll in seiner Art, Ämter auszufüllen und die in ihnen liegenden Möglichkeiten zu nutzen.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hatte die Ehre, ihn für vier Jahre als seinen Präsidenten zu erleben. Von 1972 bis 1976 lenkte er die Geschicke der organisierten katholischen Zivilgesellschaft in Deutschland. Und er hätte es sicher für eine zweite Amtszeit getan, wäre da nicht sein Wechsel in die Mainzer Staatskanzlei gewesen. So verzichtete er auf eine erneute Kandidatur.
Als Bernhard Vogel 1972 Präsident des ZdK wurde, begann eine neue Ära im höchsten deutschen Laiengremium der katholischen Kirche. Sie war geprägt von prägnanten, in landespolitische Verantwortung gehenden oder aus ihr kommenden Persönlichkeiten. Bernhard Vogel begründete qua Amt einen politischen Katholizismus der 70er Jahre, dessen Faden die ihm Nachfolgenden aufnahmen. Es war ein politischer Katholizismus der Eigenständigkeit und der Verantwortungs-Übernahme für gesellschaftliche Fragen, ein politischer Katholizismus des kritischen Denkens und des offenen Wortes. Dieses kritische Denken pflegte Vogel auch innerkirchlich. Die Deutsche Bischofskonferenz wie der Vatikan hatten mit einem ZdK-Präsidenten zu rechnen, der seinen eigenen Kopf hatte – und ihn nicht hinter den Mauern der ZdK-Zentrale in der Bonner Hochkreuzallee versteckte.
In diesen Bonner Jahren – in denen Bernhard Vogel 1965 in den Bundestag einzog und 1967 als Kultusminister in das rheinland-pfälzische Kabinett wechselte – wurde er im November 1967 als Einzelpersönlichkeit ins ZdK gewählt. 1968 wurde er Präsident des 82. Deutschen Katholikentags in Essen und erwarb sich Ansehen und Respekt durch seine Art, dieses brisante Treffen zu leiten. In Essen wurden Konflikte zwischen Kirche und Gesellschaft offen diskutiert. Der Katholikentag stand ganz im Zeichen der sogenannten Pillen-Enzyklika des Papstes, es war ein Katholikentag mit besonders kontroversen Debatten. Zugleich war das Treffen geprägt vom Freiheitsgeist des Zweiten Vatikanischen Konzils. Bernhard Vogel sollte später sagen, dass es ein Kraftakt war, diesen Katholikentag „zusammenzuhalten“. Es glückte ihm. Wie so vieles in den kommenden Jahrzehnten, in denen er Mitglied des ZdK war – auch nach seiner Zeit als Präsident.
Der Katholikentag in Essen war auch der Startschuss für ein neues Miteinander zwischen Bischöfen und Laien. Bei einem Kaffeetrinken von Bernhard Vogel mit Kardinal Döpfner und ZdK-Generalsekretär Friedrich Kronenberg, so heißt es, sei die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland beschlossen worden. Sie wurde zu einer Sternstunde für die deutsche Ortskirche. Sie definierte und prägte das gemeinsame Beraten. Heute ist sie Bezugspunkt unseres Synodalen Weges, auf dem wir fortsetzen, was damals begonnen wurde.
Die katholische Zivilgesellschaft war Bernhard Vogel in vielen Jahrzehnten seines Lebens Heimat und Herzensanliegen. Noch bis ins hohe Alter fuhr er in jedem Januar zu den Einkehrtagen des ZdK nach Maria Laach. In jenem Kloster fand einst Konrad Adenauer Zuflucht vor den Nazis. Bernhard Vogel traf dort über Jahre Freunde und Weggefährtinnen und lebte das Katholisch-Sein in Gemeinschaft. Nur in diesem Jahr hatte er, mit dem Verweis darauf, dass er nicht mehr 80 sei, abgesagt. Seine Treue zu diesem Treffen zeigt: Der Ehrenvorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung verstand sein Leben als Politiker eben immer auch als ein katholisches Leben.
Das ZdK gedenkt einer herausragenden Persönlichkeit des Katholizismus in Deutschland, einem großen und unermüdlichen Vordenker und Gestalter. Wir ehren sein Lebenswerk und trauern gemeinsam mit allen, die ihm auf seinem Lebensweg verbunden waren. Möge er in Frieden ruhen.
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