Zum Glück hatten wir Glück!

Trauerrede der ZdK-Präsidentin Dr. Irme Stetter-Karp beim Trauerakt am 9. März 2024 in München - es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte, liebe Frau Glück, liebe Angehörige,

sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,

verehrter Kardinal Marx,

sehr geehrter Herr Ministerpräsident Söder,

liebe Trauergemeinde, 

 

„Zum Glück hatten wir Glück!“ Dieser Satz fiel im Zentralkomitee der deutschen Katholiken öfter. Er fiel auch schon während der Amtszeit von Alois Glück als Präsident des ZdK. Da hieß es: „Zum Glück haben wir Glück!“ Von 2009 bis 2015 konnte das ZdK sich mit diesem Satz auf einen verlässlichen Mann stützen. Alois Glück war ein prominenter, ein souveräner Vertreter der katholischen Zivilgesellschaft in Deutschland. 

Seine Jahre als Präsident waren Zeiten des Umbruchs. Der Umwelt- und Kulturwandel forderte heraus, es gab viele Diskussionen. Auch in der Kirche kam es zu deutlichen Veränderungen, die Alois Glück mitgestaltete und da steuerte, wo es ihm möglich war.

Viele atmeten in diesen Jahren auf, wenn irgendwo sein Name fiel. Denn Alois Glück war kompetent, strategisch geschickt, aufrecht im Denken und Handeln. Man konnte sich auf ihn verlassen. Vor allem aber war er ein Mensch. Zugewandt, herzlich, an seinem Gegenüber interessiert. Was er wollte – in Kirche und Gesellschaft – hat er dem ZdK im vergangenen Jahr in einer Podcast-Reihe mit ehemaligen ZdK-Präsidenten ins Stammbuch geschrieben: „Mitgestalten! Nach den Werten, die wir mit unserem Glauben verbinden!“ So sagte er das. Und so haben viele ihn erlebt: als Mitgestalter und gläubigen Menschen. „Damit Ihr Hoffnung habt“, lautete das Leitwort des zweiten Ökumenischen Kirchentags 2010, hier in München, dem Alois Glück als katholischer Präsident vorstand, an seiner Seite Eckhard Nagel vom Evangelischen Kirchentag. Wir hatten Hoffnung dank des Engagements von Alois Glück für unsere Kirche, für unsere Stimme in der Politik, für die Ökumene.

Seine Leidenschaft war das Bergsteigen. Wie man mit Ausdauer und ruhigem Schritt den Gipfel erreicht, hatte er früh gelernt. Dieses Können bewies er auch im Amt des ZdK-Präsidenten. Er machte die katholische Zivilgesellschaft in Deutschland mit langem Atem zu einem Motor des gesellschaftlichen Zusammenhalts. In der Kirche setze er auf Vermittlung und Dialog. Zu seinem 80. Geburtstag schrieb ihm sein Nachfolger im Amt, Prof. Thomas Sternberg: „Du warst und bist ein Glücksfall für die katholische Kirche in Deutschland... Ohne je unangemessen zuzuspitzen oder zu polarisieren, hast Du in aller Klarheit Position bezogen, in unserer Kirche und in Politik und Gesellschaft."

Alois Glück engagierte sich für den Schutz des ungeborenen Lebens, für eine nachhaltige Familienpolitik und für ein würdiges Sterben mit Hospiz- und Palliativversorgung. Die Liebe zur Schöpfung zeigte sich auch darin, wie er sich für den Erhalt der Natur einsetzte. 2019 begann er seine erfolgreiche Vermittlung zwischen Bienenschützern und Bauern in Bayern, die sich über das Volksbegehren „Artenvielfalt – Rettet die Bienen!“ verhakt hatten. 

Alois Glück galt als „wandelnder Vermittlungsausschuss“. Nicht nur in der Politik. Als Rom die deutschen Katholiken 1999 zum Ausstieg aus der staatlich anerkannten Schwangeren-Konfliktberatung zwang, gehörte er zur Gründungsriege von „Donum Vitae“. Als er sich 2009 zur Wahl als ZdK-Präsident stellte, forderte ihm das einen Kompromiss ab. „Glücks Opfer für die Laienarbeit“, wie eine Zeitung damals titelte, bestand darin, dass er seine leitende Mitarbeit in Stiftung und Förderkreis von Donum Vitae ruhen ließ. Nur so war mit der erforderlichen Mehrheit der deutschen Bischöfe für seine Präsidentschaft zu rechnen. Denn den meisten Bischöfen galt „Donum Vitae“ offiziell nicht als katholisch. Mit ihnen in Verbindung und in produktivem Gespräch zu bleiben, war eine zentrale Aufgabe des ZdK. Glück meisterte sie. Er blieb Mitglied des Vereins Donum Vitae. Schließlich ging es auch hier um sein Lebensthema: Schöpfung bewahren. Auch dann, wenn’s schwierig wird. 

Als Alois Glück sich nach seiner ersten Amtsperiode 2013 erneut zur Wahl als ZdK-Präsident stellte, wurde er mit 97 Prozent der Stimmen von unserer Vollversammlung wiedergewählt. Hier zeigte sich die Wertschätzung für seine herausragende Fähigkeit, in allen Lagen das Kletterseil mit festem Griff in der Hand zu behalten.

Das hatte er auch im Jahr 2010 bewiesen, als der Missbrauchsskandal öffentlich wurde. Alois Glück war entsetzt. Und sah einen entscheidenden Weg hin zu einer effektiven Aufarbeitung im „Überdiözesanen Gesprächsprozess ‚Im Heute leben‘“. Er selbst suchte den Dialog mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch. Dass Alois Glück so viel entschlossener auf Reformen setzte, sich so viel ehrlicher machte als sein Gegenüber, wurde einer breiten Öffentlichkeit erst 2023 offenbar.  

An diesem Punkt lässt sich festmachen, dass Katholischsein für Alois Glück bedeutete, ein kritischer Katholik zu sein. Selber denken! So handeln, dass man vor sich selbst geradestehen kann! Das war seine Maxime. Als er sich 2009 für das ZdK „frei machte“, sich zur Kandidatur für das Präsidentenamt bereiterklärte, war er schon 26 Jahre Mitglied des ZdK. Er hatte aufreibende Jahre in der Politik hinter sich, zum Schluss als Landtagspräsident. Ehrenamt war für ihn Ehrensache: als stellvertretender Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung, Initiator und Vorsitzender des Netzwerks Hospiz in seinem Heimatlandkreis, Vorsitzender weiterer Vereine – darunter der Bergwacht Bayern. 

Die Berge. Für ihn blieben sie Zeit seines Lebens Heimat. Wenn er nachdenken musste, wenn eine schwierige Entscheidung zu treffen war, zog es ihn in die Natur. Manchmal allein, oft auch im Zwiegespräch. ZdK-Mitglieder, die ihn gut kannten, berichten von solchen Spaziergängen, auf denen Positionen entwickelt und Entscheidungen vorgedacht wurden. 

Das Leben Alois Glücks blieb gehalten und getragen von seinem Glauben und seiner Fähigkeit, auch die schwersten Berge mit ruhigem Schritt zu meistern. Er war auch auf schwierigen Etappen seines Lebens im Gespräch. Ihm gelang die Verbindung zu Menschen. Ihm gelang Veränderung. Vor allem gelang es ihm, mit Gott zu gehen, wie mir scheint. In Zeiten des Umbruchs blieb sein Glaube sein Kompass. 

Wir trauern ganz besonders mit Ihnen, liebe Frau Glück, Ihren Kindern und der ganzen Familie. Das ZdK ist Alois Glück zu höchstem Dank verpflichtet. Seine Stimme ist uns Mahnung und Ansporn, nicht nachzulassen im Engagement für ein zukunftsfähiges Christsein.

 

Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des ZdK

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