ZdK pro Demokratie-Initiativen gegen gesellschaftlichen Rechtsruck
Beschluss des Hauptausschusses des ZdK
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sieht mit Sorge das Erstarken rechtsextremer, antidemokratischer und antisemitischer Überzeugungen und Bewegungen - auch in der Mitte von Kirche und Gesellschaft. Ein friedvolles, gewaltfreies Miteinander muss in einer Zeit großer Herausforderungen und damit einhergehender Verunsicherungen in weiten Teilen der Bevölkerung als Wert neu installiert, gepflegt und bestärkt werden.
Ausgrenzung, Hass und Hetze bieten keine Lösung für akute Probleme. Wir verwahren uns gegen diese Reaktionen auf andere, und zwar aus christlicher Überzeugung. Menschenfeindlichkeit ist mit dem Christentum nicht vereinbar.
Das beste Mittel gegen Rechtsextremismus und -populismus ist gute Politik. Das ZdK bekennt sich zur demokratischen Gestalt unserer Gesellschaft. Mitglieder des ZdK stehen öffentlich und vernehmbar für die Demokratie und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ein. Das erfordert Entschlossenheit – gerade in einer Zeit der öffentlichen Angriffe auf Menschen und Menschengruppen.
Gleichzeitig verwirklichen wir demokratische Prinzipien in Verbänden, Kirchengemeinden, gewählten Räten und aktiven Organisationen. Sie sind somit auch ein Grundstein unserer Arbeit als ZdK in der Kirche.
Das ZdK setzt sich für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen gleiche Teilhabechancen haben. Allen Formen von Diskriminierung und Benachteiligung, die Menschen beispielsweise aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Geschlechtes, ihrer sexuellen Orientierung, ihres sozialen Status erfahren, treten wir entgegen.
Wir wollen das, was unsere Demokratie ausmacht, glaubwürdig vermitteln, um auch diejenigen zu erreichen, die sich in unserer Gesellschaft benachteiligt fühlen und sich von vordergründigen Lösungsangeboten rechtspopulistischer Strömungen ansprechen lassen. Wir sehen uns in der Verantwortung, Wege des Dialogs mit allen Interessierten zu suchen, über demokratisch gefundene Kompromisse zu kommunizieren und das Vertrauen zwischen Bürger*innen und demokratischen Politiker*innen neu zu stärken.
Der Hauptausschuss des ZdK bestärkt den Beschluss der Vollversammlung vom 24. November 2023, ein Handlungskonzept zur Bewahrung der Demokratie und gegen Menschenfeindlichkeit zu entwickeln. Er begrüßt die Demonstrationen und Willensbekundungen von Millionen Menschen in diesen Wochen, die sich für Demokratie, gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus stark machen. Der Hauptausschuss sieht im 103. Deutschen Katholikentag in Erfurt (29. Mai bis 2. Juni 2024) eine Großveranstaltung, die dieses demokratische Engagement aufnimmt und weiterführt. Der Katholikentag selbst ist ein Ort der Bestärkung der Demokratie, des Pluralismus und des Respekts. Alle sind eingeladen, daran teilzunehmen. Der Katholikentag ist seit Januar Mitglied des Bündnisses „Thüringen weltoffen“.
Das ZdK wird auch die Europawahl 2024 zum Anlass nehmen, auf die Bedeutung der Demokratie und der Menschenwürde hinzuweisen und zur Wahl aufzurufen. Aus Demonstrationen müssen Stimmen für demokratische Parteien werden – in Europa, in Deutschland, in Bundesländern und Kommunen. Um darauf hinzuwirken, ist die Kooperation in bundesweiten Bündnissen von entsprechenden Initiativen anzustreben.
Es war richtig und wichtig, dass alle Diözesanbischöfe der sechs ostdeutschen Bistümer in einer gemeinsamen Erklärung vor einer Wahl der AfD gewarnt haben. Das ZdK unterstützt es, wenn diese Position öffentlich auch von den anderen Bischöfen, katholischen Organisationen und Diözesanräten, sofern dies nicht schon geschehen ist, geteilt wird. Der Hauptausschuss weist darauf hin, dass das ZdK die Unvereinbarkeit von AfD-Positionen mit dem Christsein bereits seit vielen Monaten öffentlich erklärt. Er stellt sich ausdrücklich hinter die Aussage der ZdK-Präsidentin, die die Mitgliedschaft in der AfD mit einem kirchlichen Amt für unvereinbar hält.
Morgen, am 27. Januar 2024, denken wir an die Opfer des Holocaust und gedenken der Millionen Menschen, die während der Zeit des deutschen Nationalsozialismus ermordet wurden. Der Jahrestag der Befreiung von Auschwitz vor 79 Jahren durch die Rote Armee erinnert uns immer wieder an das unermessliche Leid und die Verbrechen, die in diesem dunklen Kapitel unserer Geschichte verübt wurden. Dieses Gedenken ist in diesen Tagen, in denen der Hass gegen Juden in Israel und weltweit nach dem verbrecherischen völkermörderischen Angriff der Hamas offen auftritt, von größter Bedeutung. Seit dem Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober ist die Zahl antisemitischer Vorfälle international stark gestiegen. Wir verurteilen, dass diverse Splittergruppen am 27. Januar zu einer Demonstration in Berlin gegen Israel aufgerufen haben. Der Versuch, Gedenktage zu nutzen und diese mit eigenen Inhalten zu belegen, ist nicht neu: In Berlin wurde schon mehrfach am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, Kundgebungen gegen den jüdischen Staat veranstaltet. Der Antisemitismus aus allen Richtungen – inklusive der Mitte der Gesellschaft – hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter verstetigt. Dies darf nicht sein, hier sind wir verpflichtet, uns aktiv dagegen zu stellen.
Auschwitz steht wie kein anderer Ort für die Verbrechen des Nationalsozialismus, insbesondere für den Holocaust. Das Versagen der deutschen Gesellschaft und insbesondere der Eliten fordert uns heraus, das Führungs- und Verantwortungsverständnis von Organisationen im Hier und Jetzt zu reflektieren.
Morgen, wenn wir der Opfer gedenken und die Überlebenden ehren, müssen wir auch über die Gegenwart nachdenken. Das Wiederaufleben rechtsextremer Ideologien und spaltender Narrative in Europa und weltweit vergegenwärtigt in besorgniserregender Weise die Vergangenheit. Es erinnert uns an die Konsequenzen der Untätigkeit und führt uns die Notwendigkeit vor Augen, sich zu engagieren. Wir rufen dazu auf, sich dieser Verantwortung zu stellen und gemeinsam dafür zu sorgen, dass das Versprechen 'Nie wieder' in unserer heutigen Welt eine echte Bedeutung erhält.
Aus kollektiven Erfahrungen zu lernen ist der Schlüssel, um dazu beizutragen, dass sich derartige Katastrophen nicht wiederholen werden.