Demokratie stärken – Aufstehen gegen Antisemitismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus!
Beschluss der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)
Wir leben in Zeiten der beschleunigten Veränderung und von lokalen wie globalen Krisen und Konflikten, ja Kriegen. Gesellschaftlich treffen unterschiedliche Wertvorstellungen und Ansprüche scheinbar unversöhnlich aufeinander; Kommunikation findet in einer fragmentierten Öffentlichkeit statt. Nicht wenige Menschen empfinden die zunehmende Komplexität als bedrohlich und sehen sich in ihren Partizipationsmöglichkeiten eingeschränkt oder ausgeschlossen. Immer wieder werden solche Entwicklungen als Begründungen für rechtspopulistische oder antidemokratische Einstellungen herangezogen. Seit dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel, tritt in Deutschland ein bestürzender Antisemitismus öffentlich zutage, dessen Ausmaß zuvor unvorstellbar schien.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sieht das Erstarken rechtspopulistischer, antidemokratischer und antisemitischer Überzeugungen und Bewegungen - auch in der Mitte von Kirche und Gesellschaft - , deren schleichende Etablierung im gesellschaftlichen Alltag und die aus alldem erwachsende Polarisierung der Gesellschaft mit großer Sorge. Heute wissen wir mehr denn je: Ein friedvolles Miteinander ist nicht selbstverständlich, sondern muss immer wieder erarbeitet und gefestigt werden. Um im Wandel bestehen zu können, müssen wir das gemeinsame Fundament stärken: unsere Demokratie.
Das demokratische Gestalten unserer Gesellschaft muss erlernt und immer wieder neu eingeübt werden. Es ist ein Grundstein unserer Arbeit in Verbänden, Kirchengemeinden gewählten Räten und aktiven Organisationen, dass wir uns für Gerechtigkeit, Solidarität und Menschenwürde gemeinsam mit anderen und konkret engagieren: durch Zuhören, durch Dialog, durch (politische) Bildung, durch zivilgesellschaftliches Engagement sowie nicht zuletzt durch unsere politischen Standpunkte. Das öffentliche und laute Einstehen für diese Werte erfordert Mut, immer wieder Kraft und Durchhaltevermögen
Dem Grundgesetz verpflichtet setzen sich das ZdK und seine Mitgliedsorganisationen für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen gleiche Teilhabechancen in allen Teilen der Gesellschaft haben. Allen Formen von Diskriminierung und Benachteiligung, die Menschen beispielsweise aufgrund ihres Geschlechtes, ihrer sexuellen Identität, ihrer Religion, Herkunft, Behinderung oder Krankheit erfahren, treten wir entgegen; wir stehen für Akzeptanz und Toleranz ein.
Das ZdK sieht diese Grundwerte, ohne die unser demokratischer Staat nicht funktioniert, gerade durch die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD), aber auch durch alle anderen rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Gruppierungen nicht nur als gefährdet, sondern als in hohem Maße bedroht an. Das öffentliche Wirken von Parteien oder Gruppen wie der AfD mit ihren teilweise rassistischen, antifeministischen, antisemitischen und antimuslimischen Aussagen sieht das ZdK als starken Motor für Spaltungen in der Gesellschaft. Personen, die sich nicht hinter dem Grundgesetz versammeln können und die menschenverachtende und rassistische Äußerungen tätigen, müssen nicht nur vom Rechtsstaat verfolgt werden, sondern haben auch keinen Platz in unseren Räten, Verbänden und Organisationen.
Das Erstarken rechter Ideologien begünstigt zudem eine Zunahme des in Gesellschaft und Kirche noch immer vorhandenen Antifeminismus. Die Frage der Gleichstellung ist auch eine Frage des Demokratieverständnisses, deshalb gilt es sich für beides einzusetzen.
Wir ermutigen zur aktiven Teilhabe am demokratischen Prozess durch die Beteiligung an Wahlen und Abstimmungen. Zivilgesellschaftliches Engagement in Organisationen und Initiativen sowie in neuen Formaten, bei Demonstrationen und friedlichem Protest helfen, die Gesellschaft aktiv mitzugestalten und die eigenen Anliegen einzubringen. Wir rufen dazu auf, die anstehenden Europa-, Landtags- und Kommunalwahlen zu nutzen, um der eigenen demokratischen Haltung Ausdruck zu verleihen und dabei diejenigen Kräfte zu unterstützen, die sich nachdrücklich für Frieden, Demokratie, Freiheit, soziale Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte einsetzen.
Um als ZdK noch stärker einzustehen für Demokratie und Menschenrechte – und auch ganz konkret zum Schutz von Menschen vor Gewalt und Diskriminierung beizutragen – soll ein öffentlichkeitswirksames Handlungskonzeptes zur Bewahrung der Demokratie und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit entwickelt werden. Als Grundlage dessen wird eine Zusammenstellung der darauf bezogenen Aktivitäten des ZdK in den letzten Jahren angefertigt. Mit dem anschließenden Handlungskonzept werden die Aktivitäten beobachtet, geeignete Kooperationen sondiert (intern und extern) und Leerstellen markiert. Ein möglicher Unvereinbarkeitsbeschluss von ZdK-Mitgliedschaft mit dem Engagement für eine Partei wie der AfD soll im Rahmen der Überarbeitung des Leitbilds und der Satzung geprüft werden. Die Zwischenergebnisse sollen auf der Vollversammlung im Mai 2024 vorgestellt werden.