ZdK-Präsidentin bittet Betroffene von sexueller Gewalt in der Kirche um Entschuldigung
Heute vor 15 Jahren wurden Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich. Sie brachten die Aufdeckung des Missbrauchsskandals ins Rollen
Fünfzehn Jahre nach der Aufdeckung des Missbrauchsskandals am Berliner Canisius-Kolleg sieht die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Dr. Irme Stetter-Karp, weiteren Aufarbeitungsbedarf in der katholischen Kirche. „Zugleich bin ich dankbar für das, was seither an Aufklärung geschehen ist. Wir schauen heute tief in die Strukturen des Missbrauchs hinein. Es ist völlig klar, dass sexualisierte Gewalt durch Machtmissbrauch ermöglicht wird. Was geschah und welches Ausmaß es hat, kann niemand mehr leugnen.“
Die ZdK-Präsidentin nimmt zugleich kritisch Stellung zur Haltung des ZdK „nach dem Paukenschlag im Canisius-Kolleg im Januar 2010“. Über mehrere Jahre hinweg hätten auch weite Teile der organisierten Vertretung der katholischen Zivilgesellschaft in Deutschland „das Thema verdrängt und das Ausmaß der Gewalttaten nicht für möglich gehalten. Als Präsidentin des ZdK bitte ich die Betroffenen von sexueller Gewalt in der Kirche um Entschuldigung. Wir haben zu lange gebraucht, um zu erkennen, wie die Wirklichkeit aussah. Im Kern ist festzustellen, dass ein grundlegendes Umdenken erst mit der Veröffentlichung der MHG-Studie im Jahr 2018 eingesetzt hat.“
Seither fordere das ZdK zu konsequenter Aufarbeitung auf und begleite die Prozesse in den deutschen Bistümern kritisch. „Es ist aber auch wichtig, Laien-Organisationen selbst als mögliche Orte des Machtmissbrauchs und der sexualisierten Gewalt wahrzunehmen“, so Stetter-Karp weiter. „Wir werden sehen, dass der Missbrauchsskandal noch lange nicht vollständig aufgedeckt ist. Umso wichtiger ist es, die bereits vorhandene Präventionsarbeit zu stärken.“ Dazu, so die ZdK-Präsidentin, gehöre auch das fortgesetzte Engagement auf dem Synodalen Weg: „Auslöser dafür, diesen Weg zu gehen, war 2018 die Erkenntnis über das riesige Ausmaß der Vorgänge. Zwischen Deutscher Bischofskonferenz und ZdK ist heute die Erkenntnis breit verankert, dass wir strukturelle Veränderungen in unserer Kirche brauchen, um solchen Taten in Zukunft besser vorzubeugen.“
Wolfgang Klose, Vizepräsident des ZdK, erinnert daran, dass neben Aufklärung und Prävention eine zentrale Frage die nach der Entschädigung der Opfer sei. „Wir haben in der Kirche die Zahlung von Geldern zur Anerkennung des Leids. Das ist gut so. Aber diese Zahlungen ersetzen nicht die Frage nach Schadensersatz. Die ZdK-Vollversammlung hat im November 2024 einem Initiativantrag zugestimmt, der die Bistümer auffordert, bei zivilrechtlichen Klagen von Betroffenen auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.” Auch politisch tue sich zu wenig, so Klose. „Dabei wäre es so wichtig, nicht nur für die Betroffenen in der Kirche, sondern für alle Betroffenen von solchen Gewalttaten.“ Das Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen werde wohl nicht mehr in dieser Legislatur verabschiedet. „Das ZdK erwartet, dass der Prozess nach der Regierungsbildung schnellstmöglich wieder aufgenommen wird.“
Ebenso unterstütze das ZdK die Idee der Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, zur Gründung einer Stiftung, die Betroffenen von sexuellem Missbrauch helfen soll. „Die Nachfrage nach Hilfen aus dem bestehenden Fonds, der 2013 aufgelegt wurde, ist immens. Eine Stiftung könnte sowohl Hilfe in Form von Beratung und Therapie ermöglichen als auch die Anerkennungs- und Erinnerungskultur fördern. Wenn eine solche Stiftung bereits in dem genannten Gesetz verankert würde, wäre das ideal“, so Klose abschließend.
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