ZdK-Präsidentin erinnert an „Trauma des 7. Oktobers“
„Israel und Palästina brauchen eine Politik der Entfeindung“
Zum Jahrestag des Überfalls der Hamas auf Israel am 7. Oktober appelliert die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Dr. Irme Stetter-Karp, an die Verantwortlichen, „alle noch in ihrer Gewalt befindlichen Geiseln unverzüglich freizulassen“. Sie seien „unschuldige Opfer eines Machtspiels.“
Der Terror der Hamas bedrohe die Stabilität in der Region fortwährend, so die Präsidentin. „Diese Organisation ist nicht nur für den terroristischen Überfall am 7. Oktober 2023 verantwortlich, sondern hält die palästinensische Bevölkerung in kollektiver Geiselhaft ihrer unversöhnlichen Positionen gegenüber Israel. Täglich sterben Menschen, die diese Auseinandersetzung weder befeuern wollen noch lösen können. Sie möchten in Frieden leben.“
„An diesem Jahrestag gehen unsere Gedanken zuerst zu den Todesopfern des grausamen Überfalls. Wir denken an die Hinterbliebenen, an die noch immer gequälten Geiseln und an die Angehörigen“, so Stetter-Karp weiter. „Seit dem Ende der Schoah sind bei keinem singulären Ereignis so viele Jüdinnen und Juden verschleppt und ermordet worden. Dieser Tag hat uns gezeigt, dass jüdisches Leben immer neu gefährdet ist.”
Die Gesprächskreise „Juden und Christen“ und „Christen und Muslime“ beim ZdK sowie die ZdK-Präsidentin hatten unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023 den terroristischen Angriff der Hamas verurteilt, Israel verächtlich machende Demonstrationen scharf kritisiert und ihrer Sorge vor wachsendem Antisemitismus in Deutschland und weltweit Ausdruck verliehen.
„Hierzulande ist die Zahl antisemitischer Übergriffe nach dem 7. Oktober sprunghaft angestiegen und seitdem auf einem alarmierend hohen Niveau“, so Stetter-Karp. „Das dürfen wir nicht hinnehmen. Ebenso wenig dürfen wir zulassen, dass der Diskurs über die Situation in Israel und Palästina durch polemisch-verzerrte und einseitige Stimmen dominiert wird. Als ZdK möchten wir einen differenzierten, kritischen Diskurs befördern und sind dankbar für das Engagement und die klaren Positionierungen aus den beiden Gesprächskreisen ‚Juden und Christen‘ und ‚Christen und Muslime‘ beim ZdK. Sie unterstreichen die Notwendigkeit des Dialogs gerade jetzt“, so die ZdK-Präsidentin.
Gemeinsam lenken die Gesprächskreise den Blick auf die weltweiten Folgen des 7. Oktobers. „Antisemitismus ist wieder allgegenwärtig“, stellen Dagmar Mensink und Rabbiner Prof. Andreas Nachama, Vorsitzende des Gesprächskreises „Juden und Christen“, fest. „Es erschreckt uns zutiefst, wie seit dem 7. Oktober 2023 allein in Deutschland Fälle von Hasskriminalität mit antisemitischem Hintergrund massiv zugenommen haben. Es scheint, als habe der Terror der Hamas gegen Israel die Schleusen geöffnet, um tiefsitzenden Ressentiments gegen Juden und Jüdinnen und gegen Israel durch verbale und körperliche Gewalt Ausdruck zu verleihen.“
Auch die Vorsitzende des Gesprächskreises „Christen und Muslime“ beim ZdK, Prof. Anja Middelbeck-Varwick, weist auf den Zusammenhang zwischen dem Überfall auf Israel und dem wachsenden Antisemitismus hin. „Wir als Muslime und Christen sagen jenen, die Jüdinnen und Juden bedrohen: Es muss Schluss sein damit! Wenden wir uns gemeinsam gegen die zunehmende Bedrohung. Niemand soll hier in Angst leben.“
Bei einem Treffen am 30. September 2024 in Frankfurt a.M. hatten sich Mitglieder beider Gesprächskreise über ihre Erfahrungen im interreligiösen Dialog nach dem 7. Oktober 2023 und zur Situation in Deutschland ausgetauscht. Es wurde deutlich, wie wichtig es ist, Gesprächsräume zu schaffen und offen zu halten, in denen ein Miteinander, getragen von Empathie und Respekt, religionsübergreifend weiter möglich ist. Die Gesprächskreise wollen diesen Austausch bei regelmäßigen Treffen fortsetzen, um gerade jetzt im Dialog zu bleiben. Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bedrohten den gesellschaftlichen Frieden akut, hieß es in Frankfurt. „Beide Gesprächskreise beim ZdK arbeiten gemeinsam gegen diese Entwicklungen an. In Deutschland grassiert nicht nur der Antisemitismus, sondern auch der antimuslimische Rassismus. Wir sind uns dieser Lage bewusst und unterstützen uns als Gesprächskreise wechselseitig.“
Das ZdK insgesamt schaut besorgt auf die politische Wirklichkeit des Nahen Ostens. “In der gegenwärtigen Lage gilt es, jene Kräfte in der Region zu stärken, die den Glauben an einen dauerhaften Frieden nicht aufgeben“, so die ZdK-Präsidentin. „Diese Stimmen haben es schwer genug, denn einer im September veröffentlichten Umfrage zufolge glauben 68 Prozent der Israelis und 62 Prozent der Palästinenser nicht, dass eine Zwei-Staaten-Lösung in den nächsten fünf Jahren Wirklichkeit wird. Sie hoffen mehrheitlich nicht einmal mehr darauf.“ Stetter-Karp würdigt in diesem Zusammenhang „die vielen internationalen, darunter auch katholischen Hilfswerke, die entgegen der vorherrschenden Stimmung gerade jetzt einen unermüdlichen Beitrag zur Verständigung leisten.“ Sie ist überzeugt: „Wer den Bogen vom 7. Oktober 2023 zum 7. Oktober 2024 spannt, kann sehen: Israel und Palästina brauchen jetzt eine Politik der Entfeindung – mit starker Unterstützung der Internationalen Gemeinschaft. Humanitäre und politische Arbeit ist wichtig, gerade mit Blick auf eine Nachkriegsordnung in Gaza.“
Das Trauma des 7. Oktobers sei Juden und Jüdinnen überall auf der Welt gegenwärtig. „Ich kann nur ahnen, welche Trauer, welches Leid, welche Sorgen und Ängste für alle damit verbunden sind“, sagt die ZdK-Präsidentin. Was vor einem Jahr geschehen sei, habe deshalb auch das ZdK zur konsequenten Beschäftigung mit den Folgen getrieben. Die Vollversammlung habe im Mai 2024 einen Friedensbeschluss gefasst, dessen Schlusskapitel festhalte: „Eine Welt des Friedens beginnt beim Individuum, beim Menschen des Friedens.“ In diesem Geist habe auch der 103. Deutsche Katholikentag in Erfurt den Nahostkonflikt thematisiert, unter anderem auf einem Podium des Generalsekretärs mit Außenministerin Annalena Baerbock. Anfang September habe das ZdK-Präsidium bei seinem Arbeitsbesuch in Rom den jüdisch-christlichen Dialog mit dem World Jewish Congress fortgesetzt. Im Oktober werde der ZdK-Hauptausschuss den Direktor der Berliner Vertretung des World Jewish Congress zu Gast haben. Ebenso werde es in einem Gespräch mit dem Malteser-Orden um die humanitäre Lage in Gaza gehen.
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