„Reformen sind dringender denn je“

ZdK-Präsidentin sieht Synodalen Weg durch Studie zur Kirchenmitgliedschaft bestätigt

Die aktuelle Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen und Katholischen Kirche in Deutschland ist aus Sicht der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) „ein deutliches Signal, Veränderungen entschlossen vorantreiben zu müssen. Wir sehen klar, dass der Wandel der Kirche in der postmodernen Gesellschaft nicht schnell und nicht nachhaltig genug gelingt“, sagt Dr. Irme Stetter-Karp. „Gerade die katholische Kirche erlebt zudem einen massiven Vertrauensverlust in der Gesellschaft. Gleichzeitig erfahren wir: Kirchenmitglieder, Mitglieder anderer Religionen so wie Konfessionslose erwarten von den Kirchen soziales und politisches Engagement. Das ZdK nimmt sich genau dieser Forderung an.“

„Dass die Kirche als Kämpferin für Klimaschutz, für Menschenwürde und für sozialen Ausgleich in der Gesellschaft gesehen und immer wieder angefragt wird, bestätigt das ZdK und seine Arbeit im gesellschaftspolitischen Raum“, sagt die ZdK-Präsidentin. „Dieses Engagement müssen wir aber weiter mit Reforminitiativen in der Kirche verbinden. Die Untersuchung bescheinigt dem Synodalen Weg die richtige Richtung. Ein hoher Prozentsatz der Befragten verlangt Dinge, die wir auf der Agenda haben. Beispiele dafür: 78 Prozent aller befragten Katholik*innen möchte, das Priester heiraten dürfen. 58 Prozent fänden es richtig, homosexuelle Partnerschaften zu segnen. Und 87 Prozent aller befragten Katholik*innen wollen, dass Führungspersonen in der Kirche demokratisch gewählt werden. Es ist entscheidend, dass wir diese Forderungen als Auftrag verstehen, auf dem Synodalen Weg voranzukommen. Die Studie zeigt deutlich: Katholik*innen treten vor allem aus Wut und Zorn über ausbleibende Veränderungen aus ihrer Kirche aus, Protestant*innen vor allem deshalb, weil ihnen die religiösen Inhalte gleichgültig geworden sind. Von daher ist es alles andere als egal, ob Veränderungen in der katholischen Kirche kommen.“

Erschreckend sei, dass nur neun Prozent aller Befragten erklärt hätten, aktuell Vertrauen in die katholische Kirche zu haben. „82 Prozent der befragten Katholik*innen sagen, sie würden bleiben, wenn die Kirche deutlicher bekennen würde, dass sie Schuld auf sich geladen hat und 71 Prozent sagen, sie würden bleiben, wenn die Kirche sich radikal reformiert. Beide Schritte würden das Vertrauen in die Kirche wieder stärken. Das muss die Institution als Auftrag begreifen, gerade im Blick auf den Missbrauchsskandal“, sagt Stetter-Karp.

Insgesamt gebe die Studie einen unverstellten Blick auf die Religiosität in Deutschland. „Mehr als die Hälfte der Befragten beschreiben sich selbst als säkular oder eher säkular. Darunter sind auch Kirchenmitglieder, das ist besonders interessant. Für die Kirchen heißt das, zu akzeptieren, dass Religiosität nicht auf den Genen liegt. Es gibt keine selbstverständliche Sehnsucht danach, die jedem Menschen innewohnt. Es müssen neue Wege gefunden werden, wie Religiöse und Nichtreligiöse miteinander sprechen können. Die Kirchen müssen sich öffnen für die Lebensfragen der Nichtreligiösen. Und zugleich ist es eine spannende Herausforderung, säkularen Menschen von der Bedeutung des Religiösen zu erzählen und Religion als Gewinn für das eigene Leben anzubieten.“


Bei den Noch-Mitgliedern der Kirche verspürten nur etwa 40 Prozent eine Kirchenbindung, 60 Prozent nicht mehr. „Das Verbundenheitsgefühl hat vor allem auf katholischer Seite gelitten, mehr als auf evangelischer. 43 Prozent der katholischen Kirchenmitglieder geben in der Befragung an, aktuell austrittsgeneigt zu sein. Deshalb sind Reformen dringender denn je. Sie sind die Voraussetzung dafür, sich den Herausforderungen einer Zeitenwende stellen zu können, die die Kirche massiv betrifft und die sie bewegen muss“, sagt die ZdK-Präsidentin.

Die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) wird von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) seit fünf Jahrzehnten jeweils alle zehn Jahre durchgeführt. Erstmals hatte der Rat der EKD die Deutsche Bischofskonferenz diesmal eingeladen, sich an der KMU zu beteiligen.

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