"Muslimfeindlichkeit geht uns alle an"

ZdK fordert mehr Empathie für Betroffene

Muslimfeindlichkeit ist in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht, den der Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (UEM) heute dem Bundesinnenministerium übergeben hat. „Es ist auch Aufgabe christlicher Gruppen und kirchlicher Einrichtungen, dem entgegenzuwirken“, sagt die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Dr. Irme Stetter-Karp. „Wir brauchen eine klare Solidarität mit den Betroffenen.“

„Der Bericht zeigt, dass jede*r Zweite in Deutschland muslimfeindlichen Aussagen zustimmt. Damit ist klar, dass dies kein Phänomen am rechten Rand ist, sondern uns alle betrifft“, so die Präsidentin weiter. „Hier wird eine Gruppe als ‚anders‘ abgestempelt. Ihr werden rückständige und bedrohliche Eigenschaften zugeschrieben. Es ist offensichtlich, dass Muslimfeindlichkeit und Rassismus zusammen gedacht werden müssen.“ Abwertungen und Anfeindungen gehörten zum Alltag. „Das darf nicht so bleiben. Diese Haltung bedroht Menschen. Und sie bedroht den Zusammenhalt der Gesellschaft.“

Prof. Anja Middelbeck-Varwick, Vorsitzende des Gesprächskreises Christen und Muslime beim ZdK und Mitglied des UEM, erklärt: „Muslimfeindlichkeit in Deutschland beginnt nicht erst dort, wo Moscheen verwüstet oder Hassrede im Netz verbreitet werden. Zudem richtet sich die antimuslimische Negativhaltung nicht nur gegen gläubige Muslim*innen, sondern vielmehr auch gegen viele Menschen, die als muslimisch ‚gelesen‘ werden.“ Der Bericht zeige, dass es um ein gesamtgesellschaftliches, strukturelles Problem gehe. „Dies ist vielleicht für die Bereiche, Schule, Wohnungssuche oder Arbeitsmarkt schon recht bekannt. Prozesse der Ausgrenzung zeigen sich aber auch durch fehlende Repräsentanz, z.B. im Kulturbetrieb, in politischen Ämtern in den Redaktionen. Alltagsdiskriminierung vollzieht sich außerdem zum Teil auch völlig unbeabsichtigt oder unbewusst.“

Eine höhere Sensibilität für die Perspektiven der von antimuslimischem Rassismus Betroffenen und ihre alltäglichen Diskriminierungserfahrungen sei daher dringend erforderlich. „Hier besteht vielfach ein erstaunlich großes Empathie-Gap.“ Insbesondere der Bereich der religiösen Bildung könne zu rassismuskritischen Perspektiven entscheidend beitragen – „nicht ohne auch eigene blinde Flecken und stereotype Zuschreibungen dabei in den Blick zu nehmen“.

Das ZdK werde beobachten, so Irme Stetter-Karp, „ob aus den Handlungsempfehlungen des Berichts konkrete Schlussfolgerungen in Politik, Bildung und öffentlichem Leben gezogen werden“. Sie sei dankbar, so die Präsidentin weiter, „dass wir mit unseren Gesprächskreisen beim ZdK – dem muslimisch-christlichen wie dem jüdisch-christlichen – Kompetenzkreise haben, die sich gerade im Bereich religiöser Bildung als hochrelevant erweisen“.  

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