ZdK-Präsidentin Stetter-Karp sieht in neuer Grundordnung des kirchlichen Dienstes einen „überfälligen Schritt“
Die Wahl der Lebensform soll künftig weder ein Einstellungshindernis noch ein Kündigungsgrund sein.
Als „überfälligen Schritt“ würdigt die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Dr. Irme Stetter-Karp, die Nouvelle der Grundordnung des kirchlichen Dienstes. Am heutigen Dienstag wurde der Text von der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) als Empfehlung für die deutschen (Erz)Bistümer beschlossen. Die Neufassung löst die Grundordnung von 2015 ab. Entscheidend ist die nun vorbehaltlose Akzeptanz der sexuellen Identität kirchlicher Mitarbeiter*innen im kirchlichen Arbeitsrecht. Die Wahl der Lebensform soll künftig weder ein Einstellungshindernis noch ein Kündigungsgrund sein.
„Vorausgesetzt wird aber die Bereitschaft, den christlichen Charakter der Einrichtung, für die man arbeitet, zu achten“, fährt Stetter-Karp fort, „und das ist auch gut so. Ich gehe nun davon aus, dass Kontrolle und Sanktionierung von Mitarbeitenden im kirchlichen Dienst an diesem Punkt Vergangenheit sind. Stattdessen übernimmt die Kirche selbst die Verantwortung dafür, dass die Institution als christlich wahrgenommen wird. Dieser Paradigmenwechsel ist wichtig.“
Birgit Mock, Vizepräsidentin des ZdK und Vorsitzende des Synodalforums „Leben in gelingenden Beziehungen“, hält die Entscheidung für einen Meilenstein. „Unser Synodalforum hat dafür hart gearbeitet, und die Kampagne ‚Out in Church´ hat sicher in entscheidendem Maße zu einem Umdenken beigetragen. Ein entsprechender Beschluss auf der IV. Synodalversammlung im September 2022 hat klar gezeigt, dass die jetzige Verabschiedung der neuen Grundordnung mit dem Synodalen Weg verzahnt ist.“ Mock erinnert aber auch an die Forderung der Synodalversammlung, die „Missio Canonica“, die Beauftragung mit Verkündigungs- und Lehraufgaben, und das „Nihil-obstat“, die Aussage zur Unbedenklichkeit von Kandidat*innen für eine Hochschulprofessur, nicht mehr von der Lebensform abhängig zu machen. „Wir haben uns dafür eingesetzt, eine Antidiskriminierungs-Klausel explizit in die Grundordnung aufzunehmen. Das ist nicht erfolgt. Wir gehen jetzt davon aus, dass die sehr begrüßenswerte Passage über die Akzeptanz der Vielfalt entsprechend interpretiert wird.“
Dass noch etwas zu tun bleibt, davon ist auch Wolfgang Klose, Vizepräsident des ZdK und Mitglied des Verbandsrats, überzeugt. Er votierte für die neue Grundordnung, die aus seiner Sicht bedeutet, dass Fragen an die kirchliche Anthropologie nun kein Tabu mehr sein dürfen. „Wenn Menschen ein vielfältigeres Leben leben als im überkommenen Verständnis der Kirche, muss sich die Kirche fragen, wo sie neu denken und lehren muss“, so Klose.
Irme Stetter-Karp sieht im neuen Text der Grundordnung Potenzial für die Zukunft. „Dort steht jetzt, dass bestehende Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts zu beseitigen und künftige Benachteiligungen zu verhindern sind. Das bedeutet, dass nicht zuletzt über die Zulassung von Frauen zu allen Ämtern und Diensten in der Kirche klar gesprochen werden muss. Die Synodalversammlung hat sich dazu ja bereits eindeutig geäußert.” Sie sei aber zunächst froh, so Stetter-Karp, „dass wir jetzt auf einem konkreten, praktischen Feld, beim kirchlichen Arbeitsrecht, eine wirkliche Veränderung erzielt haben. Ich sehe vor allem, dass es pragmatisch möglich ist, Menschen das Leben zu erleichtern. Das ist gut so. Was daraus in der Lehre folgt, steht auf einem anderen Blatt.“
Stetter-Karp würdigt auch, dass die Nouvelle der Grundordnung am sogenannten Dritten Weg festhält. „Auf dem Dritten Weg setzen mehr als 90 Prozent der katholischen Träger den Flächentarif um, legen eine extrem große Tariftreue an den Tag und verhindern damit Lohndumping im sozialen Bereich seit den 1990er Jahren.“
Ein Wermutstropfen sei es, dass der Austritt aus der Kirchensteuergemeinschaft weiterhin sanktioniert werden soll. „Damit das im Einzelfall nicht geschieht, wird mit Ermessensspielraum des Arbeitgebers argumentiert. Aber das schafft neue Abhängigkeiten. Besser wäre es gewesen, wenn beispielsweise eine klare Stufung definiert worden wäre, etwa Führungskräfte bei einem Kirchenaustritt anders zu behandeln, weil von diesen auch die Förderung und Garantie für das Profil der Einrichtung verlangt wird. Gleichzeitig habe ich Verständnis, dass der Kirchenaustritt ein kritisches Moment im Arbeitsrecht bleibt. Mein Votum heißt: hier bei einer nächsten Reform klarere Kriterien anzugeben. Jetzt gilt es zunächst einmal, die neue Grundordnung möglichst schnell und einheitlich in den deutschen Bistümern umzusetzen.
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