ZdK-Präsident Glück fordert europäische Debatte über Werte und Leitbilder

„Wir geben ständig mehr aus als wir erarbeiten und einnehmen“

Eine einseitige Ausrichtung auf materielle Werte, ein egoistischer Anspruch auf Freiheit ohne Verantwortung und ein kurzfristiges Erfolgsdenken sind nach Überzeugung des Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, die Quellen vieler gegenwärtiger Krisen.

Dies gelte auch für die Schuldenkrise in Europa, betonte Glück vor der Herbstvollversammlung des ZdK am Freitag, dem18. November 2011. Hier zeige sich besonders drastisch ein Grundübel und eine zunehmende Selbstgefährdung der westlichen Zivilisation. „Wir geben ständig mehr aus als wir erarbeiten und einnehmen“, so der ZdK-Präsident wörtlich. „Wenn wir uns vor Augen halten, dass wir trotz Rekordeinnahmen im Staatshaushalt mit einer höheren Verschuldung für das kommende Jahr planen, haben auch wir auch keinen Grund zu deutscher Selbstgerechtigkeit.“

In diese Situation hinein sei die Eigendynamik der ökonomischen Krise, insbesondere die Verselbständigung der Finanzwirtschaft auch zum politisch kaum mehr beherrschbaren Problem geworden. Die Schuld dafür dürfe man aber nicht allein den Akteuren in den Märkten zuschieben. Die Marktkräfte hätten mit harter Klarheit und Konsequenz erzwungen, was die Politik seit Jahren nicht schafft, nämlich die Folgen der Überschuldung und die damit verbundenen Konsequenzen offengelegt. Die Herrschaft der Märkte mit dem Maßstab des augenblicklichen Nutzens und der Möglichkeit der strategischen Spekulation auf potenzielle Gewinne sei zu einem zentralen Problem des politischen Handelns und des weiteren Vertrauens in die Demokratie und die politischen Akteure geworden, warnte Glück. Er kritisierte, dass inzwischen die Rating-Agenturen die mächtigsten Bewertungsinstanzen politischer Entscheidungen sind, ohne selber eine Verantwortung zu haben.

Es sei auch nicht hinzunehmen, dass die Gewinne privatisiert und ohne eigene Risiken eingefahren würden, Verluste aber von allen anderen getragen werden müssten. Solche Situationen und Entwicklungen halte auf Dauer kein Gemeinwesen aus.

Der ZdK-Präsident forderte in diesem Zusammenhang dazu auf, eine umfassende öffentliche Debatte über die künftigen Aufgaben der Europäischen Union und die damit verbundenen Konsequenzen zu führen. Zu den Quellen der Krise der Europäischen Union zähle auch, dass das Projekt Europa seit Jahren nur noch in den Kategorien von Binnenmarkt und Handelsplatz diskutiert werde, wobei jeder seinen Vorteil sucht. „Das Fundament der Europäischen Union sind unsere gemeinsamen Werte“, so Glück. „Die Erfahrung lehrt: eine Gemeinschaft ohne starke Werte und Leitbilder ist bald eine schwache Gemeinschaft, die sich in den Verstrickungen unterschiedlicher Interessen lähmt.“

Pressemitteilung “ZdK-Präsident Glück fordert europäische Debatte über Werte und Leitbilder” als PDF

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