Segen gibt der Liebe Kraft

Segnungen für Paare, die sich lieben. Handreichung für Seelsorger*innen. Beschluss der Gemeinsamen Konferenz

„Die Kirche möchte die Botschaft der von Gott geschenkten Würde einer jeden Person in Wort und Tat verkünden. Diese Botschaft leitet sie in ihrem Umgang mit Menschen und deren Partnerschaft. Deshalb bringt sie Paaren, die in Liebe verbunden sind, sich gegenseitig in vollem Respekt und in Würde begegnen und ihre Sexualität in Achtsamkeit für sich selbst, füreinander und in sozialer Verantwortung auf Dauer zu leben bereit sind, Anerkennung entgegen und bietet ihnen Begleitung an. Es gibt Paare, die für ihre Partnerschaft um den Segen bitten. Dieser Bitte liegt der Dank für erfahrene Liebe und die Hoffnung auf eine von Gott begleitete Zukunft zugrunde.“1 Ausgehend von diesem Anliegen hat die Synodalversammlung des Synodalen Weges der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) die Empfehlung gegeben, Paaren, die keine kirchlich-sakramentale Ehe eingehen wollen oder denen eine solche nicht offensteht, Segensfeiern zu ermöglichen.

Die Thematik von Segnungen für Paare beschäftigt die katholische Kirche in Deutschland seit geraumer Zeit. Nicht kirchlich verheiratete Paare, geschiedene und wiederverheiratete Paare sowie Paare in der ganzen Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten sind selbstverständlich Teil unserer Gesellschaft. Nicht wenige dieser Paare wünschen sich einen Segen für ihre Beziehung.2 Eine solche Bitte ist Ausdruck der Dankbarkeit für ihre Liebe und Ausdruck des Wunsches, diese Liebe aus dem Glauben zu gestalten. Bislang gab es keine allgemeine Handreichung dafür, wie Seelsorger*innen diesem Anliegen in guter Weise gerecht werden können.

Der Beschluss der Synodalversammlung sah deshalb vor, zeitnah von der Deutschen Bischofskonferenz und dem ZdK gemeinsam erarbeitete Vorschläge für die Rahmenbedingungen und Gestaltung von Segnungen vorzulegen. Diesem Auftrag kommt die vorliegende Handreichung nach.

Unterdessen haben sich die weltkirchlichen Voraussetzungen für dieses Anliegen relevant verändert: Am 18. Dezember 2023 veröffentlichte das Dikasterium für die Glaubenslehre mit Zustimmung des Papstes die Erklärung Fiducia supplicans – Über die pastorale Sinngebung von Segnungen (FS). Darin wird Abstand genommen vom bisherigen kategorischen Nein zu Segnungen von Paaren, für die eine kirchlich-sakramentale Ehe nicht möglich ist.3 Um den pastoralen Ansatz des Pontifikates von Papst Franziskus auch in dieser Frage stärker zur Geltung zu bringen, ist es die erklärte Absicht von Fiducia supplicans, „lehrmäßige Aspekte mit pastoralen Aspekten kohärent“ (FS 3) zu verbinden.

Zugleich regt die Erklärung dazu an, die Bedeutung von Segnungen insgesamt intensiver zu bedenken und wertzuschätzen. Segnungen „laden nämlich dazu ein, die Gegenwart Gottes in allen Ereignissen des Lebens zu erfassen, und erinnern daran, dass der Mensch auch im Gebrauch der geschaffenen Dinge aufgefordert ist, Gott zu suchen, ihn zu lieben und ihm treu zu dienen“. (FS 8) Mit Papst Franziskus erinnert Fiducia supplicans daran, dass vor allen einzelnen Segnungen Jesus Christus selbst „Gottes großer Segen“ ist. Er ist das große Geschenk Gottes, „ein Segen für die ganze Menschheit, er ist ein Segen, der uns alle gerettet hat“. (FS 1) So verbindet sich mit der Bitte um Segen immer auch der Dank und Lobpreis für Gottes Güte und Größe, für seine Gaben und Wohltaten, für das Geschenk des Lebens und der Liebe (vgl. FS 10.15.29); „Die Bitte um einen Segen drückt die Offenheit für die Transzendenz, die Frömmigkeit, die Nähe zu Gott in tausend konkreten Lebensumständen aus und nährt sie, und das ist keine Kleinigkeit in der Welt, in der wir leben. Dies ist ein Same des Heiligen Geistes, den es zu nähren und nicht zu behindern gilt.“ (FS 33)

Ganz ähnlich drückt es der Text des Synodalen Weges aus, wenn er darauf hinweist, dass in der Bitte von Paaren um den Segen deutlich wird, „dass Menschen ihre Beziehung im Horizont Gottes gestalten und sich dabei an der Frohen Botschaft orientieren möchten. Gestärkt durch den Segen machen diese Paare ihren christlichen Glauben und ihre Gottesbeziehung in ihrer Partnerschaft, in ihren Familien, Freundeskreisen und Gemeinden fruchtbar und säen die Samen für weiteren Segen in und für unsere Kirche.“ (SW 20, Nr. 21)

In unserer Kultur und Gesellschaft, in der Menschenwürde, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung hohe Güter sind und die deshalb eine große Akzeptanz für von Liebe und Verantwortung getragene unterschiedliche Paarkonstellationen kennt, kann der Gedanke nur verstärkt werden, den Fiducia supplicans erstmals in einem lehramtlichen Papier nennt: Alles, was in einem solchen gemeinsamen Leben und in diesen Beziehungen „wahr, gut und menschlich gültig ist, [wird] durch die Gegenwart des Heiligen Geistes bereichert, geheilt und erhöht“. (FS 31) Denn immer, wenn Menschen um einen Segen bitten, drücken sie damit die Bitte um Gottes Hilfe aus, um die Werte des Evangeliums mit größerer Treue leben zu können (vgl. FS 40). „Diese Bitte sollte in jeder Hinsicht wertgeschätzt, begleitet und mit Dankbarkeit aufgenommen werden.“ (FS 21) Zugleich bereichern Segnungen als Ausdrucksformen des Glaubens das Leben der Kirche und vertiefen das Verständnis des Verhältnisses zwischen Gott und den Menschen. Damit werden Segnungen „zu einer pastoralen Ressource, die es zu nutzen gilt“. (FS 23)

Auf dieser Grundlage ergeben sich folgende Hinweise für die Praxis:

 

  • Gemäß dem Beschluss des Synodalen Weges können sowohl geweihte Amtsträger als auch Personen mit einer bischöflichen Gottesdienstbeauftragung Segnungen vornehmen. (SW 20, Nr. 7)
  • Im Blick auf die situative Gestaltung und Formulierung des Segens setzt Fiducia supplicans auf die Erfahrung, die pastorale Klugheit sowie das seelsorgerliche Einfühlungsvermögen der Segnenden. (FS 35 und 41) Allen Personen, die um den Segen bitten, ist mit einer wertschätzenden Haltung zu begegnen.
  • Fiducia supplicans macht ausdrücklich darauf aufmerksam, dass für die Bitte um und die Spendung von Segen keine weitere Voraussetzung gilt als das gemeinsame Vertrauen in Gottes Beistand. (vgl. FS 12 und 25)
  • Seelsorger*innen, die dennoch zu der Überzeugung gelangen, eine Segnung nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren zu können oder sich diesbezüglich unsicher sind, sollen das um Segen bittende Paar an unterstützende Personen (z. B. Beauftragte für Queer-Seelsorge, Ehe- und Familienpastoral der Diözese) vermitteln.
  • Es sollen entsprechende Fortbildungen für Seelsorger*innen angeboten werden.
  • Wie beschlossen, werden die Erfahrungen mit Segnungen für Paare, die sich lieben, ausgewertet. (vgl. SW 20 Nr. 10)
  • Die Segnungen von Paaren, die sich lieben, können und sollen sich durch eine größere Spontaneität und Freiheit im Blick auf die Lebenssituation derjenigen auszeichnen, die um den Segen bitten. Aus diesem Grund sind für die Segnungen keine approbierten liturgischen Feiern und Gebete vorgesehen.
  • Die Segnungen sollen so gestaltet sein, dass es zu keiner Verwechslung mit der gottesdienstlichen Feier des Ehesakraments kommt.
  • Die Segnung verwirklicht symbolisch ein Geschehen zwischen Gott und den Menschen. Es soll deutlich werden, dass Menschen für ihre Beziehung um den Segen Gottes bitten, der ihnen verlässlich zugesprochen wird.
  • Segnen ist zugleich Handeln der Kirche, die sich in den Dienst gott-menschlicher Begegnung stellt. Die Kirche nimmt den Wunsch des Paares ernst, seinen weiteren Lebensweg unter den Segen Gottes stellen zu wollen. Sie sieht in der Bitte um Segen die Hoffnung auf eine Gottesbeziehung, die menschliches Leben tragen kann. Um das Paar in dieser Hoffnung zu ermutigen, beteiligen sich möglichst alle, die die Segnung mittragen, im Zusammenspiel mit dem Leiter/der Leiterin durch Akklamation, Gebet und Gesang.
  • Die Segnung bedarf gemeinsamer Überlegungen, die die Wünsche und Anliegen des Paares bezüglich des jeweiligen Rahmens und der passenden Gestaltung aufgreifen und theologisch sinnvoll einbeziehen. Die größere Spontaneität und Freiheit dieser Segnungen sollen sich mit Sorgfalt in der Vorbereitung verbinden.
  • Die Art und Weise der Leitung der Segnung, der Ort, die gesamte Ästhetik, darunter auch Musik und Gesang, sollen von der Wertschätzung der Menschen, die um den Segen bitten, von ihrem Miteinander und ihrem Glauben künden.
  • Durch Worte aus der Heiligen Schrift wird der Bezug zwischen dem Heilshandeln Gottes und dem Segen deutlich. Situativ passende biblische Texte sollten deshalb im Rahmen der Segnung rezitiert und ggf. ausgelegt werden.
  • Das Segensgebet spricht den biblisch bezeugten Gott an und gedenkt in Lobpreis und Danksagung seiner Geschichte mit den Menschen und der ganzen Schöpfung. Dem soll sich die Segensbitte für das Paar anschließen. Das Segensgebet schließt mit einem Lobpreis Gottes.
     

Wen Gott segnet, über den lässt er „sein Angesicht leuchten“. Davon ist die Heilige Schrift überzeugt (vgl. Num 6,24 ff.). Von Gott gesegnet zu sein heißt, den Lebensweg unter Gottes liebendem Blick zu gehen.

Diesen Weg müssen und sollen wir nicht alleine gehen. Wir dürfen ihn gehen mit den Menschen, die Gott uns zur Seite stellt, umgeben und getragen von der großen Gemeinschaft der Glaubenden aller Zeiten.

 

1 Beschluss der Synodalversammlung vom 10. März 2023: Handlungstext Segensfeiern für Paare, die sich lieben, in: Der Synodale Weg, 20. Beschlüsse des Synodalen Weges der katholischen Kirche in Deutschland, hg. vom Sekretariat des Synodalen Weges      (Bonn 2023) 283 (gesamter Text: 283–290, zitiert: SW 20).
2 „Es ist in der pastoralen Praxis eine breite Erfahrung geworden, dass gleichgeschlechtlich liebende Paare die Bitte um den Segen für ihre Partnerschaft äußern. Ebenso tun dies zivil wiederverheiratete Paare, die in einer neuen Partnerschaft einen neuen        Anfang wagen. Es tun dies auch Paare, die sich für das Sakrament der Ehe noch nicht disponiert sehen. Oft werden sie damit den Belangen einer Partnerschaft gerecht, in denen nur ein Partner/eine Partnerin gläubig ist oder der katholischen Kirche nahesteht.  Es gibt zunehmend auch die Erfahrung, dass ungetaufte Paare nach dem Segen fragen.“ (SW 20, Nr. 13)
3 Vgl. das Responsum ad dubium der Kongregation für die Glaubenslehre vom 22. Februar 2021 (AAS 113 [2021], 431–434).

Beschluss “Segen gibt der Liebe Kraft” als PDF

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