Der Jahrestag des russischen Krieges gegen die Ukraine: Sehnsucht nach gerechtem und stabilem Frieden in Europa
Erklärung der Initiative Christen für Europa (IXE)
Inspiriert durch unseren gemeinsamen christlichen Glauben und motiviert durch eine tiefe Sehnsucht nach gerechtem und stabilem Frieden in Europa und in der Welt, hat IXE – Initiative Christen für Europa – diese Erklärung veröffentlicht.
Wir stehen an der Seite der Ukraine, die seit einem Jahr das Ziel dieses Krieges ist, der gegen das Völkerrecht sowie das Budapester Memorandum verstößt.
In seinem Kampf gegen die Aggression und für sein Recht, in einem freien Land zu leben, stehen wir in Solidarität mit dem ukrainischen Volk, und erkennen sein Recht auf Selbstverteidigung an. Wir verurteilen den russischen Angriffskrieg als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dieses Verbrechen hat zu Hunderttausenden von Toten und Verletzten, darunter Zivilisten, geführt. Millionen von Geflüchtete sind vor dem Grauen geflohen. All diejenigen, die dem Krieg entkommen wollen, müssen entsprechend dem europäischen Modell Schutz durch humanitäre Visa oder Asyl finden. Unzählige Menschen sind in Gefahr, diesem Krieg zum Opfer zu fallen. Armut und Ernährungsunsicherheit haben in vielen Ländern, vor allem im globalen Süden, zugenommen. Die Inflation, insbesondere im Energiesektor, verschärft die soziale Ungleichheit. Aus christlicher Sicht müssen wir immer für die Schwachen optieren.
- In der Vergangenheit und in der Gegenwart wurden und werden Religionen von den politischen Eliten für Konflikte und Kriege instrumentalisiert. Dies lehnen wir entschieden ab. Im 21. Jahrhundert müssen Religionsgemeinschaften endlich entschieden für den Frieden eintreten. Deshalb kritisieren wir in aller Deutlichkeit, dass der ideologische Boden für diesen Krieg in hohem Maße von den Führern der russisch-orthodoxen Kirche genährt wurde. Anstatt einen Beitrag im Sinne der christlichen Friedensethik zu leisten, erteilte das russisch-orthodoxe Oberhaupt Kyrill die Absolution. Der Angriffskrieg gilt nicht mehr als Sünde, sondern als Dienst an Gott. Im Jahr des Krieges waren keine Stimmen der Versöhnung zu hören. Das muss sich ändern. Wir rufen Patriarch Kyrill auf, die Kriegspropaganda einzustellen. Alle christlichen Kirchen und religiösen Gemeinschaften sollten sich für den Frieden einsetzen.
- Wir fordern den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine, um weiteres Leid für die Soldaten auf beiden Seiten und für die Zivilgesellschaft zu verhindern. Russland hat den Krieg begonnen und muss ihn beenden, statt ihn weiter zu eskalieren. Der Frieden kann nur dann würdig und dauerhaft sein, wenn er auf Freiheit, Wiederherstellung der territorialen Integrität und Gerechtigkeit beruht, was die Untersuchung von Kriegsverbrechen und die Reparation von Kriegsschäden einschließt. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass der Aggressor der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart zu einem Land werden kann, mit dem eine diplomatische Verständigung möglich ist - auch wenn dies angesichts des brutalen und aggressiven Vorgehens der derzeitigen russischen Regierung derzeit unmöglich erscheint. Das Völkerrecht muss Vorrang vor staatlichen Machtinteressen und dem Recht des Stärkeren haben.
- Wir rufen dazu auf, die Ukraine auf ihrem Weg zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union weiterhin zu unterstützen. Wir fordern, dass der Wiederaufbau der Ukraine auf der Grundlage aktiver zwischenstaatlicher Solidarität vorbereitet wird.. Es muss grüne Infrastruktur geschaffen werden, um überflüssige Technologien für fossile Brennstoffe zu vermeiden.
- Der Krieg gegen die Ukraine folgt imperialistischen Zielen. Mit der damit einhergehenden Propaganda und Desinformation ist er auch ein Angriff auf die universellen Werte. Die verheerenden Folgen für die Energiepreise zeigen, wie eng Energie- und Geopolitik miteinander verwoben sind. Zugleich birgt die Klimakrise enorme Sicherheitsrisiken. Aus beiden Gründen muss die grüne Transformation auf allen Ebenen dringend beschleunigt werden.
Vor dem Krieg und während des Krieges spielten und spielen die kirchlichen Organisationen eine zentrale Rolle für die ukrainische Gesellschaft. Sie bieten soziale Unterstützung für Bedürftige, glaubens- und wertebasierte Bildung an katholischen Schulen und der Universität in Lemberg sowie Seelsorge im ganzen Land. In Gegenwart und Zukunft werden wir unsere ukrainischen Partner unterstützen, damit sie ihre Arbeit fortsetzen und ihr Land wieder aufbauen können. Wer Frieden will, muss ihn vorbereiten und die Grundlagen dafür schaffen, dass er entstehen und wachsen kann. Dies bleibt die Aufgabe und Herausforderung aller Christen, Gläubigen und Menschen guten Willens.
Die Initiative Christen für Europa (IXE) ist ein Zusammenschluss von Laienorganisationen und engagierten Christ*innen aus verschiedenen europäischen Ländern. Allgemeines Anliegen von IXE ist es, ein lebendigeres Bewusstsein für ein vereintes Europa in die nationalen Debatten einzubringen. Ziel der Initiative ist es, die Begegnung von Christen in Europa zu fördern und die Soziallehre der Kirche voranzubringen, um ein besseres gegenseitiges Kennenlernen und Verständnis der historischen und kulturellen Unterschiede zu erreichen.
Josian Caproens, BELGIUM, Interdiocesan Pastoral Council (IPB) / European Forum of National Laity Commitees (ELF)
Raphael de Araújo Bittner, GERMANY, Zentralkomitee der deutschen Katholiken
Isabelle de Gaulmyn, FRANCE, Semaines Sociales de France
Dr Stefan Eschbach, GERMANY, Zentralkomitee der deutschen Katholiken
Dr Fr Roman Fihas, UKRAINE, Institute of Ecumenical Studies, Lviv
Rosario Gonzalez, SPAIN, Teresian Association
Janko Korošec, SLOVENIA, Socialna akademija
Norbert Kreuzkamp, GERMANY, Acli Deutschland
Fr Filipe Martins, BELGIUM, Jesuit European Social Centre
Mary McHugh, UNITED KINGDOM, National board of catholic women of England + Wales
Petr Mucha, CZECH REPUBLIC, Czech Christian Academy
Théo Péporté, LUXEMBOURG, Journées sociales de Luxembourg ASBL
Neven Šimac, CROATIA, Centre d'etudes et de documentation européennes R. Schuman
Sabine Slawik, GERMANY, ANDANTE. European Alliance of Catholic Women Associations
Marie Louise van Wijk-van de Ven, NETHERLANDS, Network of Catholic Women in the Netherlands