Begrüßung von Bischof Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen)

anlässlich der Verleihung des Katholischen Preises gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus am 14. Juni 2023 in Dresden

Liebe Preisträgerinnen und Preisträger,

Dresden ist eine Reise wert. Nicht nur, weil Sie heute Abend für Ihr Wirken gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ausgezeichnet werden, sondern weil es hier, in dieser Stadt und in dieser Region eine Vielzahl von Menschen gibt, die mit kreativen Ideen ein Zeichen setzen, dass die Ebenbildlichkeit Gottes jedes Menschen nicht mit Füßen getreten werden darf. Wir sind dankbar, dass wir nach der Würdigung des Ostritzer Friedensfestes in Ostsachsen mit dem Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus 2021 nun in diesem Jahr hier in unserem Bistum die Preisverleihung mit ausrichten dürfen. Sie, liebe bisherige Preisträgerinnen und Preisträger, heiße ich bei uns im Haus der Kathedrale willkommen.

Dresden ist aber eben auch eine Reise wert, weil hier viele der Risse unserer Gesellschaft sichtbar werden. Sie, verehrte Politikerinnen und Politiker, stehen in der Verantwortung, das Volk zu vertreten, Ihrem Gewissen zu folgen und alles zu unternehmen, dass die Risse nicht größer werden, sondern der Einzelne geschützt und das Gemeinwohl gefördert wird. Sehr geehrte Frau Staatsministerin Meier, sehr geehrter Herr Staatssekretär Vogel, ich freue mich, heute Abend mit Ihnen zwei Spitzenvertreter und Spitzenvertreterinnen der Staatsregierung begrüßen zu dürfen, die sich persönlich, aber eben auch mit den Möglichkeiten der Ministerien, die sie leiten, für eine lebendige Demokratie einsetzen. Seien Sie uns herzlich willkommen! Ebenso begrüße ich heute Abend die Abgeordneten des Sächsischen Landtags und in besonderer Weise den Sächsischen Ausländerbeauftragten, Geert Mackenroth.

Wenn wir heute Abend ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus setzen, dann ist es ein Zeichen für beeindruckendes Engagement von Menschen. Aber dem geht eben auch leider immer voraus, dass sie etwas tun wollen, weil gesellschaftlich Fremde herabgewürdigt oder Unterschiede von Menschen nicht als anders, sondern als schlechter wahrgenommen werden. Gerade beim Umgang mit Menschen aus anderen Ländern wird uns dies vor Augen geführt. Sie, verehrte Parlamentarier, gestalten nicht nur Gesetze, sondern bestimmen auch öffentliche Debatten. Bitte halten Sie Ihr Herz offen und prüfen Sie immer wieder – um es mit Papst Franziskus zu sagen – wie „aufnehmen, schützen, fördern und integrieren“ (Botschaft zum Welttag des Migranten und des Flüchtlings 2018) bei uns am besten gelingen kann.

Sowohl die Deutsche Bischofkonferenz als auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken erlebe ich dabei als Player einer katholischen Kirche, die konstruktiv diese Prozesse auf Grundlage unseres Glaubens mitgestalten will. Themen vorzudenken und Papiere zu schreiben ist hierfür eine Möglichkeit. Mit Preisen auf vorbildhaftes Handeln hinzuweisen, eine andere. Ich begrüße deshalb heute Abend herzlich stellvertretend für das ganze Zentralkomitee die Präsidentin des ZdK, Frau Dr. Stetter-Karp, sowie den Sonderbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen und Vorsitzenden der Migrationskommission, Erzbischof Dr. Heße. Sie beide sind die Gastgeber des heutigen Abends. Ihnen gehört gleich das Wort.

Doch zuvor ein letzter Blick meinerseits auf Stadt und Land. Wir werden heute Abend sicher viel über eine Haltung der Humanität hören. In dieser Woche, die mit dem 17. Juni abschließt, möchte ich aber nicht versäumen, auf ein Begriffspaar hinzuweisen, das zentraler Ausdruck unseres christlichen Verständnisses vom Menschen ist: Freiheit und Verantwortung. Unweit von hier, am Dresdner Postplatz, stehen zerbrochene Panzerketten als Mahnmal für den 17. Juni 1953. An unserer Kathedrale erinnert ein Bild an den Oktober 1989, als die Kirchen zum Symbol freien Denkens und Redens wurden. Im Nachbarraum hier im Haus der Kathedrale kommen im „Treffpunk Hoffnung“ der Malteser Menschen zusammen, deren Heimat 800 km von hier, in der Ukraine, ausgebombt ist. Die drei Beispiele erzählen vom aufrechten Gang und den Konsequenzen, wenn sie mit Füßen getreten wird. Aber eben auch von Menschen, die Verantwortung übernehmen, weil sie überzeugt sind, dass damit die Freiheit für den anderen größer, nicht kleiner wird. Nutzen wir die Freiheit, um Verantwortung für ein menschenwürdiges Antlitz unseres Landes zu übernehmen. Das schenkt Hoffnung!

Vielleicht entgegen der öffentlichen Wahrnehmung aus der Ferne nehme ich im Osten Deutschlands viele Menschen wahr, die mir durch ihr Engagement Hoffnung schenken. Solche Hoffnungsmacher brauchen wir, die alles dafür tun, dass der Riss nicht größer wird, sondern die Liebe zum Anderen gewinnt. Die Mehrheit der Menschen in Mitteldeutschland steht ein für Freiheit und Menschenwürde. Das haben die Menschen 1953 bewiesen. Das haben die Menschen 1989 bewiesen. Und das beweisen in unserem Landstrich Tag für Tag so viele Menschen und so viele Initiativen. Dafür bin ich dankbar. Wer die Freiheit liebt, muss die Verantwortung wagen!

Ich bin sicher, dass alle, die Sie heute Abend hier sind, genau diese Haltung in Ihrem Alltag verwirklichen und die Beispiele, aber auch die Begegnungen, die heute Abend möglich sind, als persönliche Stärkung nutzen können. Heute Abend gilt Ihnen allen, verehrte Damen und Herren, liebe Gäste, ein herzliches Willkommen. Ich freue mich, dass Sie da sind.

 

Bischof Heinrich Timmerevers

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