Armut junger Menschen beenden und ihre gerechte Teilhabe sichern - Zukunftschancen für Alle eröffnen!
Beschluss der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)
"Kinder und Jugendliche sollen mit gleichen Lebenschancen aufwachsen, unabhängig von ihrer Herkunft.“ (Koalitionsvertrag Nov. 2021; 3260 ff)
Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien darauf verständigt, dass sie durch die Einführung einer Kindergrundsicherung die Familien stärken „und mehr Kinder aus der Armut holen“ wollen. Insgesamt hat die Bundesregierung für die junge Generation ein wichtiges Versprechen abgegeben: Kinder- und Jugendarmut soll konsequent bekämpft werden; die Rechte von Kindern und Jugendlichen sollen gestärkt, ihre Beteiligung ernstgenommen und eine gerechte Bildung umfassend gesichert werden.
Als demokratisch gewählter Zusammenschluss aus Vertreter*innen von katholischen Organisationen und Jugendverbänden, Bistümern und Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft unterstützen wir diese elementaren Anliegen und haben vor allem große Hoffnungen in die Einführung der Kinder- und Jugendgrundsicherung gesetzt. Aus unserem christlichen Verständnis heraus sehen wir es als unseren Auftrag an, unsere eigenen kirchlichen und karitativen Angebote, Dienste und Einrichtungen noch stärker an den Bedarfen von Menschen, die von Armut und Ausgrenzung betroffen sind, auszurichten. Es gilt für uns, gerade junge Menschen zu stärken und ihnen eine gerechte Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Leben zu ermöglichen. Dabei kommt es insbesondere darauf an, intersektionale Formen der Diskriminierung zu minimieren.
Der vorliegende Gesetzentwurf für eine Kindergrundsicherung wird dem Versprechen des Koalitionsvertrags und unseren Erwartungen nicht gerecht. Er bleibt fragmentarisch, bietet keine abgestimmte Förderung und bringt von Armut betroffenen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu wenig materielle Verbesserungen, während der bürokratische Aufwand und die Unübersichtlichkeit bleiben. Ob es gelingen wird, durch Digitalisierung zu erleichterten Antragsverfahren zu kommen bleibt derzeit unklar. Der nötige Paradigmenwechsel hin zu einer neuen Familien- und Jugendpolitik, die Familien mit geringen Einkommen deutlich besser unterstützt und junge Menschen sowie ihr Recht auf gutes Aufwachsen und gerechte Zukunftschancen in den Mittelpunkt stellt, ist ausgeblieben.
Deshalb fordern wir die Bundesregierung mit Blick auf die aktuelle Familien- und Jugendpolitik auf:
- Das soziokulturelle Existenzminimum ist – angelehnt an der gesellschaftlichen Mitte – neu zu bestimmen und muss für alle jungen Menschen gesichert werden.
- Keinesfalls darf sich die Situation von armutsbetroffenen Kindern und Jugendlichen durch die neue Grundsicherung noch verschlechtern – insbesondere dann nicht, wenn sie in geflüchteten oder allein- oder getrennterziehenden Familien oder in der Kinderund Jugendhilfe aufwachsen.
- Die Leistungen für Bildung und Teilhabe sind integraler Bestandteil des Kinderexistenzminimums und müssen Kinder und Jugendliche verlässlich und in angemessener Höhe erreichen.
- Die Haushaltsmittel für die neue Grundsicherung für Kinder und Jugendliche sind entsprechend dringend anzuheben und die Beantragung und Auszahlung so zu vereinfachen, dass Familien die ihnen zustehenden Leistungen aus einer Hand und mit möglichst geringem Aufwand erhalten. Dazu braucht es familienfreundliche und wohnortnahe Anlaufstellen, wo Kindergarantie- und Kinderzusatzbetrag mit einer einzigen Antragstellung (Once only-Prinzip) beantragt werden können, um so möglichst viele Berechtigte mit Zugangshindernissen zu erreichen. Mitbedacht sollten in derselben Stelle gleichzeitig auch die Beantragung von Sonder- und Mehrbedarfen. Zusätzlich zur finanziellen Absicherung brauchen Kinder und ihre Familien-eine zuverlässige und qualitativ hochwertige Infrastruktur. Es darf von Seiten der Bundesregierung keine Einsparungen geben, die zu Lasten junger Menschen gehen. Vielmehr braucht es verstärkte Investitionen in die Strukturen und Angebote der Kin-der und Jugendhilfe auf allen Ebenen sowie verlässliche pädagogische Programme und eine Bildungsinfrastruktur, die das gesunde Aufwachsen und die gerechte Teil-habe von Kindern und Jugendlichen nachhaltig stärken.