Beten in Konferenzen und Besprechungen

Ein Impuls von Christoph Stender, Geistlicher Rektor beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) - es gilt das gesprochene Wort

Wenn dem Geist Gottes in Tagungen, Konferenzen und Besprechungen ein Platz angeboten wird, dann sollte auch seine „andauernde“ Präsenz gewollt sein, sowie die sich daraus ergebenden Konsequenzen während der Begegnungen.

Denn dieses Platzangebot kann nicht bedeuten, den Geist Gottes nur für ein ca. drei minütiges Gebet herein zu bitten und ihn anschließend zu entlassen bis ca. drei Minuten vor Ende des Treffens, um ihn dann, meist gehetzt, nochmals kurz herein zu bitten für einen kleinen Segen oder Ähnliches.

Solche oft üblichen und meist kurzen Rituale und Formeln am Beginn und Ende strukturierter Begegnungen können wie eine „spirituelle Bonbonnière wirken“, die zum frommen „Naschen“ nur kurz an die Eingangstüre des Konferenzraumes geschoben wird, um sich dann am Schluss der Zusammenkunft kurz noch einmal eine fromme Kleinigkeit herauszunehmen.

Alle wie auch immer benannten Begegnungen im kirchlichen Kontext von Christinnen und Christen sollten kein Selbstzweck sein, sondern ein sich „Zusammen- und Auseinandersetzen“ aus der Gewissheit heraus, für etwas „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ unterwegs zu sein. Diese Begegnungen - ob planend, reflektierend, berichtend oder orientierend - können grundlegend nur dann zielführend sein, wenn sie unter dem Vorzeichen eines „Füreinander“ stehen.

Gerade da, wo dieses Füreinander aus christlicher Intention und Motivation in unterschiedlichen Gesprächsformaten einen Ausdruck findet, bedarf es auch der ins Wort gebrachten Offenheit dem Dreieinen Gott gegenüber.

Ob es sich dabei um ein einmaliges Planungsgespräch handelt, einen Konferenzzyklus oder eine Planungsphase, diese Gottbezogenheit bedarf der Verbalisierung, die auch das persönliche Verhalten jeder der Teilnehmenden skizziert. Gemeint ist mit der Verbalisierung das Gebet.

Das Gebet am Anfang eines Meetings, einer Konferenz, Sitzung oder Zusammenkunft lässt die Teilnehmenden “wandeln in der Gegenwart Gottes” (Clara Fey) und fordert sie heraus “Gott in allen Dingen zu entdecken” (Ignatius v. Loyola).

Konkret bedeutet das für alle Teilnehmenden, die das Gebet „zulassen“, miteinander so zu kommunizieren, als säße der Geist Gottes mit am Tisch. Das würde aber bedeuten, den Geist Gottes in jedem Part der Kommunikation, primär aber in konfliktiven Gesprächssituationen zu „Wort kommen lassen zu wollen“.

Solche Verbindlichkeit im Gespräch als ein Vollzug, der die geistgewirkte  Gemeinschaft von Kirche vergegenwärtigt, ist hineingenommen in die Beziehung, die Gott selbst ist, und die Christinnen und Christen bekennen in der die Gebete oft eröffnenden Formel: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. In diese Gemeinschaft, die Gott selber ist, sind die Formate des Miteinanders hineingenommen.

So trinitarisch ein Gespräch zu eröffnen und aus dem Gespräch heraus (am Schluss) zu senden (segnen), wirkt sich auf das im Meeting gemeinsame Sprechen, Denken und Fühlen aus, sowie auch auf das, was den Worten dann folgt.

Menschen aber, die zu Beginn eines Treffens gemeinsam beten, sagen nicht nur etwas über den Geist des miteinander Sprechens aus, sondern sagen auch etwas über sich selbst aus, die eigene Geisteshaltung, mit der sie präsent sind.

Sie streben so ein respektvolles Miteinander und einen offenen und ehrlichen Umgang an. Ihnen geht es erst einmal darum, aufeinander zu hören, einander verstehen zu wollen. Dem folgt dann das „Zusammenlegen des Veräußerten“ (Dialog), aber auch eine klare Darlegung von Positionen, sowie in der Diskrepanz ein Ringen um gemeinsame Perspektiven. Dabei gilt besonders: Rhetorische Perfektion muss genauso wertgeschätzt werden wie die einfache, vielleicht noch suchende Formulierung.

Eine Sprachfigur verdichtet solchen Willen beispielhaft: Die geäußerte und selbst wahrgenommene Aussage oder Vorstellung eines Gegenüber mit eigenen Worten zu wiederholen und dann mit der Frage zu verbinden, ob die eigenen Worte treffen, was der andere gesagt und auch gemeint hat oder nicht. Wenn nicht, dann müssen die Beteiligten weiter so lange einander zuhören, bis alle voneinander wissen, worum es eigentlich geht, und auch die verschiedenen Positionen anderer mit den je eigenen Formulierungen präsent bleiben.

Auch die Sammlung am Ende eines gemeinsamen Gespräches, bevor sich die Wege der Gesprächspartnerrinnen und Gesprächspartner (bis auf ein Wiedersehen) wieder trennen geschieht „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“.

Besonderer Hinweis an die Nutzerinnen und Nutzer:

Die folgenden Texte möchten Sie einladen, von Ihnen auf das jeweilige Format Ihrer Zusammenkünfte hin verändernd konkretisiert zu werden.

 

Gebetsformate am Beginn einer Zusammenkunft
 

Mit Blick auf eine Konferenz

 

1. Beterin/Beter: Einstimmung (langsam gesprochen)

“Con“ bedeutet zusammen, und „ferre“ bedeutet tragen, ergibt Konferenz!

Konferenz: Zusammen kommen, gemeinsam tragen, zusammentragen, zusammenbringen, zusammenlegen. So ist Konferenz ein gemeinsames schöpferisches Handeln.

Ein schöpferisches Handeln im Angesicht Gottes mit der Option: Und Gott sah, dass es gut war, was geworden ist.

 

2. Beterin/Beter: Bitte um Segen

Mögen unsere Gefühle füreinander, unsere Erfahrungen miteinander und die Vermutungen übereinander gesegnete sein.

Mögen unsere Gedanken transparent, unsere Fragen gradlinig und unsere Vermutungen offen und so gesegnete sein.

Mögen unsere Gespräche, auch im Konflikt, in der frohen Übereinstimmung und in der Offenheit weiterer Schritte, gesegnete sein.

 

3. Beterin/Beter: Sendung ins Gespräch

Gesegnet, weil Gott sah, wie wir miteinander umgegangen sind und zusammengetragen haben, und er sagt: „Es war gut“. Und was vor Gott gut ist, davon geht Segen aus.

Gesegnet sei, was wir heute aufeinander hin tun werden, weil Gott sehenden Auges sagt, dass es gut war, was wir haben werden lassen, gut was geworden ist.

So sei es nun, Amen.

 

Mit Blick auf eine beliebige Zusammenkunft

 1. Beterin/Beter: Am Beginn unseres Zusammenkommens, unseres Meetings: Innehalten, Halt machen vor Gott im Miteinander.

– Stille –

 

2. Beterin/Beter: Im miteinander Sprechen: Aufhorchen ob der Botschaft hinter den Worten der anderen.

– Stille –

1. Beterin/Beter: Im Suchen und Gestalten des Gemeinsamen: Das Eigene in die herzliche Weite des Miteinanders halten.

– Stille –

 2. Beterin/Beter: Im Auseinandersetzen, Zusammenrücken und sich wieder treffen Wollen: Der Kraft des Geistes Gottes trauen, auch über das jetzt Vorstellbare hinaus.

– Stille –

 1. Beterin/Beter: Gehen wir nun die nächsten Schritte: Du, Ich, Wir, füreinander, dem gemeinsamen Ziel folgend.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen. (Gemeinsam gesprochen)

 

Mit Blick auf einen Tagungszyklus:
 

1. Beterin/Beter: Wir sitzen gemeinsam am Tisch, so gewünscht von allen Beteiligten.

Wir sind uns (noch nicht) vertraut, doch wer weiß was da noch aufblitzt!

Gott, gib uns Gelassenheit!

 

2. Beterin/Beter:  Die Themen sind abgesprochen, innere und äußere Tagesordnung sind präsent, wo es hingehen soll, der Weg dahin, wir beginnen ihn gerade.

Gott, gib uns Zielsicherheit und Mut zu Spielraum

 

3. Beterin/Beter:  Ob Konflikte auftreten ist ungewiss, mag sie einer provozieren, ein anderer verhindern und wieder ein anderer das Wort Problem nicht in den Mund nehmen wollen.

Gott, gib uns Ehrlichkeit und Offenheit.

 

Mit Blick auf ein Projekt:

Gott des Lebens.

Wir, heute, hier! Uns verbindet ein gemeinsames Anliegen, getragen vom je eigenen Engagement. Für diese eine Zusammenkunft haben wir uns auf den Weg gemacht, um unsere Gedanken zusammen zu legen, unsere Ideen gemeinsam weiter auszufalten und individuelle Vorgehensweisen miteinander zu verbinden.

Im Austausch, im aufeinander Hören und voneinander Lernen wollen wir gestalten, unser Projekt (Variante: ein anderes Format) nach vorne bringen und uns so konkret einsetzen im verbindenden Engagement.

Als Christinnen und Christen, gerufen in Taufe und Firmung (Als Menschen guten Willens) möchten wir heute gemeinsam einen Beitrag für ein gelingendes Miteinander leisten.

Gott des Lebens.

Möge unser Beisammensein gesegnet sein und zum Segen für uns und andere Menschen werden.

So bitten wir durch Ihn, Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Bruder, in der Heiligen Geistkraft. Amen.

 

Mit Blick auf das Wort im Gespräch:

(3 zusammengehörige Elemente: Impuls und Gebet zu Beginn – Gebet zum Schluss)

 

Impuls zum Wort am Beginn:

„Weiter ist der Mensch, seit ein Gespräch er ist“ (Hölderlin/Hemmerle).

Ich gebe dir ein Wort, und dadurch, dass ich dir ein Wort gebe, wird es zu meinem Wort. Worte, von mir gegeben, klingen nach mir, lassen durchklingen, wer da spricht: Worte mit Biografie, Worte aus dem Erleben meines „um mich herum“, Worte, die Gefühle preisgeben können.

So gebe ich dir mein Wort, traue dir mein Wort zu.

Meine Worte möchten von dir gehört werden, erst gehört. Sie möchten so bei dir ankommen wie ich sie gesagt habe, damit du sie verstehen kannst. Meine Worte, wenn du sie annimmst, klingen hinein in den Augenblick deiner Biografie, hinein in das, was du empfindest, was dich umgibt.

So werden auch deine Worte bei mir ankommen, mit derselben Bitte, so sein zu dürfen, wie sie sind: von mir verstanden und so aufgehoben. Davon werden wir leben: von Worten, die ich dir gebe und denen die du mir gibst. Wir werden im gemeinsamen Gehen voneinander lernen und leben.

 

Gebet zum Wort am Beginn:

Im gemeinsamen Gehen können deine Worte mir helfen, mich zu sehen, zu verstehen, und meine Worte dir, dich zu sehen, zu verstehen.

Unsere Worte zusammengelegt lassen uns weiter schauen, tiefer verstehen und Neues sagen, wagen.

Und den Worten, die nicht miteinander klingen, die weiter umeinander ringen, die einander kaum ertragen oder zu matt sind, Neues zu wagen, seien unsere Lippen frei, die weiter auch an der Zukunft bauen, und so der Faszination immer neuer Anfänge trauen: „Weiter ist der Mensch, seit ein Gespräch er ist“. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Abschließendes Dankgebet

(s. das dritte Dankgebet im folgenden Kapitel)

 

Gebetsformate am Ende einer Zusammenkunft

 Dankgebet in Kürze:
 

Wir haben uns Zeit genommen, geschenkte Augenblicke. Danke!

Wir haben Empfindungen, Gedanken, Erfahrungen und Ausblicke geteilt. Danke!

Wir gehen wieder auseinander, denken weiter, angeregt, (aufgeregt), bereichert dem Gemeinsamen weiter entgegen. Danke!

Ja, wir danken einander und dir, der du von dir sagst: „Ich bin der ich-bin-da.“

Wir danken, die wir versammelt waren: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

 

Dank und Sendung

(Aus dem Gesagten leben)

Gemeinsam etwas auf die Beine stellen.

Mutig und vorsichtig.

Zurückblicken und vorausgehen.

Etwas wagen und ausprobieren.

Den gemeinsamen Auftrag im Rücken.

So sende ich Euch.

Wir machen uns auf den Weg. Begegnen uns.

Immer wieder suchen wir das Gemeinsame, finden es, verlieren es und finden es wieder.

Und immer wieder reden wir und hören wir.

Das, was gesagt wird, und die Zwischentöne.

Im Sprechen und in den Pausen zwischen den Worten und Sätzen entsteht etwas Neues.

Eine Idee. Eine Erkenntnis. Ein Raum.

Wir danken! Wir bitten: Sende uns! Im Namen des Vaters und des Sohnes und der Heiligen Geistkraft. Amen.

 

Mit Blick auf das Wort im Gespräch:

1. Beterin/Beter: Dank, wir konnten unseren Worten glauben.

Dank, wir konnten voneinander lernen, den Grund und die Hoffnung hinter den Worten zu sehen.

2. Beterin/Beter: Dank, manche deiner Worte entdeckte ich auch bei mir, manche ließ ich mir schenken, andere klangen bei mir ein bisschen anders.

3. Beterin/Beter: Dank dir Jesus Christus, du Wort Gottes, ergriffen im göttlichen Geist. Amen!

Erstveröffentlichungsort Erzbistum Köln | „Pastoralblatt 72 (2020), 141-144“

Christoph Stender, Geistlicher Rektor beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK)

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