Für eine nachhaltige und gerechte Landwirtschaft

Ein Diskussionsimpuls des ZdK anlässlich der Reform der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik

Einführung

Die letzte Reform der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) wurde im Jahr 2013 verabschiedet. Seitdem haben eine Reihe von Entwicklungen die im Bereich der Landwirtschaftspolitik bereits existenten Spannungen noch einmal verschärft: die wissenschaftlichen Daten zu Ausmaß, Zusammenhängen und Folgen des Klimawandels haben sich vervielfacht; der weltweite Verlust an Biodiversität hat sich dramatisch fortgesetzt; mit großen Schritten nähern wir uns den planetaren Grenzen, erschöpfen natürliche Ressourcen, zerstören unsere Ökosysteme und verbrauchen und verdrängen unsere Mitgeschöpfe. Unsere Nutztiere in der Landwirtschaft leben zudem häufig unter Bedingungen, die ihr Wohlbefinden, das Ausleben ihrer Bedürfnisse und Verhaltensweisen erheblich beeinträchtigen. Gleichzeitig hat sich das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die global ungleiche Verteilung von Wohlstand und die ökologischen, migrationsbezogenen und sozialen Folgen unseres Produktionsund Konsumverhaltens geschärft. Bereits vor der letzten Reform hat sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) in der Erklärung "Eckpunkte für eine nachhaltige europäische Landwirtschaft" für eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Gemeinsame Agrarpolitik in Europa ausgesprochen, die kohärent mit den anderen relevanten EU-Politiken verzahnt ist und der internationalen Verantwortung der EU gerecht wird. Dieser Anspruch ist sieben Jahre nach dieser Erklärung nicht weniger aktuell. Er ist sogar noch dringlicher geworden. Anlässlich der bevorstehenden Reform der GAP äußert sich das ZdK in diesem Diskussionsimpuls zu den verschiedenen Herausforderungen, denen die Landwirtschaft bereits heute begegnet, und zeigt Forderungen auf, deren Umsetzung für eine nachhaltige europäische Landwirtschaft, die auch in Zukunft Bestand hat, unerlässlich sind.

Eine zukunftsfähige und gerechte Agrarpolitik

Über Jahrzehnte hinweg war die Gemeinsame Agrarpolitik eine der wichtigsten Klammern in der Europäischen Union. Sie ist die am stärksten vergemeinschaftete Politik der EU. Die Agrarpolitik, insbesondere ihre Funktion zur Ernährungssicherung, trägt auch heute erheblich zur gesellschaftlichen Stabilität und wirtschaftlichen Entwicklung in Europa bei. Im Hinblick auf die nächste Förderperiode der GAP ab 2021 müssen wir als Gesellschaft aber folgende Fragen beantworten:

● Welche Landwirtschaft wollen wir?

● Wie muss die Förderpolitik gestaltet sein, um die europäische Landwirtschaft sozial und ökologisch zukunftsfähig zu machen?

Im Vordergrund muss dabei der gerechte Selbstversorgungsgrad Europas mit Lebensmitteln und damit eine eigenständige und multifunktionale Landwirtschaft stehen, ohne die natürlichen Grundlagen unseres Kontinents, auf denen schließlich auch alle Ernährung basiert, zu schädigen.

Gemeinwohlorientierung als Leitbild für die GAP

Das ZdK begrüßt die Umwelt- und Klimaziele der EU-Kommission zur neuen Förderperiode der GAP ab 2021. Auch die Möglichkeit der flexibleren Ausgestaltung der GAP in den Mitgliedsstaaten und das Ziel der Subsidiarität und der Entbürokratisierung sind positiv zu bewerten. Dabei muss allerdings sichergestellt werden, dass der gemeinsame rechtliche Rahmen, insbesondere zu Umwelt- und Klimastandards, europaweit eingehalten und der innereuropäische Wettbewerb nicht verzerrt wird. Das ZdK begrüßt auch den Vorschlag der EU-Kommission, die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) als Maßstab einer neuen Agrarpolitik heranzuziehen. Agrarsubventionen als Kernelement der GAP müssen neben ökonomischen auch ökologischen und sozialen Kriterien im Sinne der SDGs genügen. Dies bedeutet, zugleich die Umwelt- und Klimaziele wie auch die soziale Situation von Landwirtinnen und Landwirten und die wirtschaftliche Entwicklung ländlicher Räume im Blick zu haben.

Der bisherige Fokus der GAP, die eigene globale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, ohne auf eine bessere Balance mit der landwirtschaftlichen Produktion in Entwicklungsländern zu achten, ist verfehlt. Es gilt, eine Einkommensverbesserung der Landwirtinnen und Landwirte im Sinne der Agenda 2030 weltweit anzustreben. Zur Einkommenssicherung europäischer Landwirte diente bisher vor allem die an landwirtschaftliche Fläche gebundene erste Säule der GAP. Trotz strenger Standards ist inzwischen klar, dass Boden, Wasser, Luft und Biodiversität zumindest regional stark geschädigt wurden. Zudem haben die flächenbezogenen Prämien dazu beigetragen, dass Bodenpacht- und Kaufpreise stark gestiegen sind, was bei einem hohen Anteil an Pachtland zu einem Durchreichen der Gelder an die Verpächter geführt, und deshalb nur bedingt zur Einkommenssicherung beigetragen hat. Eine Gemeinwohlorientierung der Fördermaßnahmen, insbesondere eine konkretere Bindung an Umwelt- und Klimaschutz sowie Tierwohl und Beschäftigung ist deshalb notwendig. Um die Disparitäten in Europa nicht zu verstärken, muss die Systematik der Säulenfinanzierung aufgebrochen werden. Die künftige GAP soll sich nach dem Entwurf der Europäischen Kommission vom 1. Juni 2018 für den Zeitraum 2021 bis 2027 auf neun spezifische Ziele konzentrieren, welche im Folgenden aus unserer Perspektive im Sinne des Gemeinwohls weiterentwickelt, konkretisiert und bewertet werden.

Ziel 1 Unterstützung für tragfähige landwirtschaftliche Einkommen sowie Krisenfestigkeit in der gesamten EU zur Verbesserung der Ernährungssicherheit

Für viele Beschäftigte in der Landwirtschaft ergeben sich aus der aktuellen Lage des Marktes für Agrarerzeugnisse existenzbedrohende Zustände. Ein fairer Wettbewerb sowie gesellschaftliche Wertschätzung der Landwirtschaft und landwirtschaftlicher Produkte – auch über den Preis – bilden für dieses Ziel eine zentrale Basis.

Ziel 2 Verstärkung der Ausrichtung auf den Markt und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, auch durch einen stärkeren Schwerpunkt auf Forschung, Technologie und Digitalisierung

Vor dem Hintergrund der Agenda 2030 und des unbedingten Schutzes der Menschenrechte muss dieses Ziel auf eine Art und Weise ausgestaltet und konkretisiert werden, dass sich der Wettbewerb innerhalb der EU auf die aus ökologisch, sozialer und ökonomischer Sicht besten Anbau-, Erzeugungs- und Bewirtschaftungsmethoden bezieht. Die Förderung eines Strukturwandels nach dem Motto 'Wachse oder weiche', der rein ökonomisch auf Markteroberung und Expansion abzielt, ist hiermit nicht vereinbar. Entsprechend sind auch die Bereiche Forschung, Technologie und Digitalisierung in der bisherigen Ausrichtung kritisch zu betrachten. Sie müssen stattdessen an Nachhaltigkeitskriterien gemessen werden.

Ziel 3 Verbesserung der Position der Betriebsinhaber in der Wertschöpfungskette

Die Entwicklung des Einzelhandels hin zu wenigen großen Handelsketten ist kritisch zu bewerten, ebenso wie die Konzentration in der zuliefernden Agrarindustrie. Preisdruck durch Marktmacht drückt sich auf regionaler und nationaler Ebene aus, wie die EU-Kommission bereits festgestellt hat. Die Amtsermittlungspflicht der Kartellbehörden muss an dieser Stelle politisch stützend flankiert und in ihrer Umsetzung gestärkt werden. Neben dem Konsumentenschutz muss auch verstärkt der Schutz der Produzenten gesichert werden. Preise und Einkommen dürfen nicht unter den Gestehungskosten liegen. Regionale Erzeugergemeinschaften und Genossenschaften sowie eine Direktvermarktung müssen gestärkt werden.

Ziel 4 Beitrag zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel sowie zu nachhaltiger Energie

Die Landwirtschaft bietet sowohl durch Reduktion der Tierbestände und die Bindung der Tierzahlen an die vorhandene Futterfläche als auch aktiv durch eine Anpassung und Weiterentwicklung der Anbaumethoden (z. B. Humusaufbau) hohes Potenzial zur Eindämmung des Klimawandels. Insofern muss eine auf lokale/regionale Stoffkreisläufe ausgerichtete Landwirtschaft besondere Förderung erfahren. Die unbedingt erforderliche Adaption an den Klimawandel  erfordert auch den Schutz der Agrobiodiversität sowie die Bewahrung und standortangepasste Weiterzucht alter Sorten und Rassen. Der Anbau landwirtschaftlicher Produkte für die Energieerzeugung führt zu Flächenkonkurrenzen mit dem Anbau von Nahrungsmitteln und verschärft den Preisdruck im Bodenmarkt. Aus diesem Grund sollte sich die Förderung auf die Nutzung von Rest- und Abfallstoffen zur Energiegewinnung konzentrieren. Hier verfügt insbesondere die Landwirtschaft über ein bisher noch weitgehend ungenutztes Potential.

Ziel 5 Förderung der nachhaltigen Entwicklung und der effizienten Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen wie Wasser, Böden und Luft

Die Zerstörung der "dünnen Haut der Erde" schreitet zunehmend voran. Eine ökologischere Bewirtschaftung der Böden ist dringend erforderlich. Eine nachhaltigere Bewirtschaftung sollte im gesamten Produktionssystem erfolgen. Ausschließlich auf verbesserte Technologien zu setzen ist nicht ausreichend. Bewirtschaftungsansätze, die den Schutz der natürlichen Ressourcen einbeziehen, müssen gefördert und deren Umsetzung nachgehalten werden. Dabei müssen die Prinzipien der guten fachlichen Praxis tatsächlich zur Anwendung kommen und fortentwickelt werden.

Ziel 6 Beitrag zum Schutz der Biodiversität, Verbesserung von Ökosystemleistungen und Erhaltung von Lebensräumen und Landschaften

Wir brauchen zum Schutz der Biodiversität und zur Verbesserung der Ökosysteme dringend eine neue Fördersystematik der GAP – weg vom Fokus der Flächenförderung – sowie die konsequente Anwendung des bestehenden Ordnungsrechts. Die Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen – zum Beispiel die Pflanzen- und Insektenvielfalt – liegt auch im Interesse der Landwirtschaft selbst. Hier ist eine naturschutzfachliche Beratung, Begleitung und Forschung vonnöten. Weiterhin ist die Agrobiodiversität von Nutztierrassen und Nutzpflanzen zu schützen. Deren Erhalt muss in die Förderprogramme aufgenommen werden. Die Agrobiodiversität hat gerade angesichts des Klimawandels für eine zukunftsfähige Landwirtschaft eine enorme Bedeutung.

Ziel 7 Steigerung der Attraktivität für Junglandwirte und Erleichterung der Unternehmensentwicklung in ländlichen Gebieten

Eine der zentralen Herausforderungen für eine zukunftsfeste und generationengerechte Landwirtschaft liegt in einer gelingenden und frühzeitigen Hofübergabe. Hierfür bedarf es einer Überarbeitung und eines Ausbaus der Junglandwirteförderung sowie die aktive Ermöglichung einer jungen, innovativen und veränderungsbereiten Landwirtschaft. Darüber hinaus braucht es die Einrichtung eines Fonds für Betriebsstarts und Übergaben auch an Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger. Wichtig ist zudem die Förderung und Schaffung attraktiver ländlicher Räume mit der Möglichkeit nachhaltiger Dorfentwicklung und eines attraktiven sozialen Lebens.

Ziel 8 Förderung von Beschäftigung, Wachstum, sozialer Inklusion sowie der lokalen Entwicklung in ländlichen Gebieten, einschließlich Biowirtschaft und nachhaltige Forstwirtschaft

Der Erhalt lebenswerter ländlicher Räume ist ein wichtiges und richtiges Ziel für eine gemeinsame Landwirtschaftspolitik in Europa. Viele EU-Mitgliedsstaaten sind ländlich geprägt, doch ist es vor allem für die junge Bevölkerung zunehmend schwierig, Perspektiven auf dem Land zu entwickeln. Die EU-weite Mobilität ist unbestritten eine große Errungenschaft und Chance, kulturell, wirtschaftlich und sozial zusammenzuwachsen. Doch zeigen sich die Nachteile eines deregulierten Arbeitsmarktes auch hier in Deutschland vor der Haustür. Menschenwürdige Arbeit und soziale Absicherung für Landwirtinnen und Landwirte, aber auch für saisonale und zugewanderte Arbeitskräfte, müssen gewährleistet werden, damit ländliche Räume in Europa als Lebens- und Arbeitswelten erhalten bleiben.

Ziel 9 Verbesserung der Art und Weise, wie die Landwirtschaft in der EU gesellschaftlichen Erwartungen in den Bereichen Ernährung und Gesundheit – einschließlich sicherer, nahrhafter und nachhaltiger Lebensmittel – sowie Tierschutz gerecht wird

Bei diesem Ziel besteht ein besonderer Handlungsbedarf der GAP. Eine mit einem zu hohen Einsatz von Medikamenten einhergehende intensive Tierhaltung steht zurecht stark in der Kritik. Verbesserte Haltungsbedingungen für Hühner und Schweine unter anderem mit mehr Platz und der Möglichkeit die arteigenen Bedürfnisse besser auszuleben, ermöglichen durch besseren Überblick und eine verbesserte Einzeltierbehandlung die dringend erforderliche Verminderung des Antibiotikaeinsatzes. Am Tierwohl zu messende Haltungsbedingungen sind dabei ohnehin ethisch geboten. Die neue GAP muss den Umbau von Ställen und die Verbesserung der Haltungsbedingungen verstärkt fördern. Eine verpflichtende Haltungs- und Herkunftskennzeichnung gibt den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Möglichkeit, dieses Ziel ebenfalls zu fördern. Auch der One-Health-Ansatz muss bei der Ausgestaltung und Umsetzung der GAP berücksichtigt werden. Dies ist unter anderem deswegen wichtig, weil nicht nur Konsumentinnen und Konsumenten von Fleisch, sondern auch zunehmend Landwirtinnen und Landwirte und auch Patientinnen und Patienten weltweit unter multiresistenten Keimen leiden. Der Einsatz von Pestiziden muss deutlich vermindert werden. Die neue GAP soll unterstützend wirken und helfen, Alternativen zu entwickeln, um zum Beispiel den Einsatz von Glyphosat und anderen Herbiziden zu minimieren und vollständig zu ersetzen. Auch die aus dem außereuropäischen Ausland kommenden Lebensmittel sollten diesen Anforderungen genügen.

Die internationalen Bezüge der europäischen Agrarpolitik

Die Europäische Union trägt eine große Verantwortung. Sie muss die eigenen und die internationalen Regeln so (mit-)gestalten, dass alle Menschen weltweit das Recht auf eigenständige Ernährungssicherung und Entwicklungsländer ihr Recht auf Entwicklung wahrnehmen können. Konkret muss die europäische Politik zum einen darauf hinwirken, dass landwirtschaftliche Flächen in Entwicklungsländern nicht dazu genutzt werden, die Ernährungssicherheit der  dortigen Bevölkerung aufs Spiel zu setzen, nur um des Exportes landwirtschaftlicher Güter willen.

Zum anderen muss die europäische Politik so ausgestaltet sein, dass sie weder die Möglichkeiten der Landwirtinnen und Landwirte in Entwicklungsländern, für ihre eigene Ernährung und die der Bevölkerung ihres Landes zu sorgen, durch europäische Agrarexporte vernichtet, noch den Aufbau eigener Wertschöpfungsketten in den Ländern des globalen Südens verhindert. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik muss eine Politikkohärenz zwischen den agrar-, umwelt-, klima-, sozial-, migrations- und entwicklungspolitischen Zielen der Europäischen Union herstellen. Dies bedeutet im Mindestmaß, dass die europäische Agrar- und Handelspolitik nicht konterkarieren darf, was mit Mitteln der Entwicklungspolitik wiederaufgebaut werden muss. Exporte der europäischen Landwirtschaft können schädlich für landwirtschaftliche Märkte oder Marktsegmente im Globalen Süden sein. Deswegen brauchen wir eine europäische Stelle, die systematisch die quantitativen und qualitativen Auswirkungen der europäischen Exporte auf diese Märkte und Marktsegmente erfasst und ihre sozialen und volkswirtschaftlichen Folgen analysiert. Auf dieser Grundlage sind dann Maßnahmen zu treffen beziehungsweise zu ermöglichen, die Entwicklungsländern die Option geben, ihre heimischen Märkte zum Zwecke der Ernährungssicherheit oder zum Aufbau nachhaltiger Wertschöpfungsketten im eigenen Land zu schützen.

Dies ist mit Mitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik, durch die Ausgestaltung bilateraler und multilateraler Handelsverträge und durch das WTO-Recht erreichbar. Die Bemessung von Agrarsubventionen sollte auch an ihrer entwicklungspolitischen Unbedenklichkeit ausgerichtet werden. Sie könnten beispielsweise auf Produkte beschränkt werden, die innerhalb der EU konsumiert werden. Die EU sollte in ihren internationalen Handelsvereinbarungen mit Ländern und Regionen des globalen Südens Flexibilitätsklauseln aufnehmen, um die Ernährungssicherung und den Aufbau von Wertschöpfungsketten zu unterstützen. Die im Recht der Welthandelsorganisation angelegten Möglichkeiten zur Aussetzung von Freihandelsverpflichtungen sollten konsequent genutzt oder auch erweitert werden.

In jedem Fall muss die deutsche und europäische öffentliche Entwicklungshilfe so ausgerichtet und -gestaltet sein, dass sie die Ernährungssicherung und den Aufbau von Wertschöpfungsketten garantiert und eine nachhaltige Entwicklung ermöglicht.

Herausforderungen an uns als Christinnen und Christen

Seit der Verabschiedung der letzten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Jahr 2013 haben sich der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität verschärft, ist der Strukturwandel mit allen seinen sozialen Folgen vorangeschritten, hat sich das Konsumentenbewusstsein verändert und die Entfremdung zwischen Gesellschaft und Landwirtschaft zugenommen. Vor diesem Hintergrund sind in den letzten Jahren die Diskussionen um Zustand und Zukunft der Agrarwirtschaft in Deutschland und in Europa immer heftiger geworden.

Als "Kompass" in diesem Ringen hat das ZdK die im Jahr 2015 veröffentlichte Enzyklika Laudato Si‘ von Papst Franziskus fest im Blick. Laudato Si‘ richtet sich nicht nur an uns Christinnen und Christen, sondern an "jeden Menschen", "der auf diesem Planeten wohnt". Wie selten eine Enzyklika zuvor wurde Laudato Si‘ daher weltweit als wegweisend bei der Ausgestaltung von Politik anerkannt. Bereits in ihrem Veröffentlichungsjahr gab Papst Franziskus wichtige Impulse für die Vertragsverhandlungen zur Agenda 2030 und zum Pariser Klimaabkommen.

Wir sind dazu aufgerufen, unseren Lebensstil radikal zu verändern und unseren Alltag, unser Erwerbs- und Sozialleben, unser Produktions- und Konsumverhalten im Sinne der Nachhaltigkeit zu überprüfen und zu korrigieren. Vor allem müssen wir als Kirche Plattformen und den Rahmen für Dialog schaffen und auch die uns zur Verfügung gestellten Ressourcen – finanzieller und personeller Natur – dafür in diesem Sinne stärken. Daher begrüßen wir die zehn Handlungsempfehlungen zu Ökologie und nachhaltiger Entwicklung für die deutschen (Erz-)Diözesen Schöpfungsverantwortung als kirchlicher Auftrag, die die deutschen Bischöfe auf ihrer Herbstvollversammlung am 27. September 2018 beschlossen haben.

Das Engagement für die Bewahrung der Schöpfung, nicht zuletzt im Sinne zukünftiger Generationen, für gemeinsame Werte, den Respekt vor den Mitmenschen und die Schärfung des Blicks für soziale Ungerechtigkeit ist heute mehr denn je eine vordringliche Aufgabe von uns Christinnen und Christen.

Schluss

Die Gemeinsame europäische Agrarpolitik steht vielfältigen Herausforderungen gegenüber. Dementsprechend umfangreich sind auch die Anforderungen, die an sie gestellt werden. Eine nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft kann nur gelingen, wenn sie ökologisch, ökonomisch und sozial verträglich ist und ihrer Verantwortung gegenüber allen auf der Erde lebenden Menschen und Geschöpfen gerecht wird.

Das ZdK appelliert an die Bundesregierung, den Ministerrat der Europäischen Union sowie die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die grundlegende Ausrichtung der Kommissionsvorschläge zur Reform der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik zu unterstützen, unabhängig davon, ob diese nach der Europawahl noch die Grundlagen der Diskussionen bilden. Sie sollen sich für die gemeinwohlorientierte und gemeinwohlfördernde Ausgestaltung der GAP einsetzen, die entsprechend der dargelegten Aspekte eine ökologisch und sozial gerechte sowie verantwortungsbewusste Landwirtschaft zum Ziel hat.

Erklärung “Für eine nachhaltige und gerechte Landwirtschaft” als PDF

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