Einführung – „Synodaler Weg“ mit der DBK

von Wolfgang Klose im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) - es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren, 

liebe Schwestern und Brüder,                   

wenn wir heute darüber beschließen, dass sich das ZdK am sog. „Synodalen Weg“ beteiligt, dürfen wir eines unter gar keinen Umständen vergessen: ohne den Skandal der sexualisierten Gewalt und des Missbrauchs gäbe es dieses Format – zu dieser Zeit und unter unserer Beteiligung – nicht.

Die Tatsache, dass die heilige katholische Kirche als System einen Anteil an der persönlichen Schuld der Täter hat, verursacht Hilflosigkeit bei den kirchlichen Verantwortungsträgern. Das verlangt eine Bewältigung differenzierter Aufgaben. Im Zentrum aller Bemühungen müssen die Betroffenen stehen; ihnen muss mit allen möglichen Mitteln Gerechtigkeit zuteil werden. Erst in zweiter Instanz geht es um die Kirche selbst. In beiden Bezügen sind „besondere Vorgehensweisen“, wie Kardinal Marx in Lingen sagte, erforderlich.

Die globalen Ausmaße des Missbrauchs stellen der katholischen Kirche ein katastrophales Selbstzeugnis aus. Und dabei hat sie sich nicht nur an Menschen schuldig gemacht, sie hat auch gegen Gott gesündigt. Wenn sie solchermaßen das Evangelium verdunkelt, kann ihr Weg nur Umkehr sein (vgl. Mk 1,15). Auch dazu hat Kardinal Marx eindringliche Worte gefunden. Er hat von einem „nötigen Machtabbau“ gesprochen; dass „freie und offen Debatten“ ermöglicht werden sollen, um „neue Positionen zu beziehen und neue Wege zu gehen“. Dieser Weg soll „verbindlich“ und „synodal“ gegangen werden.[i] Es ist der fällige Weg zu den tiefenwirksamen Veränderungen, die der Präsident im Bericht zur Lage bereits angemahnt hat. Es ist die überlebenswichtige „Nagelprobe“, die unser Beschluss vom vergangenen November markiert hat. Es ist der Weg zu Reformen.

Unser Appell wurde gehört und ernst genommen. Die DBK ist bereit, „mit engagierten Laien“ und in „Gremien der Mitverantwortung die anstehenden Fragen zu beraten und Konsequenzen zu ziehen“. Wir sind eingeladen, die Reformen mit zu gestalten und wir sind bereit dazu. Das haben wir im November auf der VV[ii] gesagt und das hat unser Präsident im März noch einmal der DBK gegenüber bekräftigt[iii].

Es gibt aber Bedingungen zu einer Beteiligung. Die erste Bedingung setzt einen Akzent auf die zu ziehenden Konsequenzen! Ergebnisloses Reden hatten wir leider bereits zur Genüge im sog. „Dialogprozess“. Ich war die ganze Zeit mit dabei und so etwas sollten wir uns nicht noch einmal antun. Es muss allen Beteiligten klar sein, dass am Ende dieses „synodalen Prozesses“ nicht das herauskommen kann, was vorne reingeschoben wurde. Das gemeinsame Ziel müssen nachhaltige Veränderungen sein, die eine lebendige Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland ermöglichen. Ich erwarte darum wirkliche Reformen und keine neuen Frustrationen!

Das heißt, unsere Bedingung muss die oft genannte „Augenhöhe“ sein. Davon dürfen wir nicht abweichen, wenn wir unsere Rolle verantwortungsvoll ausführen wollen. Ein schüchterner Blick oder ein kurzes Blinzeln reicht nicht mehr. Es brauch ein geschwisterliches und permanentes Miteinander, das gemeinsame Leitung und Verantwortung ebenso wie Entscheidungskompetenz beinhaltet.

So führt die erste Bedingung in die zweite ein: sie betrifft die Gestaltung des Prozesses. Erste Ideen dazu wurden bereits in Lingen von den Bischöfen auf den Weg gebracht. Sie haben den Aufschlag gemacht: „Wir werden Formate für offene Debatten schaffen und uns an Verfahren binden, die eine verantwortliche Teilhabe von Frauen und Männer aus unseren Bistümern ermöglichen. Wir wollen eine hörende Kirche sein. Wir brauchen den Rat von Menschen [auch] außerhalb der Kirche. […] Geeignete Formate zur Klärung von Neuausrichtung und Veränderung werden wir in diesem Jahr bei der Vorbereitung des synodalen Prozesses suchen.“[iv] – Genau darum geht es jetzt! Wir müssen den Ball annehmen und endlich gemeinsam spielen.

Wir befinden uns auf dem Weg zum „Synodalen Weg“. Wenn wir gleich förmlich beschließen, dass wir diesen Prozess mitmachen wollen, geht es in der Folge darum zu verhandeln, wie der Prozess aussehen kann. Wir müssen dann aus dem Hin und Her einen gemeinsamen Rhythmus machen. Machen wir uns nichts vor: natürlich wird dabei auch gestritten! Ich bitte sogar darum. Es soll aber ein gutes Streiten sein, nicht gegen- sondern miteinander im Bemühen um Einheit.

Wir dürfen das ganz selbstbewusst angehen und brauchen uns nicht verstecken. Wir bringen ordentliche Pfunde mit, mit den wir wuchern können. Wir sind bereits ein „synodales“ Gremium und haben Erfahrungen aus einer 150jährigen Praxis. Wir sind eine große Organisation, die Millionen von Stimmen in die Debatten trägt und wirksam werden lässt. Wir haben eine reiche Beschlusslage mit vielen inhaltlichen Akzenten erarbeitet. Wir haben sehr viele fähige Leute, die unsere Kriterien umsetzen können.

Machen Sie sich bitte auch eines bewusst: eine Menge von dem, was wir seit Jahren für unsere Kirchen fordern, befindet sich gerade in der Umsetzung begriffen. Die Aktualität von „Synodalität. Strukturprinzip kirchlichen Handelns“, unserem weitreichenden Beschluss von 2016, war nie größer.

Dort wird eine ganz wichtige, sehr kritische Rückfrage gestellt: „Ist es angemessen, nur solche Themen zu beraten, die auf ortskirchlicher (diözesaner) Ebene entschieden werden können?“ Es ist nicht angemessen die weltkirchliche Ebene als Entschuldigung zu gebrauchen, sich konkreten Problemstellungen vor Ort nicht umfassend zu stellen! Das darf nicht zur Schutzbehauptung werden. Vielmehr verwirklicht sich die universale Kirche doch in den Ortskirchen; sie lebt von den Impulsen derjenigen Menschen, die versuchen das Evangelium Jesu in ihren konkreten Situationen darzustellen.

Das passiert überall auf der Welt. Ein prominentes Beispiel sind unsere Schwestern und Brüder in Amazonien, die im kommenden Oktober ebenfalls um lokale Klärungen für ihr Glaubensleben ringen. Das ist doch der Markenkern: die Liebe Gottes unter die Menschen zu tragen, Zeugnis davon zu geben und Lebensmöglichkeiten zu schaffen. Das muss Kirche an verschiedenen Orten unter verschiedenen Bedingungen tun. Diese Ungleichzeitigkeit müssen wir aushalten lernen.

Unsere Pfunde gilt es nun also aktiv und konstruktiv einzubringen. Vor diesem Hintergrund müssen wir die Zäsur jetzt so mitgestalten, dass nachhaltige und tiefenwirksame Reformen in Gang kommen. Wenn wir entschlossenes gemeinsames Handeln jetzt fordern, dürfen wir uns der Bitte um Hilfe nicht verweigern! Die Fragen, die gestellt sind, sind auch unsere Fragen; darum nehmen wir den Gestaltungsauftrag an: weil wir Lösungen dazu anbieten.

– Ich danke Ihnen und wünsche uns gute Beratungen!

Wolfgang Klose Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken                                                          


[i] Vgl. dazu den Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferez, Kardinal Reinhard Marx, anlässlich der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 14. März 2019 in Lingen [PK-Lingen].

[ii] Vgl. „Entschlossenes gemeinsames Handeln, jetzt!“, Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 23./24. November 2018.

[iii] Vgl. dazu die Meldung auf www.zdk.de.

[iv] PK-Lingen.

 

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