Einführung in den Antragstext "Eine menschenwürdige Asylpolitik als Gemeinschaftsaufgabe der Europäischen Union"

von Martin Kastler im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) - es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident Sternberg,

liebe Mitglieder der ZdK-Vollversammlung,

sehr geehrte Damen und Herren,

das Thema Flucht und Migration beschäftigt viele von uns beruflich oder privat auf ganz unterschiedlichen Ebenen. So bin ich dankbar, dass wir heute hier die Gelegenheit haben, dem Thema Zeit zu widmen und uns als Katholikinnen und Katholiken dazu zu positionieren.

Nach der intensiven und bereichernden Diskussion mit dem Ersten Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, über den aktuellen Stand des europäischen Asylsystems, wurde die Aktualität dieses konkreten Themenbereichs im großen Feld von Flucht und Migration sehr deutlich und seine Bedeutung für die gesamtgesellschaftliche Situation in Europa für uns alle offenkundig.

In meiner nun folgenden Einführung in den Antragstext möchte ich kurz die Entwicklung des Textes nachzeichnen und die wesentlichen Elemente herausstellen. Auf Vorschlag des Sachbereichs 7 "Europäische Zusammenarbeit und Migration" hat der Hauptausschuss im Juni 2017 eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe "Europäische Migrationspolitik" eingerichtet und mir als Sprecher des Sachbereichs die Leitung übertragen. Nach intensiven und teils auch kontroversen Beratungen haben wir in der Arbeitsgruppe einstimmig festgestellt, dass eine Positionierung des ZdK auf die gesamte Bandbreite von Migration und Flucht in ein und derselben Erklärung zu weit führen würde. Zudem – wie soeben durch Herrn Timmermans auch noch einmal bestätigt – ist es immens wichtig, dass wir zu einer europäischen, menschenwürdigen Asylpolitik finden.

Mit dem vorliegenden Antragstext wollen wir als ZdK die grundlegenden Leitplanken für eine menschenwürdige Asylpolitik als Gemeinschaftsaufgabe der Europäischen Union benennen und mit dieser Positionierung an die Verantwortungsträger herantreten. Dafür ist der aktuelle Zeitpunkt sehr passend: In den Gremien der Europäischen Union werden seit längerem Reformvorschläge zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem diskutiert. Vergangene Woche hat die Europäische Kommission einen Fortschrittsbericht zur Europäischen Migrationsagenda veröffentlicht, der aufzeigt, dass es noch viel zu tun gibt. Weiterhin befinden wir uns in Deutschland in der Phase der Regierungsbildung. Mit der vorliegenden Erklärung wollen wir unseren Beitrag zu den aktuellen Diskussionen leisten.

Zu Beginn des vorliegenden Textes sind die fünf zentralen Forderungen an die politischen Verantwortungsträger in der Europäischen Union und in Deutschland benannt:

  • Sich für die Gewährung des internationalen Schutzes in Europa einzusetzen und durch ein menschenwürdiges europäisches Asylsystem zu unterstützen;
  • das Gebot des Schutzes menschlichen Lebens als ersten Grundsatz an den Außengrenzen der EU für alle dort ankommenden Menschen zu respektieren;
  • Wege des legalen und sicheren Zugangs zu internationalem Schutz auszubauen, etwa durch eine stärkere Beteiligung an den Resettlement-Programmen der Vereinten Nationen und durch Vergabe von humanitären Visa;
  • das sogenannte Dublin-System zu reformieren, um innerhalb der EU solidarische und transparente Verteilmechanismen zu erreichen, an denen alle Mitgliedstaaten beteiligt sind;
  • in allen Mitgliedstaaten Zugang zu fairen und standardisierten Asylverfahren zu gewährleisten.

In der dann folgenden Einleitung wird kurz die Situation beschrieben und auf die Menschenrechte als Grundlage der europäischen Wertegemeinschaft rekurriert. Wichtig war der Arbeitsgruppe ein kurzer Hinweis auf unsere christliche Haltung. Abschließend wird in der Einleitung definiert, was sich unter internationalem Schutz verbirgt: Das Recht auf Asyl (für Deutschland Art. 16a GG), der Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention und dem subsidiären Schutz für Bürgerkriegsflüchtlinge.

Die Arbeitsgruppe hat sich dann für die Ausführung der Forderungen auf zwei inhaltliche Kapitel konzentriert. In Kapitel 2 werden mit Blick auf eine Ausweitung legaler und sicherer Zugangswege zu internationalem Schutz die aktuell von der EU diskutierten Maßnahmen eingeordnet. So fordern wir eine Ausweitung der Beteiligung an Resettlement-Programmen und an der Vergabe von humanitären Visa. In der Stellungnahme an die Abgeordneten des neuen Bundestages haben wir uns als ZdK vor einigen Wochen noch einmal klar für ein Ende der Aussetzung des Familiennachzugs in Deutschland ausgesprochen. In dem vorliegenden Text wird dies bekräftigt.

In Kapitel 3 beurteilen wir Elemente eines zukunftsfähigen europäischen Asylsystems und konkretisieren die zu Beginn formulierten Forderungen. Dabei konzentrieren wir uns auf vier Aspekte:

  • Solidarische Verteilmechanismen
  • Ablösung des "Dublin-Systems"
  • Faires und standardisiertes Asylverfahren
  • Vereinheitlichung der Entscheidungskriterien für die Anerkennung auf Asyl

An vielen Stellen haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe intensiv diskutiert und um Positionen und Formulierungen gerungen. Wir haben gemerkt, dass das Thema uns alle auf fachlicher aber eben auch auf persönlicher Ebene bewegt. – Dies ist Ihnen beim Lesen des Textes sicherlich an manchen Stellen ähnlich gegangen. – Umso dankbarer bin ich, dass es uns – wie ich meine – gelungen ist, Ihnen heute ein konzentriertes Papier vorzulegen. Mein herzlicher Dank gilt allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe sowie den Mitgliedern des Hauptschusses für ihre Unterstützung.

Viele weitere wichtige Aspekte hätten wir benennen können, doch wir haben uns auf die europäische Ebene der Asylpolitik konzentriert und das Thema Migration für diesen Erklärungsentwurf beiseitegelassen. Vielleicht kann dies ein nächstes Projekt sein. Denn das Thema Asyl wird uns, wie auch das Thema Migration, über die nächsten Jahre und womöglich Jahrzehnte beschäftigen.

Ich möchte Sie bitten, diesen Antragstext zu unterstützen. In diesem Sinne freue ich mich nun auf die Antragsberatungen mit Ihnen und danke für Ihre Aufmerksamkeit!

 

Martin Kastler Sprecher des Sachbereichs "Europäische Zusammenarbeit und Migration" und Leiter der Ad-hoc-Arbeitsgruppe "Europäische Migrationspolitik"

Diesen Artikel teilen: