Keine Gewalt im Namen Gottes! Christen und Muslime als Anwälte für den Frieden

Erklärung des Gesprächskreises "Christen und Muslime" beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK)

Als Christen und Muslime glauben wir an Gottes Gerech-tigkeit, Güte und Barmherzigkeit. Wir sehen und erleben weltweit gewalttätige Ereignisse und Strukturen. Wir glauben an die Zusage und die Wegleitung Gottes. Deshalb treten wir für ein friedliches und barmherziges Miteinander aller Menschen ein. Wir sehen uns aufgerufen, jeder Form von Gewalt, Unterdrückung, Unrecht, Unfrieden, Not und Angst entgegenzuwirken.

Uns verbindet die Hoffnung, dass der Friede Gottes unser Denken, Fühlen und Handeln bestimmt und wir so an einer friedlichen Welt und gelingenden menschlichen Beziehungen mitwirken können. Als Gesprächskreis erteilen wir jedweder vermeintlich religiös motivierten Gewalt und dem Missbrauch unserer Religionen eine klare Absage: Unsere Gemeinschaften dürfen nicht müde werden zu widersprechen. Gemeinsam erklären wir:

  • Gott zur Rechtfertigung von Tötungen und Gewalt- taten in Anspruch zu nehmen, ist Gotteslästerung.

     
  •  Heilige Kriege gibt es nicht. Ziel Gottes ist der gerechte Friede. Daran muss sich menschliches Handeln ausrichten.
  • Als Christen und Muslime verurteilen wir jedwe-den Fundamentalismus, Radikalismus, Fanatismus und Terrorismus.
  • Bibel und Koran wollen die Menschen zu Gerechtigkeit und Frieden führen. Dem Missbrauch der Heiligen Schriften muss immer wieder entgegengetreten werden. Alle Möglichkeiten der Kommunikation und Aufklärung sind zu nutzen. Schule und Studium, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung sowie die neuen sozialen Medien bieten Chancen dazu.
  • Die Ausbreitung des Glaubens darf niemals mit Zwang und Gewalt geschehen: Das Geschenk des Glaubens kann nur in Mitmenschlichkeit, Freundschaft, Nähe, friedvollem Umgang und im Einsatz für gerechte gesellschaftliche Strukturen bezeugt werden.
  • Wir sprechen uns gemeinsam für die Achtung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit aus. Wir sehen uns verpflichtet, nicht nur die je eigene Religionsfreiheit und die je eigenen Rechte auf freie Ausübung der Religion einzufordern, wo Christen oder Muslime in der Minderheit sind, sondern die Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften zu achten und innerhalb der eigenen Glaubensgemeinschaft füreinander Partei zu ergreifen. Dies schließt ein, gegen die Verfolgung und Benachteiligung von Christen, die derzeit vor allem in zahlreichen mehrheitlich muslimisch geprägten Ländern geschieht, genauso wie gegen Diskriminierung und Ausgrenzung von Muslimen in Europa zu protestieren. Für die Religionsfreiheit einzutreten bedeutet, dass jeder seinen Glauben offen leben kann und schließt das Recht ein, die Religion zu wechseln oder keiner Religion anzugehören.
  • Feindbilder sind zu erkennen und zu überwinden. Der wachsenden Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa muss durch Aufklärung und Begegnung entge- gengewirkt werden. Gläubige sollten sich um interreligiöse wie interkulturelle Kompetenz bemühen. Christinnen und Christen brauchen Basiswissen über den Islam, Mus- liminnen und Muslime brauchen Basiswissen über das Christentum. Notwendig sind jedoch vor allem Begegnung, Kennenlernen und Freundschaften.
  • Gewaltprävention ist eine Aufgabe für alle religiösen Menschen und deswegen auch eine interreligiöse Aufgabe: Überwindung von Gewalt, Verzicht auf Gegengewalt kann und muss erlernt und eingeübt werden. Im Vertrauen auf Gott sich selbst zurückzunehmen ist ein Schritt, um eine friedliebende Haltung und menschen- freundliche Verhaltensweise zu finden. Das gilt für den Lebensalltag wie für internationale Zusammenhänge.

1. Ausgangspunkte

Als Religionsgemeinschaften und als einzelne Gläubige sind wir nicht vor Fehlverhalten, Missbrauch, Unrechts- strukturen und repressiven Mechanismen gefeit, sondern haben auch oft daran teil. Im Laufe der Geschichte des Christentums und des Islam gab und gibt es immer wieder religiös motivierte Gewalt, auch gegeneinander: Kriege, Kämpfe, Machtstreben, Unterdrückung, Ausgrenzung, Ver- treibung, Folter, Verletzungen und Missbrauch von Men- schen. Jedoch wissen wir, dass dies eine Verkehrung des Friedensauftrags ist.

Christentum und Islam werden vielfach durch fundamentalistische Einzelne und Gruppen pervertiert und instrumentalisiert. Sie missbrauchen theologische Motive, um Gewalt zu legitimieren, insbesondere dann, wenn sie gewalttätiges Handeln als "Gottes Wille" ausgeben. Das gelingt vor allem dort, wo Religionsgemeinschaften ein straff hierarchisch- autoritäres System entwickeln, der allgemeine Bildungs- stand niedrig und die "Hörigkeit" gegenüber Anführern aller Art hoch ist sowie mündige und kritische Reflexion unter- drückt oder gar nicht erst entwickelt wird. Als Christen und Muslime verurteilen wir jedweden Fundamentalismus, Radikalismus, Fanatismus und Terrorismus, seien sie religiös oder anders begründet.

Neben alledem werden in zahlreichen mehrheitlich muslimisch geprägten Ländern Christinnen und Christen in unterschiedlicher Weise massiv unterdrückt, benachteiligt, inhaftiert oder gar getötet. Sie hoffen hier vergeblich auf Schutz durch den Staat. Konversionen zum Christentum werden bestraft und abweichende Ansichten innerhalb der eigenen Gruppe werden vielfach geahndet.

Insgesamt lässt sich derzeit weltweit eine Gewaltverdichtung wahrnehmen, die scheinbar religiös begründet ist. In ihrer Folge sehen sich alle drei monotheistischen Religio- nen gegenwärtig zahlreichen Verurteilungen und Anfeindungen gegenüber. Vor allem Musliminnen und Muslime geraten zunehmend unter Generalverdacht. Religiöse Überzeugungen werden stärker als Ursache der Gewalt denn als friedensstiftende Kraft betrachtet.

Als Gesprächskreis rufen wir Christen und Muslime dazu auf, der gemeinsamen Anwaltschaft für den Frieden deutlichen Ausdruck zu verleihen. Den Frieden zu bewahren, zu befördern und zu erneuern, ist die gemeinsame Aufgabe von christlichen und muslimischen Gläubigen.

2. Heilige Schriften: Von Irrwegen und Orientierungen

Es ist eine Verpflichtung für Christen und Muslime, die handlungsorientierenden, sinn- und friedensstiftenden Gehalte der Heiligen Schriften in unserem Leben sichtbar zu machen und gesellschaftlich zum Tragen zu bringen. Denn Bibel und Koran wollen die Menschen zu Gerechtig- keit und Frieden führen.

Die biblischen Schriften bezeugen einen Gott, der rettend in die Geschichte des Volkes Israel eingreift. Gott wird in den Erzählungen und Gebeten der Bibel immer wieder um ein Ende der Gewalt angerufen. Die Menschen vertrauen seiner Verheißung und der Vision eines Lebens in Frieden und Gerechtigkeit. Hass, Mord und Totschlag, Kämpfe und Vernichtungskriege, Unterdrückung und Entwürdigung anderer wie auch strukturelle Gewalt gehören in die biblische Lebenswirklichkeit. Schon die biblische Geschichte vom Anfang und Grund der Welt reflektiert die Herkunft, das Wesen und die Ausübung der Gewalt (Gen 4,1-16). Stets wird die Aufhebung allen Leids und Unrechts von Gott erhofft (Gen 9,1-17, Jes 61).

Das Neue Testament bezeugt Leben, Tod und Auferstehung Jesu Christi, durch den sich Gott den Menschen geoffenbart hat. In Jesus Christus wendet sich Gott allen Menschen heilvoll und befreiend zu und ruft sie dazu auf, einander zu dienen (Mt 20,26, Joh 13,34f). Der gewaltsame Tod am Kreuz, den Jesus erleidet, wird überwunden, weil Gottes Liebe stärker ist (1 Joh 4,7-12). Gott will das Leben der Menschen und nicht ihre Vernichtung (Mt 9,13). So ist nach christlicher Überzeugung in Jesus Christus die Ver- söhnung der Menschen und der Friede Gottes verwirklicht. Indem sie Christus nachfolgen, wollen Christinnen und Christen Feindschaften überwinden und Frieden schaffen.

Das Gebot Gottes im Koran ist, sich für die Gerechtigkeit und für das Gute einzusetzen und sich von dem fernzuhal- ten, was zu verwerflichen Handlungen und Gewalt führt: "Siehe, Gott gebietet Gerechtigkeit und dass man Gutes tut und dem Nächsten spendet. Und Er verbietet Laster, Verwerfliches und Gewalttat. Er ermahnt euch, vielleicht lasst ihr euch ermahnen." (Q 16:90) Es liegt am freien Willen des Menschen, ob er diesem Ruf folgt. Der Einsatz für die Verwirklichung der Gerechtigkeit als Voraussetzung für den Frieden gehört zum Auftrag der Menschen. Sie sollen – unabhängig von ihren eigenen Interessen und Vorteilen – Gerechtigkeit für alle einfordern: "O ihr, die ihr glaubt! Steht als Zeugen für Gott ein für die Gerechtigkeit auch wenn es gegen euch selber ist oder die Eltern und Verwandten! Ob es ein Reicher oder Armer ist – Gott ist beiden nahe. Folgt nicht der Neigung – damit ihr gerecht sein könnt. Und wenn ihr etwas verdreht oder euch von etwas abkehrt – siehe, Gott ist mit dem, was ihr tut, vertraut." (Q 4:135)

Es liegt in der Verantwortung der Menschen, die Gerech- tigkeit entsprechend der jeweiligen Lebensrealität und im Einklang mit den Glaubensprinzipien zu definieren. Die ein- dringlichen Aufrufe zur Gerechtigkeit als Grundlage des Friedens im Koran werden durch Erzählungen sowie durch die Berichte aus der Tradition der Propheten vor dem Islam und des Gottesgesandten Muhammad konkretisiert. Sie sind Orientierung zur Auslegung der abstrakten Begriffe für das Handeln und zur praktischen Umsetzung. Gott ruft im Koran alle Menschen dazu auf, das Gute zu tun und das Böse zu unterlassen. Die Gläubigen, nicht nur die Mus- lime, werden in die Pflicht genommen, sich gegenseitig zu unterstützen: "Die Gläubigen, die Männer wie die Frauen, stehen einander bei. Sie gebieten das Rechte und verbieten das Schlechte, sie verrichten das Gebet und entrichten die Bedürftigensteuer, und sie gehorchen Gott und seinem Gesandten. Sie sind es, derer sich Gott erbarmen wird. Siehe, Gott ist mächtig, weise." (Q 9:71) Muslime entsprechen dieser Pflicht, wenn sie den Einsatz füreinander als Erfüllung ihrer Verantwortung vor Gott ernst nehmen und ihn zusammen mit anderen Gläubigen verwirklichen, gemäß der Botschaft der Barmherzigkeit (Q 6:12; 21:17). Auch in den Hadithen (Aussprüchen des Propheten Muhammad) weist der Gesandte Gottes immer wieder darauf hin, dass Gott sich derjenigen erbarmen werde, bei denen die Menschen Erbarmen finden.

Bibel und Koran sind Schriften, die durch Menschen zum Sprechen gebracht werden. Es sind Menschen, die sie deuten und in ihrer Lesart für eigenes Handeln heranziehen. In der Unausweichlichkeit, die Schriften auszulegen und zu verstehen, liegen Chancen und Gefahren eng beieinander:

In der Bibel und im Koran gibt es Aussagen, die, wört- lich bzw. ohne ihren weiteren Zusammenhang gelesen, ein enormes Gewaltpotenzial beinhalten. Religionskritiker und -gegner nehmen diese Aussagen als Beleg dafür, dass

Religionen per se Gewalt verherrlichen und zu Gewalt aufrufen. Die Gefahren des Missbrauchs der Heiligen Schriften belegen die Gewalttätigkeiten terroristischer, fundamentalistischer und extremistischer Gruppierungen. Eigene politische Interessen, Machtstreben und Verbrechen werden als von Gott gewollte und ihm dienende Handlungen propagiert. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, zur kritischen Reflexion der Quellen und Hervorhebung ihres Friedenspo- tentials beizutragen.

Als Religionsgemeinschaften müssen und werden wir Instrumentalisierungen der Heiligen Schriften immer wieder widersprechen, Fehlinterpretationen korrigieren und angemessene Deutungen anbieten.

2.1    Gewalt und Frieden in Bibel und Koran: Lesarten

Die Auslegung Heiliger Schriften bedarf grundsätzlich hermeneutischer Reflexion, methodischer Zugänge und klarer Kriterien, um überhaupt aussagen zu können, was jeweils als "Gottes Wort" verstanden wird. Wortwörtliches Bibel- und Koranlesen birgt – unabhängig vom konkreten Offenbarungsverständnis – stets Gefahren.

Zur Bibel

Die Bibel umfasst viele Bücher, Texte von Menschen, in denen uns Gottes Wort begegnet. Sie ist aus katholischer Sicht Gottes Wort in Menschenwort, wie es das Zweite Vatikanische Konzil beschreibt (Dei Verbum 11-13, auch für das Folgende).

Die Bibel entstand in einem Prozess, der über ein Jahr- tausend dauerte. Sie stellt in vielen Teilen eine planvolle theologische Komposition dar. Die biblischen Bücher sind keine exakten historischen Berichte, sondern enthalten Geschichten und Geschichtliches. Die Bibel überliefert Deutungen der Wirklichkeit vor Gott, ist Ausdruck von Lebens- und Glaubenserfahrungen, ist literarische Erzählung aus bestimmten Zeiten, die für die Gegenwart erinnert und relevant gemacht werden. Im Alten wie im Neuen Testament bezeugen die Schriften die Erfahrungen von Menschen mit Gott anhand konkreter Ereignisse, in bestimmten Redeweisen und Bildern. Die Schriften geben der Gegenwart und Zukunft Sinn. Für das Verstehen der Bibel tritt daher neben die historische Einordnung und das literarische Verstehen die theologische Programmatik der Texte, die für die gläubige Annahme als Wort Gottes bedeutsam ist. Maßgeblich ist in katholischer Perspektive die Auslegung des kirchlichen Lehramtes, wobei die Kirche sich selbst als Hörerin des Wortes Gottes versteht.

Irreführende Lesarten der Bibel

Falsch ist es, wenn das Neue Testament gegen das Alte Testament gestellt wird, um den vermeintlichen "Rachegott" des Alten Testaments gegen den liebenden Vater Jesu im Neuen Testament auszuspielen, wie es in antijüdischer Intention im Laufe der Jahrhunderte vielfach erfolgte. Das Alte Testament gehört ohne Einschränkungen zur Heili- gen Schrift der Christen. Daneben finden sich auch in den neutestamentlichen Schriften gewalthaltige Stellen, die ebenfalls eine fatale Wirkungsgeschichte hatten.

Grundsätzlich können Sätze der Bibel nicht losgelöst vom Kontext betrachtet werden. Eine "Steinbruchexegese", die einzelne Sätze aus ihrem Zusammenhang reißt und verabsolutiert, kann den biblischen Texten nicht gerecht werden. Gleichwohl werden bestimmte Sätze immer wieder als vermeintliche Belege dafür angeführt, dass doch auch die Bibel Gewalt propagiere. Hierzu nur ein Beispiel:

Exemplarisch:

Sehr oft wird die biblische Formel "Auge um Auge – Zahn um Zahn" fälschlicherweise und zusammenhangslos zitiert, um zu illustrieren, wie sehr das Alte Testament auf Rache und Vergeltung ziele. Doch ist dies gerade nicht der Fall: Richtig ist, dass es in den Versen des Buches Exodus um einen angemessenen Ausgleich geht. Beachtet man die nachfolgenden Verse in Exodus 21,23-25, wird deutlich, dass es sich eben nicht um ein besonders hartes, unge- rechtes Gesetz handelt, sondern um die Regelung von Schadensersatz. Der Text lautet: "Ist weiterer Schaden entstanden, dann musst du geben: Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß, Brand- mal für Brandmal, Wunde für Wunde, Strieme für Strieme." Das sogenannte Talionsrecht diente der Rechtsgleichheit und Verhältnismäßigkeit. Es ist ein Grundsatz der Straf- zumessung, denn jeder Körperschaden sollte auf gleiche Weise bestraft werden, ohne dass sich reiche Menschen davon freikaufen könnten. Außerdem ist sie ein Gesetz zur Rachebegrenzung. Die Regel dient damit in erster Linie einer Eindämmung der Gewalt und soll eine Gewaltspirale verhindern, die mit Blutrache endet und ganze Familien auslöscht.

Im Matthäusevangelium findet sich der Satz im Zusam- menhang mit dem Gebot der Feindesliebe. In Mt 5,38-39 heißt es: "Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin. Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel." Bei Matthäus wird deutlich, dass das Rechtsgebot des angemessenen Ausgleichs im Scha- densfall nicht einfach auf das persönliche Alltagsverhalten übertragen werden kann. Durch die Aufhebung der Ver- geltung stellt Jesus den Grundsatz nicht an sich in Frage. Die Beispiele zeigen, dass der vermeintlich Unterlegene durch seine unerwartete Reaktion, den völligen Verzicht auf Widerstand bzw. Gegengewalt, zum handelnden Sub- jekt werden kann. Auch wird durch den so wachsenden Abstand zum "Feind" dieser deutlicher ins Unrecht gesetzt. Es ist ein Ausdruck dafür, wie sehr das Neue Testament auf Gottes rettende Gerechtigkeit setzt. Jesus geht es in der Bergpredigt, in seinen Antithesen zu einem "nur" gesetzes- konformen Verhalten, um das eigentliche Übel: die Gewalt, die sich aus kleinen Anfängen entwickelt und in Kriegen endet. Gewaltfrei wird ein Miteinander nur, wenn eine Seite damit anfängt, auf Gewalt zu verzichten. Noch mehr Erfolg hat, wer darüber hinaus auf das feindliche Gegenüber zugeht und Zuwendung praktiziert. Das Böse soll mit Gutem überwunden werden. Die Rede Jesu stellt hier auch eine Aufnahme der alttestamentlichen Klagelieder dar (Klgl 3,30: "Er biete die Wange dem, der ihn schlägt, und lasse sich sättigen mit Schmach.").

Zum Koran

Die Suren (Abschnitte) des Koran wurden im Prozess der Ausformung des Islam geoffenbart. Der Koran ist für Muslime das in einem Buch zusammengeführte geoffenbarte Wort Gottes an den Propheten Muhammad, eine schriftlich fixierte mündliche Kundgabe und Verkündigung. Die Offenbarung geschah in einer Zeitspanne von ca. 23 Jahren. Die Unterscheidung der Suren des Koran in "mekkanische Suren" und "medinensische Suren", benannt nach den Orten der Offenbarung, Mekka (610 – 622) und Medina (622 – 632), bewirkte schon im 8. Jahrhundert eine chro- nologische Kategorisierung der Verse und Suren. Die in Mekka offenbarten Stellen beschäftigen sich eher mit den Glaubensgrundlagen und dem Glauben an sich. In den medinensischen Abschnitten werden vorwiegend Themen zur Gemeinschaftsordnung, rechtliche Anweisungen und Wege zur Konfliktlösung behandelt. Die verschiedenen Methoden der Interpretation weisen darauf hin, dass die Zusammensetzung der Verse im Koran einem bestimm- ten Sinn und Zweck dient. Die einzelnen Verse sind zum einen mit Blick auf den Kontext der jeweiligen Sure zu lesen, in der sie stehen, und zum anderen im koranischen Gesamtzusammenhang zu lesen, um den Sinn erschließen zu können. Ferner ist in der Koranexegese die Methode der Betrachtung der Offenbarungsanlässe erforderlich, um mittels der historischen Ereignisse zu verstehen, wie die Texte zu Zeiten der Offenbarung verstanden wurden. Dafür wird der Wortlaut nach Hinweisen auf Ereignisse analysiert und darauf basierend eine möglichst genaue Zeit der Offenbarung festgelegt. Danach sollen die Aussagen hinter dem Wortlaut in Beziehung zur jeweiligen Lebens- realität gesetzt werden, um seine mögliche überzeitliche Bedeutung erschließen zu können. Die historischen Ereignisse, der Wortlaut und die Beziehung zu anderen Inhalten des Koran sind die fundamentalen Werkzeuge für das Verstehen und Interpretieren des Koran. Hinzu kommen die vorbildliche Lebensweise des Propheten Muhammad,die Überlieferungen seiner Handlungsweisen und seiner Äußerungen zur Praktizierung des Glaubens. Die Überlieferungen (Hadithliteratur) wurden zunächst mündlich tradiert, die ersten schriftlichen Sammlungen wurden über hundert Jahre nach dem Tod des Propheten kanonisiert.

Irreführende Lesarten des Koran

Einzelne Aussagen kontextlos zu betrachten und als Leitsatz zur Rechtfertigung von Handlungen zu propagieren, ist eine gefährliche Lesart und mit dem Selbstverständnis des Koran nicht vereinbar. Die einzelnen Verse im Koran stehen nicht für sich. Die Befehlsform kann als unmittelbares Gebot Gottes missverstanden werden, wenn die Aussage allein betrachtet wird. Um eine solche Missdeutung zu ver- anschaulichen, werden exemplarisch die häufig zitierten Verse 190 – 195 der Sure 2 erläutert.

Exemplarisch:

"Tötet sie, wo immer ihr sie antrefft!", steht im Vers 191 der Sure 2. Dieser Satz wird häufig als "Begründung" für die von Muslimen ausgehende Gewalt gegen Andersgläubige zitiert. Der Imperativ sei als Gebot Gottes anzunehmen, dem Muslime folgen müssten. Das Töten von Andersgläubigen bzw. "Ungläubigen", die nicht bereit sind, den "richtigen" Glauben anzunehmen, sei demnach göttlicher Befehl, behaupten fundamentalistische und militante muslimische Gruppen. Dieses Argumentationsmuster wird sowohl von den muslimischen Extremisten als auch von islamfeindlichen Gruppierungen verwendet. Liest man die Verse im Zusammenhang mit den Versen 190 – 195 und setzt sie in Beziehung zu der Zeit ihrer Offenbarung, wird deutlich, dass sie von Konflikten zwischen Muslimen und Mekkanern berichten. Es geht hier um die Vertreibung des Gottgesandten und der ersten Muslime aus Mekka: "Und kämpft auf dem Weg Gottes gegen die, die euch bekämpfen! Doch begeht dabei keine Übertretungen! Siehe, Gott liebt die nicht, die Übertretungen  begehen.  Tötet  sie, wo immer ihr sie antrefft, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben! Denn die Versuchung (fitna) ist schlimmer als Töten." Der Begriff fitna, der hier mit "Versuchung" übersetzt ist, steht für jegliche Form von Ver- führung zu Anarchie und Chaos sowie Gesetzlosigkeit in einer Gemeinschaft.

Die historische Verortung zeigt, dass es hier um eine Vertreibung ging, die schwere Konflikte zur Folge hatte. Die Historisierung des Satzes verhindert die Verallgemeinerung. Zugleich beinhaltet dieser Abschnitt einige ethische Prinzipien, die überzeitlich in Konfliktsituationen unbedingt zu beachten sind. Auch in den Verteidigungskämpfen sind Übertreibungen, Aggression und Unverhältnismäßigkeit zu verhindern. Die muslimischen Kommentatoren sind sich darin einig, dass die Verteidigung unter Berücksichtigung der ethischen Werte und Prinzipien, auf die der Koran und die Sunna deutlich hinweisen, erlaubt sei. Muhammad verbot hierbei gemäß der Überlieferung jede Art der Übertretung dieser Prinzipien: "Tötet keine Frauen oder Kinder oder Nicht-Kämpfende, und tötet nicht alte und religiöse Menschen. Fällt keine früchtetragenden Bäume und vergiftet nicht die Felder eurer Feinde." (Sahih al-Buhari) Er ermahnte seine Anhänger, selbst für den Fall eines Vertei- digungskrieges gegenüber ihren Feinden, die sie angrif- fen, gerecht zu handeln und sobald der Aggressor Frieden anbietet, diesen zu akzeptieren. Krieg war und ist weder die Intention noch der Sinn des Islam. Er dient bestenfalls der Abschreckung und der Verhinderung größeren Unheils. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass Muhammad in Mekka keinen Kampf zugelassen hat und die erste muslimische Gemeinde in Medina angegriffen wurde, so dass sie sich verteidigen musste.

 

2.2    Gewaltüberwindende Orientierungen

Die Bibel appelliert an die Verantwortung der Menschen füreinander und damit für den Frieden. Die Bibel weiß um den Hang der Menschen zu Gewalt und Zwietracht und ruft daher zur Gewaltfreiheit auf. Ziel ist die gewaltfreie Überwindung von Feindschaft, die Achtung der Fremden und der Minderheiten sowie die Versöhnung untereinander. Das hebräische Wort Schalom ist hierbei nicht allein ein Friedensgruß oder nur innerer Zustand, sondern meint einen umfassenden Zustand des Heils der Menschen und der Schöpfung (Jes 11,6-8). Es ist Gabe (Ps 29,11) und Aufgabe (Ps 34,15), es entspringt dem Bund Gottes mit seinem Volk und strahlt aus auf die Völker (Jes 25,6f). Nur Gott selbst kann gewährleisten, dass dies ein ewiger Bund ist (Ez 37,26).

Jesus Christus wird als der verheißene Friedensfürst verstanden (Lk 2,14 nach Jes 57,19 u. 9,5). Er preist die Friedensstifter selig (Mt 5,9).  Damit  wird  Friede auch als Aufgabe des Menschen bestimmt. Das findet seinen Höhepunkt im Gebot der Feindesliebe, das alle bisherigen Aufrufe und Ermahnungen überbietet (Mt 5,44 ff). Friede ist deshalb nicht nur die Abwesenheit von Krieg oder der Erhalt von Ruhe und Ordnung, sondern ist ausgerichtet am höheren Ziel der Liebe. Sie ist innergöttliche Beziehung, an der Gott die Menschen teilhaben lässt (Joh 15,9: "Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe!"; 1 Joh 4,7: "Liebe Brüder, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott.").

Entsprechend ist der Friede primär nicht menschliche Leistung, sondern Gottes Gabe. Der Friede, den Jesus Christus wirkt, überbietet die menschliche Dimension (Joh 14,27: "Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht."). Hier geschieht Versöhnung, die im griechischen Wortsinn (katallásso) einen Austausch meint, in dem Gott mit uns den Platz tauscht, um alles Trennende zu überwinden (2 Kor 5,14-21). Das äußert sich innerweltlich-konkret in der Überwindung der Grenzen zwischen Nationen, Geschlechtern und sozialen Ständen (Gal 3,28: "Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid «einer» in Christus Jesus"). Frieden ist demnach eine Verpflichtung, die aus der göttlichen Vorgabe erwächst, Liebe der Ausweis der Erlösung und der Zugehörigkeit zu Jesus Christus (1 Joh 3,14-16). Frieden wird dann zur Erfahrung der Gegenwart Gottes im Heiligen Geist (Röm 14,17).

Das Ideal des Friedens verbindet sich zutiefst auch mit dem, was islam bedeutet: Durch den Glauben soll der Mensch befähigt werden, als "Statthalter Gottes" auf dieser Welt zu leben (vgl. Q 2:30). Seine Aufgabe besteht darin, die Schöpfung Gottes zu verwalten und sich für den Erhalt und das Wohlergehen der Mitmenschen und Mitgeschöpfe einzusetzen. Die Erzählungen und Anweisungen im Koran weisen auf diesen Zweck des Glaubens hin und bieten Orientierung für die praktische Umsetzung. Die Aussprüche und Taten des Propheten Muhammad können hierfür Vorbild sein.

Die Überwindung von Gewalt und der Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden sind die Maximen der koranisch-islamischen Lehre. Menschliches Verhalten kann immer zu Ungerechtigkeit führen. Daher sollte jede Handlung im Bewusstsein der Anwesenheit Gottes geschehen:  "Ihr, die ihr glaubt, tretet für Gott ein und legt Zeugnis für die Gerechtigkeit ab. Und die Feindschaft eines Volkes soll euch nicht verleiten, nicht gerecht zu sein. Seid gerecht, das entspricht der Ehrfurcht vor Gott, und nehmt euch in Acht vor Gott. Gott hat Kenntnis von dem, was ihr tut." (Q 5:8)

Zur Zeit der Offenbarung des Koran war Vergeltung eine Möglichkeit, Konflikte mit Gewalt auszutragen. Es gehört zum Stil des Koran, bestehende Bräuche aufzunehmen, sie zu mildern oder sie ganz aufzuheben – mit anderen Worten: die Menschen werden dort abgeholt, wo sie ste- hen. Es wird ihnen behutsam vorgeführt, welche anderen Wege möglich sind: "Die Vergeltung für einen Schaden ist ein Schaden im gleichen Maße. Wer aber vergibt und Besserung bewirkt, dessen Lohn obliegt Gott. Gott liebt die Ungerechten nicht. Diejenigen, die sich wehren, wenn ihnen ein Unrecht zugefügt wird, trifft jedoch kein Vorwurf." (Q 42:40-41) Und letztlich ist es ein Gebot, auch im Feind Friedenspotential zu sehen und durch eigene Initi- ative die Überwindung der Feindschaft zu erreichen: "Die gute und schlechte Tat sind nicht einander gleichzusetzen. Entgegne dem Bösen mit etwas, was besser ist! Und wenn zwischen dir und ihm eine Feindschaft besteht, wird er dann wie ein enger Freund werden. Dies werden nur diejenigen vollbringen, die geduldig sind, und nur die, die selig sind." (Q 41:34-35)

Ferner gibt es zahlreiche Erzählungen und Überlieferungen aus der Tradition des Propheten Muhammad und seiner Weggefährten, wie der Glaube wirken muss: Auf die Frage, was der beste Islam sei, war die Antwort: "Der beste Islam ist, dass du die Hungrigen speist und Frieden verbreitest unter denen, die du kennst, und auch unter den Fremden." (Sahih al-Buhari)

 

3. Gewalt "im Namen" der Religion heute

Gewalt "im Namen" der Religion hat heute viele Gesichter. Vor allem mehren sich die Anfragen an die Religionsgemeinschaften, weil Terrorismus, Fundamentalismus und unheilige Allianzen mit oft wechselseitiger Instrumentalisierung von Religion und Politik zugenommen haben. Problematisch ist vor allem jenes Verständnis von Religion, das behauptet, das "Wesen" der eigenen Religion zu kennen, zu bewahren und zu verteidigen.

In einer Zeit, in der Extremisten weltweit den Namen Gottes für ihre Schandtaten missbrauchen, müssen die Religionsgemeinschaften gemeinsam umso entschiede- ner für Frieden und Gerechtigkeit einstehen. So bedür- fen fundamentalistische Strömungen im Christentum wie z. B. bibelfundamentalistische Gruppen, christliche Milizen (z. B. Uganda) oder mordende Abtreibungsgegner einer klaren Entgegnung. Ebenso muss allen Formen der Gewalt und repressiver Machtverhältnisse "im Namen" des Christentums bzw. im Rahmen kirchlicher Institutionen Ein- halt geboten werden.

Vor allem die Radikalität islamistischer Extremisten (Taliban, IS, Boko Haram) befeuert seit einigen Jahren immer wieder neu das Negativbild des Islam und der Muslime. Zwischen extremen Positionen (z. B. von Salafisten) und Terrorak- ten liegt nicht immer viel Abstand. Moscheegemeinden, Schulen und Vereine sind hier in ihrer Wachsamkeit und in Bezug auf Präventionsmaßnahmen stark gefordert.

 

4. Zur Islamdebatte und Islamfeindschaft

In der gegenwärtigen Debatte über den Islam und die Muslime in Deutschland wird der Rede von der "friedliebenden Mehrheit der Muslime" zunehmend misstraut. Unterstellt wird oft, Gewalt sei dem Islam geradezu "wesensimmanent". Wir sehen es als unsere Aufgabe, immer wieder darüber aufzuklären, dass der gewalttätige Extremismus zutiefst unislamisch ist und dass die tatsächlichen Ursachen der Gewalt und der Konflikte zu benennen und zu bekämpfen sind.

So klar es auch sein mag, es kann nicht oft genug betont werden:

Die Mehrheit der Muslime ist friedliebend. Das ist ein klar belegbares Faktum. Von den schätzungsweise fünf Millionen Muslimen in Deutschland gelten laut Verfassungsschutzbehörden weniger als ein Prozent als radikal, von denen wiederum ein sehr kleiner Prozentsatz gewaltbereit ist.

Die friedliebende Mehrheit weiß um ihr beschädigtes Ansehen und stellt sich kritischen Anfragen. Denn sie erfährt tagtäglich die breite Hinnahme ihrer gesellschaftlichen Diskriminierung und die Akzeptanz der Vorverurteilung in allen Milieus und Schichten.

Die friedliebende Mehrheit distanziert sich von Gewalt. Die muslimischen Verbände und Moscheege- meinden müssen dabei von Christinnen und Christen tatkräftig unterstützt werden.

Es ist brandgefährlich, wenn Islamfeindlichkeit all- täglich wird. Sie ist ebenso unchristlich wie Judenfeindlichkeit. Beides ist menschenverachtend und zerstört die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben. Aus christlicher Perspektive gebührt Musliminnen und Muslimen, die "mit uns den einen Gott anbeten", Hochachtung und Wertschätzung, wie die katholische Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil lehrt (Lumen Gentium 16, Nostra Aetate 3). Im Koran gibt es wertschätzende und anerkennende Aussagen über Juden und Christen. Generell gilt, dass der Koran die Religionen vor dem Islam nicht aufhebt oder für nichtig erklärt (z. B. Q 5:44-48). In Begegnung mit bestimmten Gruppen von Juden und Christen hat es zur Zeit der Offenbarung auch Konflikte gegeben. Auf diese Konflikte beziehen sich einige problematische Stellen im Koran. Ebenso tritt der Koran als Korrektiv auf, wenn er diejenigen Juden und Christen anspricht, die ihren Glauben nicht ernst nehmen bzw. ihn diffamieren (Q 2:62). Der Koran lädt ein, den Glauben an den einen Gott als Fundament der Begegnung und Verständigung hervorzuheben: "Sprich: ‘O Volk der Schrift [Juden und Christen]! Kommt herbei zu einem Wort, das gleich ist zwischen uns und euch: dass wir keinen anbeten denn Gott und dass wir ihm keinen Nebenbuhler zur Seite stellen und dass nicht die einen unter uns die anderen zu Herren nehmen statt Gott.‘ Doch wenn sie sich abkehren, dann sprecht: ‘Bezeugt, dass wir uns Gott ergeben haben.‘" (Q 3:64)

 

5. Selbstverständlich friedlich

Als Christen und Muslime wollen wir auch gesellschaft- lich deutlich werden lassen, dass unser Bekenntnis eben nicht zu Gewalt, Terror und Konflikten führt, sondern zu Versöhnung, Verständigung, Ausgleich und friedlichem Miteinander. Wir möchten dazu beitragen, dass unsere religiösen Überzeugungen stärker positiv gesellschaftlich sichtbar werden. Wir wollen die sinnstiftende Kraft und die Werte, die unsere Existenz tragen, über die eigenen Zusammenhänge hinaus neu erschließen, damit Leben und Zusammenleben gelingt. Dies geschieht bereits in zahlreichen Organisationen, Projekten, Zusammenschlüssen und Initiativen, die christliche, muslimische oder interreligiöse Friedensarbeit leisten.

Von den unzähligen Bündnissen und Aktionen seien beispielhaft genannt:

- die internationale katholische Friedensbewegung

"Pax Christi",

der internationale christliche Friedensdienst "Eirene", "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste",

- das Hilfswerk "Islamic Relief",

der "Tag der Offenen Moschee" am 3. Oktober, die "Woche zur islamischen Einheit",

- die "Interkulturelle Woche" in Deutschland seit 1975, der "Runde Tisch der Religionen in Deutschland",  die Bewegung "Religions for Peace",

die internationalen interreligiösen Gebetstreffen seit 1986 (Assisi)

In vielen deutschen Städten und Regionen gibt es darüberhinaus "Abrahamische Foren", "Runde Tische der Religionen" und interreligiöse Aktionsbündnisse gegen Rassismus.

Auch die Schaffung einer Willkommenskultur trägt zum friedlichen Miteinander bei: Ein Großteil der Flüchtlinge, die in jüngster Zeit Deutschland erreicht haben, ist muslimisch. Viele Christinnen und Christen wie auch Musliminnen und Muslime haben gezeigt, dass die Unterstützung der vor Krieg und Gewalt geflüchteten Menschen für sie ein entschiedener Auftrag ist. Vielfach wurde deutlich: Die Sorge für den Nächsten beschränkt sich gerade nicht exklusiv auf Angehörige des eigenen Glaubens.

Die Beispiele deuten die vielen Felder der Zusammenarbeit nur an, die gemeinsam bearbeitet werden müssen, um das in den Schriften grundgelegte Friedenspotential beider Religionen zum Tragen zu bringen. Wir rufen dazu auf, sich auch künftig verstärkt in diesen Bereichen zu engagieren und zugleich immer wieder um Frieden zu beten.

 

Gebet um Frieden

Barmherziger Gott,

unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält,

nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Volk, Hautfarbe oder Religion.

Du hast uns erschaffen,

damit wir miteinander in Frieden leben, als Schwestern und Brüder.

Gib uns Mut, Ideen und Kraft,

miteinander für mehr Gerechtigkeit und Frieden auf dieser Erde zu arbeiten.

Lass uns heute damit beginnen.

Wir vertrauen auf Deine Hilfe. Sei gelobt und gepriesen.

Amen.

 

(nach dem Gebet der Vereinten Nationen)

 

Mitglieder des Gesprächskreises "Christen und Muslime" beim ZdK

(Amtsperiode 2013-2017)

Vorsitz: Gabriele Erpenbeck, Mitglied des ZdK, Hannover

Dr. Bekir Alboğa, Köln, Islamwissenschaftler, stv. Generalsekretär und DITIB-Sprecher (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion)

Ahmad Aweimer, Dialog- und Kirchenbeauftragter, Zent- ralrat der Muslime in Deutschland e. V.

Dr. Dina El Omari, Münster, Westfälische Wilhelms- Universität Münster, Zentrum für Islamische Theologie, Nachwuchsgruppe "Theologie der Barmherzigkeit"

Cemile Giousouf MdB, Hagen, Integrationsbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Oberkirchenrat Dr. Detlef Görrig, Hannover, Referent für Interreligiösen Dialog im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

Dr. Timo Aytac Güzelmansur, Frankfurt, Geschäftsführer der Christlich-islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle der Deutschen Bischofskonferenz (CIBEDO)

Talat Kamran, Mannheim, Leiter des Mannheimer Insti- tuts für Integration und interreligiösen Dialog e.V.

Pfarrer Dr. Ludger Kaulig, Ahlen, Gemeindepfarrer, Beauftragter für den christlich-islamischen Dialog im Bistum Münster

Prof. Dr. Anja Middelbeck-Varwick, Berlin, Juniorprofes- sorin für Systematische Theologie an der FU Berlin im Seminar für Katholische Theologie mit dem Schwerpunkt "Theologie des interreligiösen Dialogs/christlich-muslimische Beziehungen"

Hamideh Mohagheghi, Hannover, Rechts- und Religionswissenschaftlerin und Theologin, Mitbegründerin des islamischen Frauennetzwerkes HUDA, Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Islamische Theologie an der Universität Paderborn – Fakultät für Kulturwissenschaften

Rabeya Müller, Köln, Islamwissenschaftlerin, muslimi- sche Theologin und Religionspädagogin, Leiterin des Instituts für interreligiöse Pädagogik und Didaktik in Köln, stv. Vorsitzende des Zentrums für Islamische Frauenforschung und Frauenförderung in Köln

Dr. Andreas Renz, München, Leiter des Fachbereichs Dialog der Religionen im Erzbischöflichen Ordinariat München, Lehrbeauftragter an der LMU München

Pfarrer Johannes Stein, Köln, Präses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), Mitglied des ZdK

Dr. Christian Ströbele, Stuttgart, Akademiereferent, Referat Interreligiöser Dialog der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Ständiger Gast: Stefan B. Eirich, Bonn, Rektor im ZdK, Generalsekretariat des ZdK

Geschäftsführung: Nathalie Pieper, Bonn, Generalsekretariat des ZdK

 

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