"Im Heute glauben" Der Gesprächsprozess der Deutschen Bischofskonferenz und Überlegungen zur Weiterarbeit.
Rede von Dr. Claudia Lücking-Michel im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) - es gilt das gesprochene Wort
Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe:
Sehr geehrte Damen und Herren,
namens der nach der letzten Vollversammlung durch das Präsidium eingesetzten Ad-hoc-Arbeitsgruppe "Nachfolgeprozess" gebe ich heute diesen Bericht ab, der eher ein Zwischenbericht denn ein abschließender Vorschlag ist. Ich spreche auch im Namen von Vizepräsident Dr. Christoph Braß, der das ZdK-Präsidium – auch als Mitglied der Katholikentagsleitung – bei den heutigen Feierlichkeiten in Leipzig zur Einweihung der Propsteikirche vertritt.
Die Arbeitsgruppe hat sich dreimal, am 16. Januar 2015, am 4. März 2015 und am 20. April 2015 getroffen. In die Beratungen einzubeziehen ist ein ausführlicher Tagesordnungspunkt in der Sitzung des Hauptausschusses am 23. Januar 2015. Mitglieder der AG waren für das Präsidium die Vizepräsidenten Lücking-Michel und Braß, für die Räte Wolfgang Klose und Frau Dr. Herta Brinkmann, für die Verbände Wolfgang Ehrenlechner und Barbara Breher und für die Einzelpersönlichkeiten Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl und Frau Prof. Dr. Dorothea Sattler. Die Geschäftsführung hatte Dr. Vesper.
Unsere Beratungen hatten vier Themenschwerpunkte, die ich im Folgenden als Gliederung nutze:
1. Wie kommt der Dialogprozess zu einem guten Abschluss und was ist in Vorbereitung auf die letzte Dialogtagung am 11./12. September 2015 in Würzburg zu tun?
2. Welche Voraussetzungen und Chancen hat eine Gemeinsame Synode und wie kommen wir zu einer stärkeren entscheidungsrelevanten Mitwirkung der Laien?
3. Wie könnte eine gestärkte Rolle der Gemeinsamen Konferenz aussehen?
4. Was schlagen wir der Bischofskonferenz für den weiteren Weg nach dem Dialogprozess vor?
Zunächst zu 1. Wie kommt der Dialogprozess zu einem guten Abschluss und was ist in Vorbereitung auf die letzte Dialogtagung am 11./12. September 2015 in Würzburg zu tun?
Die Septembersitzung wird die 5. Jahrestagung im Rahmen des Dialogprozesses sein. Nachdem die ersten drei Jahrestagungen ohne Beteiligung von Personen aus den teilnehmenden Gruppen vorbereitet wurde, ist schon die letzte Jahrestagung mit einer Vorbereitungsgruppe im Vorfeld diskutiert worden. Auch dieses Mal war dies der Fall. Am Montag, 2. März 2015, hat es ein Treffen auf Einladung von P. Langendörfer gegeben hat, an dem im Auftrag des ZdK-Präsidiums Birgit Mock und auf eigene Einladung durch die DBK auch Prof. Cremer (Caritas) und Wolfgang Ehrenlechner (BDKJ) teilnahmen sowie etwa sechs weitere Personen aus verschiedenen "Herkünften".
In diesem Treffen wurden die weiteren Überlegungen der DBK deutlich:
In Würzburg soll in bilanzierender Absicht über zwei Papiere beraten werden. Zum ersten Text: Die Steuerungsgruppe der Bischöfe (Kardinal Marx, Bischof Bode und Bischof Overbeck) hat die Anregungen aus Magdeburg aufgegriffen und zusammen mit dem Ständigen Rat angeregt, dass in Würzburg ein deskriptiver "qualifizierter Bericht" über den Gesprächsprozess beraten und verabschiedet werden soll. Ein erster Entwurf hierfür wurde bereits im Ständigen Rat im April gutgeheißen. Er soll nun in einem neuen Treffen der erwähnten Gruppe am 18. Mai 2015 beraten werden (an der wiederum Mock, Cremer und Ehrenlechner teilnehmen werden). Er soll dann vom Ständigen Rat im Juni als endgültige Vorlage fixiert und an alle Anwesenden in Würzburg vorab versandt werden, um als Beratungs- und Beschlussvorlage für das Treffen am 11./12. September 2015 zu dienen.
Dieser Text soll also auf der Versammlung als Abschlussdokument von allen Anwesenden beraten und verabschiedet werden.
Wir haben guten Grund anzunehmen, dass mit diesem qualifizierten Abschlussbericht ein realistischer, konkreter, sachgemäßer und korrekter Bericht über den Verlauf des Dialogprozesses vorgelegt werden wird, der auch alle angesprochenen kritischen Fragen vorstellt und ihnen nicht ausweicht, sondern sie pointiert und "eins zu eins" wiedergibt.
Unsere Aufgabe ist es, diesen Text, wenn er denn im Entwurf offiziell vorliegt, aufmerksam zu studieren und seine weitere Erstellung durch entsprechende Formulierungen und Ergänzungen zu begleiten auf der Basis unserer Erfahrungen bei den Dialog-Jahrestreffen und immer auch auf der Basis unserer Beratungen und der Beschlüsse im ZdK.
Ich sprach oben von zwei Papieren. Der andere Text, der in Würzburg beraten werden soll, ist eine "perspektivisch-prospektive" Botschaft der Bischöfe, wie es weitergehen soll.
Auch dieses Papier soll zu Würzburg vorliegen, ist aber und bleibt aber ein Papier der Bischöfe, die es im Ständigen Rat im November verabschieden werden.
Aus jetziger Sicht sage ich – bei allen noch bestehenden Unklarheiten: In Würzburg ist ein gutes abschließendes Treffen zu erwarten, das korrekt und ehrlich über die Jahrestreffen und alle ihre Fragen und damit über die in der Kirche unseres Landes diskutierten Themen berichtet. Das Präsidium hat erneut eine 15köpfige Delegation benannt, schwerpunktmäßig aus Verbandsmitgliedern. Ich gehe davon aus, dass erneut wiederum sehr viele von Ihnen als Rätemitglieder in den jeweiligen diözesanen Delegationen sein werden.
So weit zunächst zu Würzburg, ich komme darauf zurück.
Zu 2. Welche Voraussetzungen und Chancen hat eine Gemeinsame Synode und wie kommen wir zu einer stärkeren entscheidungsrelevanten Mitwirkung der Laien?
Sie erinnern sich an unsere intensiven Debatten in der Novembervollversammlung. Sie führte u.a. zur Einrichtung unserer Arbeitsgruppe, aber auch zu einer intensiven Debatte im Hauptausschuss am 23. Januar 2015. Als kirchenrechtlicher Fachexperte stand uns Prof. Dr. Thomas Schüller, Münster, zur Seite.
Prof. Schüller ging auf die Beratungen der Würzburger Synode ein, die weniger durch ihre Beschlüsse als vielmehr durch die Wirkungsgeschichte ihrer Ergebnisse gewirkt haben. Viele Beschlüsse seien allerdings leider bis heute nicht vom Vatikan bearbeitet. Da die Würzburger Synode noch zu Zeiten vor Inkrafttreten des neuen Kirchenrechts von 1983 getagt habe, würden für heute andere kirchenrechtliche Rahmenbedingungen gelten.
Um es sehr hart zu sagen: Das neue Kirchenrecht setzt Synoden, sog. Plenarkonzilien, enge Schranken. Man kann die entsprechenden Canones in wenigen Minuten nachlesen. Prof. Schüller hat die Situation in einem Beitrag der KMF-ND-Zeitschrift Hirschberg zusammengefasst[1] (den Link finden Sie gleich im Manuskript meiner Rede). Lassen Sie mich einiges zitieren:
- Falls eine Bischofskonferenz beschließt, eine Synode (Plenarkonzil) durchzuführen ist die Genehmigung des Apostolischen Stuhles einzuholen, bevor sie einberufen werden kann. Den Vorsitz muss ein Diözesanbischof innehaben.
- Die Beratungsgegenstände eines Plenarkonzils sind begrenzt: "Das Plenarkonzil kann daher, unter Eingehen auf die pastoralen Erfordernisse des Gottesvolkes im Gebiet der Bischofskonferenz solche Verfügungen treffen, die dem Wachstum des Glaubens, der Leitung des gemeinsamen pastoralen Wirkens, der Ordnung der Sitten sowie der Bewahrung, Einführung und dem Schutz der allgemeinen kirchlichen Disziplin dienlich sind. Keinesfalls kann das Partikularkonzil jedoch Lehren des Glaubens oder der Sitten definieren bzw. etwaige Änderungen vornehmen oder gar verfügen; dies kommt allein dem Papst und dem Bischofskollegium zu“.
- Bei den Teilnehmern sind, und wieder zitiere ich Schüller, "zwei Kategorien zu unterscheiden: solche mit beschließendem Stimmrecht (votum deliberativum) und solche mit beratendem Stimmrecht (votum consultativum). Dazu können ferner Gäste treten (c. 443 § 6 CIC), die weder beratendes noch beschließendes Stimmrecht besitzen; hier ist z.B. an Vertreter anderer christlicher Kirchen und Gemeinschaften zu denken." Teilnehmer mit Stimmrecht sind ausschließlich Bischöfe.
- Teilnehmer mit beratendem Stimmrecht haben das Recht zur Wortmeldung, sind aber nicht am endgültigen Ergebnis durch Abstimmung beteiligt. Eingeladen werden müssen: die Generalvikare und die Bischofsvikare aller Teilkirchen des Gebietes (c. 443, § 3, 1° CIC), dazu die höheren Oberen der Ordensinstitute und der Gesellschaften des apostolischen Lebens. Die Teilnehmer sind von allen höheren Oberen der Institute und Gesellschaften, die ihren Sitz in Deutschland haben, zu wählen, die zu wählende Anzahl wird von der Bischofskonferenz bestimmt (c. 443 § 3, 2° CIC). Ferner sind einzuladen die Rektoren der kirchlichen und der katholischen Universitäten und die Dekane der kanonistischen und theologischen Fakultäten in Deutschland (c. 443 § 3, 3° CIC) sowie einige Regenten der Priesterseminare. (…) Zusätzlich können weiterhin mit beratendem Stimmrecht Priester sowie andere Gläubige eingeladen werden, d.h. Ordensleute, Männer und Frauen. C. 443 § 4 CIC verlangt jedoch, dass die Zahl dieser zusätzlich geladenen Teilnehmer nicht die Hälfte der Teilnahmeberechtigten mit entscheidendem und beratendem Stimmrecht (c. 443 §§ 1-3 CIC) übersteigt." Soweit Thomas Schüller.
- Nach Beendigung des Plenarkonzils muss der Vorsitzende alle Akten an den Apostolischen Stuhl übersenden. Nochmals Thomas Schüller: "Beschlossene Dekrete des Konzils dürfen nicht promulgiert werden, bis der Apostolische Stuhl diese rekognosziert hat (c. 446 CIC). Gegenstand dieser Überprüfung ist wohl vor allem die Kompatibilität der Beschlüsse mit dem ius commune und dem depositum fidei. Die Zuständigkeit liegt auch hier wiederum bei der Bischofskongregation, ggf. nach Beratung mit den entsprechenden Dikasterien, zum Beispiel dem Päpstlichen Rat für die Auslegung von Gesetzestexten (PCLT) und der Glaubenskongregation. "
- Schüller kommt zu folgendem Fazit: "Aufgrund der dargestellten Rechtslage im Codex von 1983 zum Plenarkonzil ist die Durchführung einer deutschen Nationalsynode nach dem Vorbild der Würzburger Synode nicht möglich. Berufene Priester, Diakone und Laien, die mit den Bischöfen das Volk Gottes abbilden, besitzen 'nur' beratende Stimme. Dennoch warnen Hallermann und Aymans davor, dieses Faktum des nur beratenden Stimmrechts gering zu schätzen. Mit Verweis auf c. 228 § 2 CIC sei es ein 'wesentlicher Bestandteil des konziliaren Elementes der Kirchenverfassung und besteht in erster Linie in dem Recht, sich gemäß der Konzilsordnung zu Wort zu melden und frei seine Meinung zur Sache äußern zu können'. Angesichts der deutschen Mentalität jedoch, dass nur der wirklich zählt, der nach Beratung mitentscheidet, ist kritisch zu fragen, ob dem ZdK und den deutschen Bischöfen diese Bestimmung des kirchlichen Gesetzbuches genügt, die freilich weiterhin voraussetzt, das die Teilnehmer des Plenarkonzils, die beraten werden, letztlich auch beraten werden wollen. Damit muss auch die Bereitschaft verbunden sein, von eigenen Positionen und Meinungen Abstand zu nehmen, weil man im Rat der Gläubigen wichtige neue Erkenntnisse finden kann, die zu einer Veränderung der eigenen Meinung führen können. Dies setzt umgekehrt bei den ratenden Gläubigen die Bereitschaft voraus, nicht nach bloßen Mehrheiten für die eigene Position zu schauen, sondern im Beratungsprozess möglichst nach einer einvernehmlichen Lösung Ausschau zu halten".
-Es ist also klar: Um also eine Nationalsynode nach Würzburger Vorbild durchführen zu können, müsste die Deutsche Bischofskonferenz in Rom in zahlreichen Fragen zu Stimmrecht, Beteiligung, Themen und vielem anderen um Dispens oder Ausnahmeregelungen bitten.
Ist dies ein realistisches Ziel? Und vor allem: Ist diese Form der Abhängigkeit von römischen Ausnahmegenehmigungen für uns ein erstrebenswertes Ziel?
Schüller schreibt zwar: "Angesichts der aktuellen kirchenpolitischen Lage, in der Papst Franziskus die freie Rede wünscht und damit auch die Partizipation der Gläubigen in rechtlich verbindlicher Form, ist es allein eine Frage des politischen Willens der Deutschen Bischofskonferenz, ein solches Gesuch zu stellen und sich mit Nachdruck in Rom für ihren positiven Bescheid einzusetzen." Trotzdem überwog im Hauptausschuss und in unserer Arbeitsgruppe mit sehr großer Mehrheit die Skepsis, ob dieser Weg sinnvoll ist.
Noch einmal und abschließend Schüller: "Von zentraler Bedeutung für die Entscheidung, ein Plenarkonzil durchzuführen oder nicht, ist m.E. aber auch, welche diözesanübergreifenden Themen auf dieser Nationalsynode überhaupt besprochen und entschieden werden sollen. Die Würzburger Synode stand noch ganz im Zeichen des II. Vaticanum und der konkreten Umsetzung seiner Impulse für die Pastoral. Nur wenn solche Themen identifiziert werden können, lohnt das Projekt der Durchführung einer Nationalsynode. Dabei sollte allen Beteiligten klar sein, dass aus römischer Perspektive Themen, die der universalkirchlichen Klärung vorbehalten sind – Stichworte wie Weiheämter für Frauen, Umgang mit wiederverheiraten Geschiedenen, Pflichtzölibat, Ausweitung der Ökumene seien hier beispielhaft genannt –, nicht Beratungsgegenstände auf einem Plenarkonzil sein dürfen."
Nach ausführlichen und abwägenden Diskussionen kommt die AG zu dem Entschluss, das Projekt einer Gemeinsamen Synode derzeit nicht zu verfolgen. Das heißt nicht, dass uns synodale Strukturen und synodale Prozesse in unserer Kirche nicht weiter wichtig wären. Präsident Glück hat in den vergangenen Tagen einigen Personen, die sich brieflich an ihn gewandt haben, geschrieben: "Im Hinblick auf die notwendige stärkere Beteiligung der Laien an der Willensbildung in der katholischen Kirche besteht bei mir und bei den Verantwortlichen in der Leitung des ZdK kein Zweifel. Die konkrete Frage ist, ob gegenwärtig das Projekt einer gemeinsamen Synode hier weiterführt. Kann es damit also konkret fassbare Prozesse geben – oder begnügen wir uns mit der Demonstration des Anspruchs durch eine solche Forderung? Die kirchenrechtliche Situation ist so eindeutig, dass gegenwärtig eine Initiative in diese Richtung uns nur jahrelang beschäftigen, aber zu keinem konkreten Ergebnis führen würde."
Allerdings heißt das für uns jetzt nicht, "nichts zu tun!"
Vielmehr haben wir uns in einer intensiven Diskussion damit beschäftigt, was es heißt, zu einer stärkeren "entscheidungsrelevanten Mitwirkung" zu kommen, oder, in anderen Worten, zu einer wirksameren Einbindung katholischer Laien in die zentralen Entscheidungen kirchlichen Lebens.
Lassen Sie mich hierzu einige Überlegungen vortragen. Ich stütze mich dabei u.a. auf eine Ausarbeitung von Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl für unsere AG. (Aus Zeitgründen kürze ich diese Überlegungen, die Langfassung finden Sie im Text).
Im gemeinsamen Ringen um die konkrete Gestaltung kirchlichen Lebens in Deutschland und den weiteren Weg der Kirche insgesamt gibt es ein Defizit: Zwar sind weite Teile der Kirche in die (dialogischen) Suchbewegungen eingebunden. Offen bleibt aber die Relevanz all dieser Beratungen für die konkrete Entscheidungsfindung. Sollte dieses Defizit nicht grundsätzlich gelöst werden, wird die Bereitschaft vieler engagierter Laien, sich im Sinne ihres apostolischen Auftrags auch in die Gestaltung des kirchlichen Lebens einzubringen, weiter schwinden.
Darum müssen geeignete Formen und Instrumente ermittelt werden, um auch ohne eine Synode den Stellenwert entscheidungsrelevanter Mitwirkung substantiell zu stärken und auf Dauer institutionell zu verankern. Auf nationaler Ebene erscheint die Gemeinsame Konferenz als derzeit bereits verfügbare und grundsätzlich geeignete Plattform. Dazu aber später.
Was meint "entscheidungsrelevante Mitwirkung"? Gemeint ist hier ein breites Spektrum gestufter Verbindlichkeiten. Grundlage ist, dass die Mitwirkung überhaupt zu förmlich festzustellenden Ergebnissen führt und diese wiederum zur Umsetzung gelangen. Die stärkste Form besteht in der unmittelbaren und unvertretbaren Mitwirkung bei der Feststellung einer Entscheidung durch Beschluss und Anordnung zur Umsetzung. Sie beginnt freilich bereits bei der verbindlichen Einbindung in die Entscheidungsfindung über Positionen oder Regelungen und der Gewissheit, dass die vorgebrachten Argumente und Überlegungen bei der Entscheidungsfeststellung berücksichtigt und angemessen gewürdigt werden. Es widerspricht nicht dem Prinzip der entscheidungsrelevanten Mitwirkung, wenn diese Abstufungen bereichsspezifisch vorgenommen werden bzw. zwischen Teilbereichen kirchlichen Lebens variieren.
Gemeinsamer Kern aller entscheidungsrelevanten Mitwirkung ist die Verbindlichkeit einer qualitativ gehaltvollen Beratung im Prozess der Entscheidungsfindung. Eine qualitativ gehaltvolle Beratung umfasst grundsätzlich drei Modi: Konsultation, Deliberation und Advokation. Konsultative Beratung ermittelt alle erheblichen Gesichtspunkte zur Klärung einer Sachfrage. Schon sie setzt voraus, dass allen Beteiligten alle wesentlichen Informationen zur Verfügung stehen. Deliberative Beratung besteht im gemeinsamen Erwägen und Gewichten von Informationen und Gesichtspunkten, um zu überzeugenden Entscheidungen kommen zu können. Unabhängig von den unterschiedlichen Rollen, die die Beratungsteilnehmer bei der Entscheidungsfeststellung einnehmen mögen, erfolgen deliberative Beratungen grundsätzlich auf gleicher Augenhöhe. Eine Sonderform von Beratung besteht in einer advokatorischen Zuspitzung. In ihr erheben Beteiligte ausdrücklich Widerspruch immer dann, wenn eine herrschende Meinung elementare Aspekte übersieht oder achtlos beiseite schiebt. Can. 203 § 3 sagt: "Entsprechend ihrem Wissen, ihrer Zuständigkeit und ihrer hervorragenden Stellung haben sie [alle Gläubige] das recht und bisweilen sogar die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angehet, den geistlichen Hirten mitzuteilen (…)."
Theologische Grundlage für die ergebnisrelevante Mitwirkung sind das gemeinsame Priestertum aller Getauften und Gefirmten, die auch den Laien Anteil am dreifachen Amt Christi (priesterliches, prophetisches sowie königliches Amt) und beim priesterlichen Amt insbesondere Anteil an der Trias des Heiligens, des Lehrens sowie des Leitens zumutet (vgl. LG 32). Theologische Grundlage für die abgestuften Mitwirkungsmöglichkeiten bei Entscheidungen im Kontext gemeinsam priesterlichen Handelns ist das besondere Magisterium, das dem (geweihten) Priestertum des Dienstes eignet (und vorbehalten ist).
Man kann bereichsspezifische Abstufungen unterscheiden:
- Schwache Mitwirkung
bei unmittelbar bindenden Entscheidungen des Lehramtes in fidelibus et moribus
- Mittlere Mitwirkung
bei allen Entscheidungen, in denen Laien qua Amt, in das sie vom Ortsordinarius ausdrücklich berufen sind;
hier sind auch die verpflichtende Mitberatung bei allen Zuständigkeiten der DBK und transparente Kommunikations- und Entscheidungswege (Gemeinsame Konferenz) zu nennen
- Starke Mitwirkung
Finanzen, Haushalte
Finanzverantwortung bei allen kirchlichen Haushalten im Sinne voll legitimierter Budgetrechte
Zu wünschen wäre, auch in anderen Fragen, z.B. bei den Bischofsernennungen, zu stärkerem Mitwirkungsrecht zu kommen (im Sinne der altkirchlichen Praxis: keine Bischofsernennung von oben ohne oder gegen die Zustimmung der Basis im Bistum).
Diese Gedanken leiten schon über zu meinem 3. Punkt.
Zu 3. Wie könnte eine gestärkte Rolle der Gemeinsamen Konferenz aussehen?
Wesentliche Elemente der Geschäftsordnung lassen es zu, die Gemeinsame Konferenz zu stärken. Man schaue sich ihre beschlossenen und verbrieften Aufgaben an:
§ 2 Aufgabe
(1) Die Gemeinsame Konferenz berät kirchliche Aufgaben auf überdiözesaner Ebene, die sich der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken gemeinsam stellen. Sie empfiehlt der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken je nach Zuständigkeit die Durchführung entsprechender Maßnahmen.
(2) Im Einzelnen hat die Gemeinsame Konferenz die Aufgabe:
a) die Entwicklung in Kirche und Gesellschaft, auch im übernationalen Bereich, zu beobachten, Anregungen zu notwendigen Maßnahmen zu geben und die Fortentwicklung zu verfolgen, insbesondere hat sie die Fragen zu beraten, die die Weiterführung der von der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Entwicklung in der Durchführung der Beschlüsse des II. Vatikanums betreffen,
b) Fragen des Laienapostolats, insbesondere der katholischen Verbände und der Strukturen der Mitverantwortung in der Kirche, die sich der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken gemeinsam stellen, zu beraten,
c) wechselseitig über Arbeitsvorhaben der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sowie über deren Durchführung zu unterrichten,
d) den Bericht des Vorsitzenden des Verbandes der Diözesen Deutschlands gemäß Teil IV Nr. 4.2.6 des Beschlusses der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland "Verantwortung des ganzen Gottesvolkes für die Sendung der Kirche" zu erörtern und Vorschläge für die Schwerpunktbildung im Haushalt des Verbandes der Diözesen Deutschlands zu erarbeiten, (…)
In den Beratungen ist, das ist selbstkritisch zu sagen, auch deutlich geworden, dass wir selbst manche Punkte nicht (mehr) ernst genommen, jedenfalls schleifen gelassen haben, wie etwa die i §2d) verbriefte Entgegennahme und Erörterung des Berichts des VDD-Vorsitzendem zu den Finanzen auf Bundesebene.
Von der Möglichkeit, Presseveröffentlichungen zu verabschieden sollte deutlich mehr Gebrauch gemacht werden.
Ebenso von der Möglichkeit, Beiräte einzurichten.
Die Gemeinsame Konferenz (GK) ist also eine Chance für beide, für DBK und ZdK, wie die nebenstehende Grafik gezeigt.
Klar ist aber auch, dass die GK nicht "über" der VV des ZdK und seinen Strukturen und der Vollversammlung der DBK und ihren Strukturen stehen kann. Das würden beide Seiten nicht wollen – und es ginge schon kirchenrechtlich auf Seiten der DBK nicht.
Klar ist drittens, dass man seitens des ZdK einen Katalog von Punkten formulieren – und in die bestehende GK schon jetzt einbringen – könnte, der stärkere entscheidungsrelevante Partizipation befördern könnte. Einfaches Beispiel: Derzeit beruft die DBK z.B. die Gremien von Renovabis "auf Vorschlag der GK". Warum kann man das nicht umdrehen, so dass die GK beruft auf Vorschlag von DBK und ZdK? Dies ist aber nur ein kleines Beispiel. Es wäre ein größeres Reformprogramm zu entwickeln, das aber nicht aus Globalforderungen besteht, sondern aus konkreten und konkret terminierbaren Zielvorstellungen, Aufgaben bzw. Arbeitsvorhaben.
In den letzten Jahren hat es in der Gemeinsamen Konferenz zwei solcher "handfesten" Ergebnisse gegeben: Die Arbeitsthesen des Beirats "Priester und Laien" und eine Orientierungshilfe zum Ethischen Investment, die die GK, so hoffen wir, am 3.7.2015 endgültig verabschieden und veröffentlichen wird.
Es müsste darüber hinaus auch ein Weg weiter beraten werden, in die GK weitere verantwortliche und relevante Befugnisse zu integrieren und insofern die Geschäftsordnung der GK zu erweitern bzw. zu ergänzen. Dies zeigt das Schaubild.
Aspekte hierzu könnten sein:
- Stärkere Abstimmung und Absprache bei gesellschaftlichen Themen (ethische, caritativ-soziale Fragen …)
- Stärkere Mitwirkung bei internen Fragen, z.B. Bestellung der Beraterinnen und Berater in den DBK-Kommissionen
- Stärkere Absprache in ökumenischen Fragen
- Stärkere Beteiligung im Vorfeld der Bischofswahlen
- Wiederaufnahme der Fragen rund um den Synodenbeschluss zur kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit (hier gibt es allerdings auch Skepsis in der Ad-hoc Gruppe, da das Thema eine weltkirchliche Komponente hat).
- Stärkere, entscheidungsrelevante Beteiligung des ZdK an den VDD-Finanzstrukturen
All dies ist aber noch kein fixiertes "Arbeitsprogramm". Hierfür bräuchten wir gut überlegte Konzepte und auch entsprechende Beschlüsse. Wir wollen keine Schnellschüsse machen, wir müssen solche Fragen und Konzepte ausführlich und in Ruhe beraten. Ich sage nochmals, das ist ein Zwischenstand.
Das alles wären aber Hausaufgaben für uns im ZdK – und sie wären eben auch Früchte des Dialogprozesses und Elemente der Weiterarbeit.
Zu 4. Was schlagen wir der Bischofskonferenz für den weiteren Weg nach dem Dialogprozess vor?
-Von Anfang an war klar, dass wir auch einen Vorschlag erarbeiten müssen zu der Frage, wie nach Würzburg 2015 und somit nach dem Dialogprozess weitergearbeitet werden soll. Was schlagen wir ZdK-seitig der DBK vor – neben allem, was wir oben zur GK gesagt haben?
Beginnen möchte ich zunächst mit zwei Merkposten.
Schaut man sich alle in den Dialogprozess einbezogenen Gruppen an, so sind außer den Bischöfen und den Ordensleuten fast alle im ZdK durch eigene Verantwortliche auf Seiten der Räte oder der Organisationen vertreten. Zwei Gruppen sind nicht vertreten: die Priester und die Theologieprofessorinnen und -professoren.
- Es ist also zu überlegen, ob die AGKOD leicht erweitert wird. Es ist zu überlegen, ob der Theologische Fakultätentag nicht, wie andere Institutionen oder Organisationen auch, über die AGKOD drei Mitglieder ins Zentralkomitee schicken könnte. Es sind zwar, sehr wenige, Theologinnen und Theologen auf Seiten der Räte, der Verbände oder der Einzelpersönlichkeiten Mitglied des ZdK. Der Theologische Fakultätentag ist jedoch als Institution nicht vertreten und wäre eine wichtige Größe innerhalb des Gefüges der AGKOD.
- Ein weiterer Merkposten betrifft die institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen DBK, ZdK und DOK. Die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) ist auch aus Laiensicht ein wichtiger Partner im Trialog. Bisher ist die Generalsekretärin oder der Generalsekretär der DOK ständiger Gast bei unseren ZdK-Vollversammlungen. Weitere institutionalisierte und regelmäßige Treffen gibt es jedoch nicht. Wir sollten anregen, dass einmal im Jahr die Präsidien oder Vorsitzenden von DBK, ZdK und DOK zum Austausch zusammenkommen.
Offen bleibt, wo und wie sich die Priester vertreten wissen wollen, die bei den Dialogtreffen ja auch mit eigenen Delegationen vertreten waren. Hier wäre es gut, in einer Begegnung mit gewählten Verantwortlichen aus diesem Bereich einmal auszuloten, wie diese Frage beantwortet werden kann.
Was ist also jetzt zu tun? Unser Grundsatz ist: Die Beratung "heißer Eisen", die im Dialogprozess mehr oder weniger intensiv angefasst wurden, darf nach dessen Ende nicht einfach ad acta gelegt werden. Vielmehr müssen Fragen, die die Menschen in der Kirche bewegen, weiter ehrlich diskutiert und wo immer möglich einer Lösung zugeführt werden.
Zu einigen zentralen Themen und Problemstellungen, die im Dialogprozess angerissen wurden, sollten – am besten durch die Gemeinsame Konferenz - gemischte Gremien (Bischofskonferenz, ZdK, ggf. auch weitere Akteure) eingesetzt werden, die konkrete Lösungsvorschläge erarbeiten. Diese Themen sollten für die inner- und außerkirchliche Öffentlichkeit Relevanz besitzen, zugleich müssen sie einer Lösung im Kompromiss zugänglich sein und sie müssen nach Möglichkeit „unterhalb von Rom“, hier in Deutschland gelöst werden können.
Wir halten es für wichtig, dass die Ergebnisse dieser Nachfolgearbeit nach etwa einem Jahr in einer gemeinsamen Arbeitstagung, die durch die Gemeinsame Konferenz verantwortet und geplant werden sollte, vorgestellt werden. An dieser Auswertungstagung im Herbst 2016 müssten wieder alle Gruppen beteiligt werden, die auch am Dialogprozess beteiligt waren.
Es braucht also, zusammengefasst, einen von der Gemeinsamen Konferenz – als Steuerinstrument des Nachfolgeprozesses – getragenen strukturierten Weg der Weiterarbeit.
Soweit, sehr geehrte Damen und Herren, mein Bericht, der wie gesagt eher ein Zwischenstand und Zwischenbericht als ein Abschlusspapier ist. Ich freue mich auf eine anregende Diskussion. Auch die anderen Mitglieder der Ad-hoc Arbeitsgruppe, die anwesend sind, bitte ich mitzudiskutieren, mich ggf. zu ergänzen oder auch zu korrigieren oder evtl. andere Aspekte einzubringen oder die Dinge anders zu gewichten. Ich freue mich nun auf die Aussprache!
Vizepräsidentin Dr. Claudia Lücking-Michel MdB
[1] http://www.kmf-net.de/synode/id-1-grundlegungen/aus-dem-kirchenrecht.html