Der Weltklimagipfel in Paris 2015 – Wendepunkt für unsere Erde!

Erklärung des Hauptausschusses des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)

Der von Menschen verursachte Klimawandel kostet Menschenleben – schon jetzt und vor allem in den von Armut betroffenen Regionen unserer Erde. Christinnen und Christen stehen in besonderer Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung als Lebens­grundlage für alle Menschen auf der Welt und für zukünftige Generationen.

In den kommenden Monaten erfolgen auf europäischer und internationaler Ebene Verhand­lungen und Vorgespräche zum geplanten und notwendigen Anschlussabkommen zum Kyoto-Protokoll, welches auf dem Weltklimagipfel im Dezember 2015 in Paris verab­schiedet werden soll. Im Hinblick darauf erneuert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) mit Nachdruck seine 2008 dargelegten Forderungen aus der Erklärung "Schöpfungsverantwortung wahrnehmen – jetzt handeln" und fordert umfassende Anstrengungen für den Klimaschutz. Das ZdK fordert die Bundesregierung auf, eine klimapolitische Vorreiterrolle einzunehmen und sich dadurch intensiv in die Verhandlungen einzubringen.

Klimaschutz am Zwei-Grad-Limit ausrichten

Von Menschen verantwortete Emissionen von Treibhausgasen, insbesondere von CO2, haben hauptsächlich seit Beginn der Industrialisierung zu einer messbaren globalen Erderwärmung geführt. Trotz diverser Anstrengungen zum Klimaschutz in den vergangenen Jahren fehlt weltweit der politische Wille, die zukünftige Klimaerwärmung zumindest auf ein Mindestmaß einzudämmen. Die verschiedenen Berichte des internationalen Weltklima­rats – dem "International Panel on Climate Chance (IPCC)" – zeigen, mit welchen Klimaänderungen aufgrund der Emissionen der letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte sowie der zu erwartenden Emissionen in Zukunft zu rechnen ist. Dem aktuellen 5. IPCC-Sachstands­­bericht zufolge sind die weltweiten Treibhausgas-Emissionen durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, aber auch durch kurzsichtige Energiepolitik, mit zunehmender Geschwindigkeit angestiegen. Auch Effizienzsteigerungen wurden durch den anders begründeten Zuwachs wieder ausgeglichen und zum Teil sogar übertroffen (Rebound-Effekt). Gleichwohl ist nach Einschätzung des IPCC die Begrenzung der Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau noch möglich. Hierfür müssten die CO2-Emissionen bereits bis zum Jahr 2030 drastisch sinken und bis zum Jahr 2050 auf einen Wert zwischen 40 Prozent und 70 Prozent unter den Wert von 2010 reduziert werden.

Industrienationen müssen Verantwortung übernehmen

Der Klimawandel hat besonders für die Länder des globalen Südens und arme Bevöl­kerungs­­gruppen in der Welt gravierende negative Folgen. Die betroffenen Regionen haben deutlich weniger Möglichkeiten, sich auf den Wandel einzustellen und auf ein verändertes Klima mit starken Wetterextremen zu reagieren. Dies gilt besonders für die auf ihre landwirtschaftlichen Strukturen angewiesenen Regionen, unter anderem in Teilen Afrikas und Asiens. Der Mangel an Nahrungsmitteln ist eine zwangsläufige Folge. Es liegt in der Verantwortung insbesondere reicher Industrienationen, durch eigenes Handeln die klimatischen Gegebenheiten in den südlichen Ländern nicht weiter zu verschärfen und sich für eine ambitionierte Klimapolitik einzusetzen.

Energieeinsparung und Energieeffizienz – die Ziele des deutschen Klimaschutzes

Zunächst muss dem Klimaschutz im nationalen Kontext eine hohe Bedeutung gegeben werden, um dadurch auch international eine Vorbildfunktion glaubhaft einnehmen zu können. Der in der jüngsten Vergangenheit wieder steigende Anstieg klimaschädlicher Emissionen in Deutschland zeigt, dass hier stärkere Anstrengungen notwendig sind. Dabei gilt es auch den Bereich, der nicht im europäischen Zertifikatehandel berücksichtigt ist, zu beachten. Eine weitere Steigerung des CO2-Ausstoßes in Deutschland muss unbedingt vermieden werden. Wir sind uns der persönlichen Verantwortung eines jeden Einzelnen für die Schöpfung, Erde und Umwelt bewusst. Hieraus ergibt sich unweigerlich die Verpflichtung zur Änderung unseres Lebensstils, wodurch wir mit unserem konkreten Handeln Beispiel geben. Aber auch die Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungs­träger in der deutschen Politik und Wirtschaft sind aufgefordert, bessere Rahmenbeding­ungen für einen wirksamen Klimaschutz zu schaffen. Dabei sollten alle Bereiche in den Blick genommen werden, die zur Emission beitragen, wie beispielsweise die Energie­versorgung, die Gebäudesanierung und der Wärmemarkt sowie der Verkehr und die Landwirtschaft. Für einen wirksamen Klimaschutz, der mit Hilfe des europäischen Zertifikatehandels konventionelle Kraftwerke durch Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbare Energien ersetzt, gilt es darüber hinaus auf eine Vermeidung der aktuellen Energieverschwendung hinzuwirken.

Reformierter Zertifikatehandel als wichtiges Instrument für das Zwei-Grad-Limit

Ein wichtiger Schritt hin zu weltweiten Klimazielen ist eine Einigung im europäischen Umfeld. Die derzeit diskutierten Klimaziele zur Reduktion des Treibhausgasausstoßes, zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und zur Verringerung des Endenergieverbrauchs sind zu schwach, um einen angemessenen europäischen Beitrag zu leisten. Für die Zeit nach 2020 steht es an, ambitionierte Ziele auf europäischer Ebene zu formulieren und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Ein funktionierender Emissionshandel mit entsprechenden Zertifizierungen kann als ein geeignetes Instrument dazugehören. Dafür ist zunächst eine rasche und entschlossene Reform des Zertifikatehandels erforderlich. Das ZdK unterstützt alle Bemühungen, die dazu führen, den Zertifikatehandel so bald wie möglich zu einem anspruchsvollen und den europäischen Zielen wieder dienlichem Instrument zu machen. Nur mit einem ambitionierten europaweiten Ziel zur Reduktion von CO2 erreichen wir verlässlich und kosteneffizient den angestrebten Ausstieg aus der Kohlenstoff-basierten Stromerzeugung auch auf europäischer Ebene.

Das ZdK fordert die europäischen Staaten auf, sich für die Zeit zwischen 2020 und 2050 auf eine Zielsetzung zu einigen, mit der eine, nach aktuellen Erkenntnissen, noch gerade tolerierbare Erderwärmung von zwei Grad eingehalten werden kann. Die entsprechende Reduzierung der Emissionen muss sich dabei nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen richten. Deutschland seinerseits sollte wie bisher eine Vorreiterfunktion für eine europäische Verständigung einnehmen. Dabei darf der beschlossene deutsche Atom­ausstieg nicht als Argument genutzt werden, um von weiteren erheblichen Anstrengungen auf europäischer Ebene abzulassen. Ein europäischer Klimaschutz muss einerseits eine konsequente Umsetzung eigener Maßnahmen, andererseits ein forciertes Einfordern von quantifizierbaren Zusagen der europäischen Nachbarstaaten und der internationalen Staaten­gemeinschaft beinhalten. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, bei den anstehenden europäischen und internationalen Verhandlungen engagiert für einen gemeinsamen Klimaschutz einzustehen.

Ambitionierter Klimaschutz muss internationale Querschnittsaufgabe sein

Für die anstehenden internationalen Verhandlungen fordert das ZdK zu einer großen globalen Anstrengung auf. Es muss um einen weltweiten Konsens gehen, klimaschädliche Emissionen zu reduzieren und Klimaschutz zu einer wichtigen und hochrangigen Thematik weltweit werden zu lassen. In unseren kirchlichen Organisationen, in der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und vor allem auch in der Politik und in den Parlamenten. Letztere sind gefordert, bei den Verhandlungen in Paris einen guten Anschluss an das Kyoto-Protokoll zu verabschieden. Nur dann kann auf absehbare Zeit eine entscheidende Reduzierung klimaschädlicher Emissionen erzielt werden. Bei den Verhandlungen sind insbesondere die Länder in der Pflicht, welche – gemessen an ihren pro Kopf Emissionen – bislang entscheidend zum Klimawandel beigetragen haben und jene, die technische wie finanzielle Möglichkeiten zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen haben. In zunehmendem Maß sind hier, neben den Industrienationen, die schnell wachsenden Schwellenländer gefragt. Deutschland trägt dabei als große Industrienation, die sich mit dem innovativen Projekt der Energiewende als Vorreiter sieht, in besonderem Maße Verantwortung, sich für das Thema einzusetzen und verbindliche Ziele für den Klimaschutz selbst zuzusagen und einzufordern.

Klimaschutz braucht die Akzeptanz und Mitwirkung der Bevölkerung

Ein besonderes Augenmerk kommt zudem der öffentlichen Diskussion und der Bewusst­seinsbildung der Bürgerinnen und Bürger zu. Hierbei gilt es den öffentlichen Diskurs zur Klimaentwicklung und zu einem konsequenten Klimaschutz zu befördern und das Themenfeld immer wieder in das Zentrum der gesellschaftlichen und politischen Debatte zu rücken. Die erforderliche Energiewende mit dem Ausbau erneuerbarer Energien, durch den Bau von Windkraftanlagen und ggfls. neuer Stromtrassen, bedingen Eingriffe in die Landschaft und die Natur. Es ist daher unerlässlich regelmäßig überzeugend zu begründen, wie wichtig Anstrengungen bei der Reduktion der CO2-Emissionen sind. Nur wenn es gelingt, die Zustimmung der Bevölkerung für einen Klimaschutz aufrecht zu erhalten, der auch die Lebenswelt jedes Einzelnen betrifft, kann ein derartiger notwendiger Veränderungsprozess erfolgreich sein, wie er in den nächsten Jahren und Jahrzehnten angegangen werden muss. Zielsetzung muss es dabei sein, einen Konsens für einen langfristig nachhaltigen Lebensstil zu entwickeln. Wir Christinnen und Christen sehen uns hier in der Verantwortung und werden in unseren kirchlichen Organisationen, Pfarrgemeinden und darüber hinaus unseren Beitrag leisten und nicht zuletzt die öffentliche Diskussion zum Klimaschutz in den kommenden Monaten positioniert begleiten.

Das ZdK appelliert an alle Beteiligten, besonders an die deutsche Bundesregierung, ambitionierte Klimaschutzziele zu vereinbaren, auf die sich die internationale Staatengemeinschaft als Ganze verpflichtet. Das Zwei-Grad-Limit muss dabei die Richtschnur sein. Nur so ist eine Erde zu erhalten, auf der alle Menschen noch viele Generationen gut leben können.

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