Religionsunterricht an Europäischen Schulen erhalten
Beschluss der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)
Konfessioneller Religionsunterricht ist ein unerlässlicher Beitrag zur Werteerziehung und zur Entfaltung der religiösen Dimension im Menschen und damit zur Identitätsfindung – in Deutschland und Europa.
Europaweit garantiert die Europäische Charta der Grundrechte in Artikel 10 jeder Person "das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung (…) durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen".
Entsprechend sieht die Schulordnung für die 14 bestehenden Europäischen Schulen der Kategorie I (u.a. in Brüssel, Luxemburg, München, Frankfurt am Main und Karlsruhe) sowie 8 Schulen der Kategorie II (u.a. in Bad Vilbel) den konfessionellen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach vor, der in Inhalt und Personalrekrutierung in Absprache mit den "religiösen Autoritäten" der Kirchen und Religionsgemeinschaften in der Muttersprache garantiert wird.
Die Vollversammlung des ZdK kritisiert, dass kürzlich dem als höchsten Entscheidungsgremium der Europäischen Schulen zuständigen "Obersten Rat" das Vorhaben unterbreitet wurde, den Religionsunterricht an den Sekundarstufen der Europäischen Schulen ab kommendem Schuljahr drastisch zu kürzen und in den obersten Jahrgangsstufen – in einer ersten Vorlage – sogar komplett auszusetzen. Sie nimmt zwar mit Erleichterung zur Kenntnis, dass eine Entscheidung über dieses Vorhaben vorerst nicht angenommen wurde. Da aber der Oberste Schulrat die Arbeitsgruppe beauftragt hat, das Thema weiter zu analysieren und eine vollständige Reform der Sekundarstufe bis Dezember zur Entscheidung vorzulegen, wird das ZdK diesen Vorgang sehr aufmerksam weiterverfolgen.
Die Vollversammlung des ZdK appelliert daher an die Vertreter der nationalen Bildungsministerien – insbesondere an die Vertreter der Bundesrepublik Deutschland –, der Europäischen Kommission sowie Eltern- und Lehrervertreter im Obersten Rat, Abstand zu nehmen von den Kürzungsplänen und – im Gegenteil – gemeinsame Bestrebungen mit den Kirchen zu unternehmen, um den Religionsunterricht als festen Bestandteil des Lehrplans [...] zu erhalten und angesichts seiner besonderen Bedeutung für soziale Bildung und Identitätsstiftung weiter zu entwickeln und auszubauen.
Weiterhin fordert die Vollversammlung den Generalsekretär der Organisation der Europäischen Schulen dringlich dazu auf, bei der weiteren Ausarbeitung der Reformpläne fortan – wie von mehreren Delegationen im Obersten Schulrat gefordert – die mit der Erteilung des Religionsunterrichts betrauten religiösen Autoritäten zu konsultieren und sich mit ihnen zu konzertieren. Es ist höchst kritikwürdig, dass die Administration der Europäischen Schulen bisher gemeint hat, hierauf einfach verzichten zu können.
Es geht uns bei unserem Einsatz für dieses Thema nicht zuletzt auch darum, einem positiven Paradigma für den Umgang der Europäischen Institutionen mit Religionen Geltung zu verschaffen und zugleich an den Europäischen Schulen gemeinsam ein Leuchtturmprojekt modernen Religionsunterrichts für ganz Europa zu schaffen.