Grußwort bei der 5. Tagung der 11. Synode der EKD am 4.11.2012

Grußwort von Alois Glück -es gilt das gesprochene Wort.

Alois Glück

Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)

Anrede

Gerne überbringe ich Ihnen die Grüße der Katholischen Laienverbände Deutschlands. Erstmals spricht ein Vertreter der katholischen Laien bei Ihrer Synodalversammlung, dafür danken wir Ihnen herzlich.

"Zentralkomitee der deutschen Katholiken" – der Name dürfte den Meisten von Ihnen geläufig sein – trotzdem gilt wahrscheinlich auch die Einschätzung: Das ZdK, das unbekannte Wesen. Deshalb ist es sicher richtig und angemessen, wenn ich uns kurz vorstelle.

Die Wurzeln der Katholischen Laienbewegung und der Entwicklung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken gehen auf das Jahr 1848 zurück, in dem das Bürgertum mit einer Revolution auch die Freiheiten sich als Gemeinschaft zu organisieren erstritt. Zu dieser Geburtsstunde der Bürgergesellschaft begannen die katholischen Laien sich in Verbänden und Gemeinschaften zu organisieren und in Gesellschaft und Politik zu engagieren. Die katholischen Verbände haben die Entwicklung in der Kirche und in der Gesellschaft wesentlich mitgeprägt.

Das Zentralkomitee ist durch das Prinzip der Wahl aller Mitglieder und dem im Statut festgelegten und anerkannten Auftrag des kirchlichen Leitungsamtes die legitimierte Vertretung der katholischen Laien in Deutschland. In keinem anderen Land der katholischen Weltkirche gibt es eine vergleichbar selbstständige Laienbewegung!

Der Schwerpunkt der Aufgaben des Zentralkomitees liegt in den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und Aufgaben. Gerade in der gegenwärtigen Entwicklung der katholischen Kirche in Deutschland ist dem Zentralkomitee aber eine besondere Aufgabe für die innerkirchliche Diskussion und Meinungsbildung zugewachsen. Dafür stand und steht das Motto des letzten Katholikentages  "Einen neuen Aufbruch wagen!"

In den letzten zwei Jahren hat sich mit dem Dialogprozess in einem auch durchaus oft mühsamen Prozess allmählich eine neue innere Lebendigkeit in unserer Kirche entwickelt. So werden über viele Jahre hinweg tabuisierte oder verdrängte Themen wieder offen erörtert.

Zu unseren zentralen Anliegen und Aufgaben zählt die Ökumene. Im Mai 2011 haben wir unsere Erfahrungen und unsere Anliegen zur Ökumene und ihrer notwendigen Weiterentwicklung in einem Beschluss mit dem Titel  "Um der Menschen willen! – Plädoyer für eine lebensnahe Ökumene" zusammen gefasst. Wir haben dabei die vielfältigen Initiativen und Entwicklungen in den Gemeinden und Gemeinschaften gewürdigt und ebenso unsere Sorgen und unsere Ungeduld über manche Stagnation im Prozess der Ökumene zum Ausdruck gebracht. Wir registrieren, dass viele Christinnen und Christen heute nicht mehr länger auf offizielle ökumenische Ergebnisse warten wollen und sich ihren Weg suchen.

Ganz ausdrücklich sei aber an dieser Stelle festgehalten, dass wir nicht dafür plädieren, grundlegende theologische Fragestellungen auszuklammern und damit auch die jeweils eigene Identität und eigene Überzeugungen sozusagen in das Archiv zu stellen. Auf der Basis der Verdrängung kann auf Dauer keine gute gemeinsame Entwicklung wachsen.

Wir stellen aber auch fest und wollen dies mit Nachdruck immer wieder deutlich machen, dass es viel mehr Gemeinsamkeiten gibt als Trennendes. Dass es unendlich viele Möglichkeiten der gemeinsamen geistlichen Besinnung und des Gebetes und ebenso des gemeinsamen Handelns gibt.

So heißt es in unserer Entschließung u. a.:  "Eine Ökumene der Zukunft muss sich auf die Sorgen und Probleme der Menschen einlassen. Es geht dabei zunächst darum, sich gegenseitig als Gemeinschaft von Gläubigen wahrzunehmen, die je auf ihre Weise das Reich Gottes sucht und der deshalb alles andere dazugegeben wird. Auf diesem Weg kann man voneinander lernen, sich gegenseitig stützen, Mut machen und die Vielfalt gelebten Glaubens als Reichtum und Kraftquelle erleben." Und an anderer Stelle:

"Was ist nötig um der Menschen willen? Wo brauchen sie in den Nöten unserer Zeit die frohe Botschaft des Evangeliums, die gelebte Zuwendung in Pastoral und Diakonie, die ihre Ängste und Sorgen ernst nimmt. Denn – 'Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen unserer Zeit sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi'– dies hat Sorge und Sendung aller Christinnen und Christen zu sein, egal welcher Konfession."

 

Anrede

Für die Glaubwürdigkeit der Christen in Deutschland ist die Gestaltung des Jahres 2017 ein besonders wichtiges Ereignis. Christinnen und Christen und in besonderer Weise auch Nichtchristen werden sehr aufmerksam registrieren, wie die christlichen Konfessionen dieses Jahr gestalten. Es kann dabei nicht darum gehen, die eigene Identität zur Disposition zu stellen. Aber gerade in diesem Jahr muss besonders spürbar, ja unübersehbar werden, dass das Gemeinsame weit mehr ist als das Trennende und dass der Wille zum weiteren Zusammenwachsen trotz aller Hindernisse in diesem Jahr stärker denn je wird.

Gemeinsam ist uns auch die Not der Glaubensvermittlung. Man sagt wohl nicht zu Unrecht, dass noch nie so viele Menschen suchend nach Sinn und Orientierung für ihr Leben unterwegs waren wie gegenwärtig. Und es ist wohl auch zutreffend, dass die überwältigende Mehrheit dieser Suchenden das was sie suchen, nicht in den verfassten christlichen Kirchen erwartet. Das sollte uns allen schlaflose Nächte bereiten.

Es geht um die Aufgabe, die die ausschließliche Existenzberechtigung unserer Kirchen ist, nämlich den Menschen der jeweiligen und damit auch unserer Zeit die Botschaft des Evangeliums, die Botschaft des bedingungslos und grenzenlos liebenden Gottes, der sich in seinem Sohn Jesus Christus mitgeteilt hat, aufzuschließen und verständlich zu machen. Theodor Pindl hat dazu in  "Christ in der Gegenwart " ( Nr.43/2012) geschrieben:

 "Angesichts der verbreiteten Ratlosigkeit in den Kirchen, wie christlicher Glaube wieder an Attraktivität gewinnen könnte, ist ein respektvolles Hinhören auf den "Glaubenssinn " der Menschen gefragt, auf das, was sie bewegt, auf ihre Sehnsucht nach gelingendem Leben. Es geht nicht um kirchliche Aktionsprogramme oder Pastoralkonzepte."

 

Schließlich erleben wir in unserer Gesellschaft, dass Religion einerseits wieder einen neuen Stellenwert hat, andererseits dies aber nicht mehr zwangsläufig mit den christlichen Kirchen verbunden ist. Gleichzeitig wird unverändert  "christlichen Werten " für ein gutes Zusammenleben und für die Zukunft unserer Gesellschaft ein hoher Stellenwert gegeben. Wir spüren aber in den letzten Monaten auch, dass einer nicht geringen Zahl von Menschen das Gespür für die Bedingungen und die Ausdrucksformen des religiösen Lebens verloren gegangen ist. Wir müssen registrieren, dass sich auch eine neue Intoleranz gegen die Religion im Gewand einer kämpferisch-aufklärerischen Weltanschauung stark macht. Und wir werden lernen müssen, als Gläubige und als Kirchen, nicht nur in einer säkularen, sondern auch in einer zunehmend religiös-pluralen Gesellschaft zu leben. Wie definieren wir unsere eigene Rolle? Wie gehen wir mit dieser Entwicklung um?

 

Anrede

Nach den schrecklichen Erlebnissen mit dem Terror des Nationalsozialismus haben evangelische und katholische Christen nach 1945 die konfessionelle Trennung und Rivalität in der Politik überwunden und zu gemeinsamer gesellschaftlicher und politischer Verantwortung, zu gemeinsamem Handeln, gefunden. Ist nicht diese Zeit weltweiter Umbrüche und tiefer Veränderungen in unserer Gesellschaft mehr denn je als Auftrag für das gemeinsame Suchen und Handeln zu verstehen? Die wachsende Zahl von Krisen verlangt doch unseren Beitrag. Es wäre eine große Tragik und ein großes Versagen, wenn wir unser vor lauter Selbstbeschäftigung mit unseren Binnenthemen unseren großen Aufgaben in der Welt verweigern würden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken

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