Einführung Weiterentwicklung "Partnerschaftliches Zusammenwirken von Frauen und Männern in der Kirche"

von Dr. Claudia Lücking-Michel im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) -es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor fast genau einem Jahr, am 18.11.2011, haben wir hier in der Vollversammlung die Erklärung "Für ein partnerschaftliches Zusammenwirken von Frauen und Männern in der Kirche" verabschiedet. Sie erinnern sich: Nach einer ersten Debatte in der Frühjahrsvollversammlung in Erfurt im Mai 2011 und einem Konsultationsprozess über den Sommer hinweg haben wir uns gemeinsam für ein gerechtes Miteinander von Frauen und Männern in unserer Kirche ausgesprochen. Heute möchte ich nach einem Jahr Bilanz ziehen: Was ist seitdem geschehen? Wie haben wir den Beschluss umsetzen können? Was steht noch aus, und welche weiteren Schritte sind geplant?

Die erste Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Wir waren am Abend der Vollversammlung noch nicht vom Gottesdienst zurück, da gab es schon eine Antwort der Deutschen Bischofskonferenz auf unsere Erklärung per Pressemitteilung: eine "erhebliche Belastung" des Dialogprozesses seien vor allem die Äußerungen zum Diakonat der Frau. Diese Reaktion spricht für sich. Nach wie vor gilt offensichtlich auch und besonders für unsere Kirche, dass die Frage der Geschlechterrollen und damit eine angemessene Arbeits-, Aufgaben- und Machtteilung zwischen den Geschlechtern zu den Fragen gehören, die den sensiblen Kern des eigenen Selbstbildes in Frage stellen. Innerkirchlich bedeutet das, dass das Thema "Frauen und Amt" immer sehr heikel ist, selbst wenn es "nur" um die vierzig Jahre alte Frage nach einem Diakonat für Frauen geht. Belastung des Dialoges? Wenn Dialog überhaupt Sinn machen soll, dann doch nur, wenn jede Seite ihre Anliegen jeweils offen einbringen kann. Im Übrigen gilt für mich grundsätzlich, dass Dialog doch gerade da notwendig ist, wo man unterschiedliche Auffassungen vertritt. Selbst denken hindert nicht, sondern hilft. Gut, dass der Dialogprozess dann insgesamt im ganzen letzten Jahr deutlich anders und viel besser weitergegangen ist, als es dieser Auftakt erwarten ließ.

Das ZdK hat dann in diesem Jahr seine Mitglieder erstmals aufgerufen, den 29.04., den Festtag der Heiligen Katharina von Siena, als "Tag der Diakonin" zu begehen. Eine Reihe dezentraler Veranstaltungen, meist initiiert durch die Frauenverbände vor Ort, haben in diesem Jahr stattgefunden, beispielsweise in Ludwigshafen, München, Bochum, Leipzig und Münster. Das ZdK konnte sich auf Einladung des Katholischen Deutschen Frauenbundes an der geplanten Veranstaltung in Ulm beteiligen, wofür ich Frau Dr. Flachsbarth, Präsidentin des KDFB, noch einmal herzlich danken möchte. Diese Kooperation hat uns ermöglicht, kurzfristig eine interessante, öffentlichkeitswirksame Veranstaltung zu unterstützen, in der nicht zuletzt unsere Bundesbildungsministerin, Frau Prof. Dr. Annette Schavan, sich deutlich für das Anliegen des Diakonats der Frau eingesetzt hat. Die Dokumentation der Veranstaltung haben Sie alle erhalten.

Neben dem ZdK haben sich in den vergangenen beiden Jahren auch kfd, KDFB und BDKJ mit dem partnerschaftlichen Zusammenwirken von Frauen und Männern in der Kirche befasst und ihre Positionen dazu veröffentlicht. Dies hat die Unterkommission Frauen der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz zum Anlass genommen, Vertreterinnen der Verbände und des ZdK zum gemeinsamen Austausch einzuladen. So konnten wir im Juli dieses Jahres in einer sehr konstruktiven Gesprächsat-mosphäre über die Frauenfrage als Zukunftsfrage unserer Kirche ins Gespräch kommen. Inhaltlich im Fokus stand dabei die Thematik "Frauen in kirchlichen Leitungspositionen", aber auch die Beteiligung von Frauen an Gemeindeleitung und den Diakonat der Frau konnten wir erörtern. Sehr deutlich wurde anerkannt, dass eine angemessene Beteiligung von Frauen nicht allein eine Frauenfrage ist, sondern eine Überlebensfrage für die Kirche, die ohne Frauen ihrem Auftrag nicht gerecht werden kann. Dieses Gespräch stand auch im Kontext der Vorbereitung des von der Deutschen Bischofskonferenz geplanten Studientags in der kommenden Frühjahrsvollversammlung 2013 zum Zusammenwirken von Frauen und Männern in der Kirche. Ich hoffe, dass sich die Bischöfe hier für eine Selbstverpflichtung zur konsequenten Frauenförderung in ihren Einrichtungen entscheiden werden. Damit könnten Sie ihrer 1981 formulierten Vision, Kirche solle "Modell für das gleichwertige und partnerschaftliche Zusammenleben und -wirken von Männern und Frauen sein", nach all den Jahren vielleicht etwas näher kommen. An dieser Stelle aber vor allem ein besonderer Dank an Bischof Dr. Franz-Josef Bode, Osnabrück, für die Einladung in die Unterkommission und das außergewöhnlich offene Gespräch

Im vergangenen September hat darüber hinaus das angekündigte Gespräch des ZdK-Präsidiums mit den Vorständen der Frauenverbände stattgefunden. Hier wurde eine Reihe von Ideen für die Weiterarbeit an der Thematik entwickelt. Wir werden gemeinsam den Tag der Diakonin 2013 gestalten, dazu gleich noch mehr. Im Hinblick auf die Frage der Beteiligung von Frauen an Gemeindeleitung setzen wir verstärkt auf den Dialogprozess und freuen uns, durch unsere Referentin Cora Mateo gleich von den vorhandenen Erfahrungen in der Weltkirche profitieren zu können. Außerdem möchten wir das Anliegen einer stärkeren Beteiligung von Frauen in kirchlichen Führungspositionen weiter vorantreiben und haben erwogen, die derzeitige Situation in den Strukturen des ZdK und seiner Mitglieder durch eine Befragung zu analysieren.

Im Anschluss an das Treffen des Präsidiums des ZdK und der Frauenverbände hatten wir ein gutes Gespräch mit dem Vorstand des Netzwerks Diakonat der Frau, in dem wir viel über die Tätigkeit des Netzwerks und die derzeitigen Perspektiven der künftigen Arbeit erfahren konnten und ausgelotet haben, wie eine gegenseitige Unterstützung bei der Verfolgung dieses gemeinsamen Anliegens möglich wäre.

So möchten wir als ZdK nun erneut bei Ihnen dafür werben, sich rund um den 29.04.2013 für das Anliegen des Diakonats der Frau einzusetzen. Das ZdK plant derzeit eine zentrale Veranstaltung gemeinsam mit dem KDFB, der kfd und dem Netzwerk Diakonat der Frau, die am 29.04. ab 17.00 Uhr in Koblenz stattfinden wird. Wir freuen uns über die Unterstützung durch die Barmherzigen Brüder, in deren Krankenhaus wir diesen Tag begehen werden – passend zum Schwerpunkt "Diakonisch Kirche sein". Wir danken Frau Prof. Dr. Sabine Demel für Ihre Zusage eines Vortrages zum Thema und Julia Klöckner für die Zusage, ein Grußwort zu sprechen. Damit sichern wir die wichtige öffentliche Wirkung für den Tag der Diakonin. Herzliche Einladung schon heute an Sie alle zu der Veranstaltung, aber auch dazu, eigene dezentrale Veranstaltungen durchzuführen, so dass wir gemeinsam unser Anliegen in die Öffentlichkeit tragen. Weitere Informationen, auch zu einer geplanten Vorbereitungsaktion, erhalten Sie in den kommenden Wochen.

Eine verabschiedete Erklärung ist noch kein umgesetzter Beschluss. Daran gilt es, wie im vergangenen Jahr, weiter gemeinsam zu arbeiten und so ein partnerschaftliches Zusammenwirken von Frauen und Männern immer stärker Wirklichkeit in unserer Kirche werden zu lassen.

Die vermehrten wissenschaftlichen Publikationen in den vergangenen Monaten zum Themenfeld "Frauen und Kirche" – so von Frau Prof. Dr. Sabine Demel, Frau Prof. Dr. Margit Eckholt und Sr. Dr. Lea Ackermann – machen das wachsende Interesse für diese Fragen sichtbar. Auch die zweite Großveranstaltung im Rahmen des Dialogprozesses in Hannover hat gezeigt: Das Thema "Partnerschaftliches Zusammenwirken von Frauen und Männern in der Kirche" ist eines der drängendsten in unserer Kirche, bei dem Veränderungen unerlässlich sind.

Die aktuellen Äußerungen verschiedener Diözesanbischöfe lassen hoffen, dass auch sie die Überzeugung über diese Dringlichkeit teilen und in ihrer Personalpolitik künftig stärker berücksichtigen werden. Doch solche Ankündigungen und auch ein Studientag allein reichen nicht aus, wir brauchen eine konkrete Umsetzung und dies nicht nur in einzelnen Bistümern. Die öffentliche Debatte um feste Quoten oder eine Flexi-Quote für die Spitzenpositionen in den DAX-Unternehmen macht aus Sicht einer Kirchenfrau vor allem neidisch. Bislang ist eine Frauenquote bei Leitungsfunktionen in der Kirche noch gar nicht in der Diskussion, vielmehr muss zum Teil noch darum geworben werden, Frauen bei der Besetzung solcher Stellen überhaupt in den Blick zu nehmen. Ich persönlich meine: Eine Frauenquote in kirchlichen Leitungsfunktionen nicht nur zu diskutieren, sondern einzuführen und für eine transparente, regelmäßig nachgeprüfte Umsetzung zu sorgen, wäre nicht allein ein wichtiger Schritt im Dialogprozess der Kirche, sondern auch ein starkes Zeichen in unserer Gesellschaft.

 

Dr. Claudia Lücking-Michel Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken

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