Für ein partnerschaftliches Zusammenwirken von Frauen und Männern in der Kirche
Erklärung der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)
„Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie“ (Gen 1,27). Frauen und Männer sind nach der biblischen Botschaft in gleicher Weise Abbild Gottes. Sie sind eins in Christus. „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid «einer» in Christus Jesus“ (Gal 3,28). Um diese Botschaft glaubwürdig zu verkörpern, müssen in unserer Kirche noch erhebliche Schritte zu einem gerechten Miteinander zwischen Frauen und Männern getan werden. Von der Umsetzung des partnerschaftlichen Zusammenwirkens von Frauen und Männern in der Kirche, das die deutschen Bischöfe 1981 in ihrem Hirtenwort „Zu Fragen der Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft“ angekündigt haben, sind wir heute, 30 Jahre später, noch weit entfernt. Eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an wichtigen Entscheidungsmöglichkeiten, Diensten und Ämtern in unserer Kirche insgesamt steht nach wie vor aus. Erst im partnerschaftlichen Miteinander von Frauen und Männern werden Charismen und Berufungen ihre volle Kraft entfalten. Es bedarf der uneingeschränkten wechselseitigen Wertschätzung. Frauen und Männer sind aufeinander angewiesen: in der Art, wie sie Seelsorgerinnen und Seelsorger sind, wie sie Liturgie feiern, wie sie von Gott sprechen, seine Botschaft verkünden und Verantwortung wahrnehmen. Wir brauchen in unserer Kirche freie Räume zur Entfaltung der unterschiedlichen Charismen, um die große Vielfalt auf allen Ebenen wirkungsvoll zum Ausdruck zu bringen und viele Menschen für die Botschaft Jesu zu begeistern.
Deshalb suchen wir als Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) das Gespräch, das die Grundlage aller Verständigung und Veränderung sein muss, und bringen das Anliegen eines partnerschaftlichen Zusammenwirkens von Frauen und Männern sowie von Laien und Klerikern in den Dialogprozess mit den deutschen Bischöfen ein.
Unser Ziel ist es,
- heute schon bestehende Mitwirkungsmöglichkeiten für Frauen in der Kirche auch tatsächlich zu nutzen;
- Mentalitäten und Strukturen zu ändern, die einem konsequent partnerschaftlichen Miteinander zwischen den Geschlechtern sowie zwischen Laien und Klerikern entgegenstehen;
- im eigenen Umfeld konkret tätig zu werden.
Gemeinsames Priestertum aller Gläubigen
Alle folgenden Ausführungen sind grundgelegt in den Texten des II. Vatikanischen Konzils.
Die Gewissheit über das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen ist das Fundament, auf dem wir stehen. Durch Taufe und Firmung sind wir als Frauen und Männer berufen und befähigt, Gottes Auftrag zu erfüllen und in seiner Welt zu wirken. Gesellschaftliche Veränderungen fordern uns Christinnen und Christen ständig heraus, neu zu prüfen, wie eine diakonische Kirche lebbar sein kann. Bei der Weiterentwicklung der Dienste und Ämter in der Kirche und deren Umsetzung sind Frauen und Männer mit ihrem reichhaltigen und vielfältigen Schatz an Kompetenzen und Charismen, mit ihren je eigenen Lebenswirklichkeiten gefragt. In diesem Sinne setzen wir uns als ZdK im Hinblick auf die Zulassung von Frauen und Männern zu Diensten und Ämtern des gemeinsamen Priestertums für eine konsequente Umsetzung des rechtlich bereits Möglichen ein und erwarten eine Erhöhung des Anteils von Frauen in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind. Verantwortung in den Gemeinden und Chancen von Beauftragungen Einer der wichtigsten Lebensräume der Gläubigen ist die Kirche vor Ort. In immer größeren Seelsorgeeinheiten wird es zunehmend schwierig, gemeinsam die Eucharistie zu feiern, sich um die Mitglieder der Gemeinde zu sorgen und den Glauben in Gemeinschaft zu leben. Die Verantwortlichen stehen in dieser schwierigen Lage vor besonderen Herausforderungen. Um die Verantwortung für das Leben in Gemeinden geschwisterlich zu tragen, sehen wir als ZdK einen wichtigen Schlüssel in einem guten Miteinander von gemeinsamem Priestertum und amtlichem Priestertum, in dem die gewachsene Vielfalt der Mitwirkungsformen ihren Platz haben kann. Wir setzen uns dafür ein, dass die Entscheidungsträger in den Bistümern kooperative Mitwirkungsformen in der Seelsorge in der Kirche vor Ort einführen. Eine besondere Chance kommt dabei der Beauftragung von Ehren- und Hauptamtlichen für bestimmte Dienste und Ämter zu. Für Frauen und Männer sind hier die gleichen Chancen der Beteiligung zu gewährleisten.
Frauen in kirchlichen Führungspositionen
Ein partnerschaftliches Miteinander entsteht dann, wenn es auf allen Ebenen realisiert und gelebt wird. In der Kirche umfassen die Tätigkeitsfelder hauptamtliche Berufe ebenso wie alle Formen des Ehrenamtes. Obwohl vereinzelt Frauen Führungspositionen in Bistümern inne haben und sich die Sensibilität für eine Beteiligung von Frauen insgesamt erhöht hat, ist der Anteil der Frauen immer noch viel zu gering. Die vielfach geübte Praxis, kirchliche Dienste und Ämter, die nicht den Empfang des Weihesakraments voraussetzen, dennoch ausschließlich mit Priestern zu besetzen, muss revidiert werden. In der Kirche bedarf es einer transparenten und nachhaltigen Personalentwicklung für haupt- und ehrenamtliche Dienste und Ämter, die Frauen an Führungsaufgaben in der Kirche gerecht beteiligt. Eine flächendeckende Einführung von Gleichstellungsordnungen ist notwendig. Es braucht Arbeitsplatzmodelle und Tätigkeitsprofile, die flexibel sind, die die Lebensverläufe der Führungskräfte im Blick haben und neue Leitungsformen zulassen. Bei der Neubesetzung und Neugestaltung von haupt- und ehrenamtlichen Führungspositionen sollen alle Möglichkeiten, die das Kirchenrecht jetzt schon bietet, ausgeschöpft werden, um in Zukunft Laien und besonders Frauen zu berücksichtigen.
Als ZdK setzen wir uns dafür ein, Frauen und Männer entsprechend ihren Berufungen, Qualifikationen, Kompetenzen, ihrer Zahl und ihren Charismen bei der Besetzung kirchlicher Führungspositionen zu beteiligen. Im ZdK selbst sorgen wir für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen auf allen Ebenen und für Geschlechterparität in allen unseren Gremien und bei den Mitwirkenden der Katholikentage.
Diakonat der Frau
Unsere Kirche versteht sich selbst als eine Kirche im Dienst an der Welt und an der Seite der Armen. Um ihrer Glaubwürdigkeit willen muss sie ihr diakonisches Profil stärken. Diakonische Arbeit wird auf vielfältige Weise von Frauen geleistet. Der Auftrag aller Christinnen und Christen zur Diakonie bildet sich auch im sakramentalen Diakonat ab. Deshalb sind auch Frauen als Diakoninnen unverzichtbar. Die Ausgestaltung der Ämtertheologie und -praxis hat sich historisch entwickelt. Der Status quo unserer Zeit bildet davon nur einen Ausschnitt ab. Unsere Kirche hat immer wieder auch in der Ämterfrage auf die Herausforderungen der jeweiligen Zeit und des gesellschaftlichen Umfeldes reagiert und die eigene Ämtertheologie weiter entwickelt. Vor diesem Horizont muss der ganze Schatz der kirchlichen Tradition im Blick auf die Weiheämter wieder gehoben werden. Die Zeit ist reif, Frauen als Diakoninnen zu weihen. Zur Beförderung dieses Anliegens ruft das ZdK auf, dem Netzwerk „Diakonat der Frau“ beizutreten. Den Tag der Diakonin, den Festtag der Hl. Katharina von Siena, am 29. April wird das ZdK öffentlichkeitswirksam begehen und lädt auch alle Mitglieder dazu ein. Die Frage nach der Frauenordination wird nicht nur von Einzelnen und von Gruppen am Rand oder außerhalb der Kirche gestellt, sie kommt mitten aus der Kirche; sie wird von Frauen und Männern gestellt. Wir sehen es als notwendig an, in der Kirche das Gespräch über die Ämterfrage weiterzuführen, die theologische Debatte offen zu halten und die jeweiligen Anliegen und Positionen zu hören, zu verstehen und aufzugreifen. Finanzen und EntscheidungsbefugnissFinanzen Entscheidungsbefugnisse Finanzentscheidungen sind zentrale Ansatzpunkte zur Gestaltung unserer Kirche. Auch hier ist auf eine geschlechtergerechte Beteiligung auf allen Ebenen (Pfarrebene, Diözesanebene, Bundesebene) hinzuwirken. In Deutschland gibt es in der Finanzpraxis der Bistümer (und Pfarrgemeinden) eine große Vielfalt. Schon die uneinheitliche Arbeitsweise der Finanzentscheidungs- und Finanzverwaltungsstrukturen auf den verschiedenen Ebenen zeigt: Einige davon stehen Frauen über Wahlämter offen, andere nicht. Oft liegen nur unzureichende Informationen vor, wer an welchen Finanzentscheidungen beteiligt ist. Das ZdK setzt sich dafür ein, dass die Verwaltung der kirchlichen Finanzen auf allen Ebenen transparent offen gelegt wird. Das ZdK setzt sich dafür ein, dass bei den Finanzentscheidungen auf allen Ebenen eine paritätische Beteiligung von Frauen und Männern angestrebt wird und die geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Entscheidungen explizit berücksichtigt werden. Das ZdK unterstützt Frauen, die sich in Finanzfragen engagieren und vernetzen. Das ZdK legt seine Finanzen transparent offen und beteiligt Frauen an Finanzentscheidungen.
Theologische Forschung und Lehre
Wissenschaftlich arbeitende Theologinnen tragen zum Fortschritt und Erkenntnisgewinn in der Theologie Wichtiges bei, nicht zuletzt auch zum Dialog über Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche. Dies betrifft vor allem die kritische Rekonstruktion der Traditionen über Geschlechterverhältnis und Geschlechterrollen im Christentum, die Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen und in allen Verantwortungsfeldern der Kirche, die Zugangsbedingungen zum kirchlichen Amt, eine erfahrungsgesättigte Spiritualität und Liturgie sowie den Fragenkreis einer Beziehungsethik. Theologische Forschung und Lehre braucht die Freiheit der Wissenschaft. Inhaltliche Konflikte um die Rechtmäßigkeit der Lehre müssen mit den Mitteln theologischer Argumentation ausgetragen und dürfen nicht durch disziplinarische Maßnahmen umgangen werden. Als ZdK unterstützen wir Zusammenschlüsse von Theologinnen und Theologen, die zur Stärkung der Theologie, gerade auch einer Theologie von Frauen, beitragen, und suchen die Zusammenarbeit mit ihnen zur wechselseitigen Beratung und Förderung. Wir erinnern abschließend an das Hirtenwort „Zu Fragen der Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft“ von 1981, in dem die deutschen Bischöfe zu den Chancen und Herausforderungen eines partnerschaftlichen Zusammenwirkens von Frauen und Männern ausführlich Position beziehen. Sie benennen gesellschaftlich bedeutsame Veränderungen, die zur „vollen Gleichberechtigung der Frauen und ihrer Teilhabe und Mitverantwortung in allen Bereichen des Lebens“ geführt haben. Sie würdigen den Einsatz der katholischen Frauen und Frauenverbände, die viel zur gesellschaftlichen Geschlechtergerechtigkeit beigetragen haben. Und zugleich skizzieren sie die Herausforderungen für das Leben in der Kirche: „Da heute die Frauen eine immer aktivere Funktion im ganzen Leben der Gesellschaft ausüben, ist es von großer Wichtigkeit, dass sie auch an den verschiedenen Bereichen des Apostolates der Kirche wachsenden Anteil nehmen. Im letzten geht es darum, dass sich die Kirche gemäß dem Auftrag ihres Stifters immer mehr zu dem einen Volk Gottes entfaltet, in dem Männer und Frauen, jeder einzelne und alle zusammen je auf ihre Weise teilhaben am Prophetenamt, am Priesteramt und Hirtenamt Jesu Christi.“