Frauen bewegen Kirche
Rede von Sr. Dr. Lea Ackermann -es gilt das gesprochene Wort.
Seit 26 Jahren versuche ich Frauen in ausweglosen Situationen zu helfen. Weil ich das nicht allein kann, habe ich den Verein SOLWODI – SOLidarity with WOmen in DIstress (Solidarität mit Frauen in Not) gegründet. Gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehen wir gegen staatliche frauenverachtende Verfügungen, ungerechte Traditionen und versteckte patriarchale Machenschaften vor.
So konnten wir einige Gesetzesänderungen anstoßen, wie z.B. bei der Situation von Migrantinnen, die in Deutschland außerehelich ein Kind eines Deutschen zur Welt bringen, dass dieses Kind ein Recht auf die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Außerdem konnten wir für andere Probleme Bewusstseinsprozesse anstoßen. Zum Beispiel dafür, dass die Abschiebung in ihr Heimatland von Frauen, die in Deutschland Opfer von Menschenhandel wurden, ein Unrecht ist. Den Frauen wird keine Möglichkeit gegeben, gegen dieses Unrecht vorzugehen. Auch für das Verbot von Beschneidungen und die Zwangsverheiratung von Kindern haben wir uns stark gemacht.
Wenn ich in öffentlichen Vorträgen über dieses Unrecht an Frauen und Kindern spreche, werde ich immer wieder gefragt, wie ich als Ordensschwester mit der ungerechten Behandlung von Frauen in der Kirche umgehe. Das ist ein wirkliches Problem, das ich auch als solches ansehe. Wir verkünden als Christinnen und Christen in der Kirche, dass Gott Mann und Frau nach seinem Bild und Gleichnis schuf, als gleichwertig. Jesus hat durch sein Lebenszeugnis immer wieder auf diese Gleichheit und Gleichwertigkeit hingewiesen. Das Neue Testament ist ein lebendiger Beweis dafür. Auch die ersten christlichen Gemeinden lebten noch nach diesem Vorbild, konnten sich aber immer weniger gegen die gesellschaftlichen patriarchalen Strukturen durchsetzen. Sicher waren die Männer in der Nachfolge Christi nicht in all ihren Lebensvollzügen reflektiert und konnten sich schwer von den patriarchalen Vorgaben lösen.
Jesus verkündete immer wieder: Den Vätern wurde Dies und Jenes gesagt… „Ich aber sage Euch...“ Seine Vorgaben sind revolutionär. Gerade im Geschlechterverhältnis hat Jesus eine Revolution angestoßen, die später von der Kirche immer mehr verraten wurde. Es ist an der Zeit, dass sich die Kirche hier neu besinnt. So schwer es den Männern in der Kirche fallen mag, die Macht und das Sagen mit den Frauen zu teilen, so notwendig ist es für den Erhalt von Kirche in unserer Zeit. Anfänglich mit der Kirche und den Orden, später auch gegen sie, haben sich die Frauen durch Bildung und Engagement immer mehr emanzipiert.
Frauen können inzwischen am gesellschaftlichen Leben entscheidend teilnehmen und das fordern wir auch in der Kirche.
Sr. Dr. Lea Ackermann, 1.Vorsitzende von SOLWOD