Denk ich an meine Kirche, so habe ich manchmal einen Traum.
Frauen bewegen Kirche
Rede von Marie-Theres Kastner -es gilt das gesprochene Wort.
Denk ich an meine Kirche, so habe ich manchmal einen Traum.
In diesem Traum streiken alle Frauen – wirklich alle Frauen - mit allem Tun für die Kirche.
Man(n) würde es merken:
Die Kirchen würden nicht geputzt, die Altäre weniger geschmückt, und mancher Pfarrer müsste sich seine Messgewänder selbst suchen. Die Messdiener/innen bei der Einzugsprozession an hohen Feiertagen mit ihren Kerzen wären sehr reduziert, da die Fahrdienste der Mütter entfielen. Es würden Kommunion- und Firmgruppen ausfallen, manche Jugendgruppe stünde ohne Betreuerin da; bei der Caritas würde durch den Wegfall der Haussammlung enorm Geld fehlen, und auch manch einsamer alte Mensch müsste auf seinen vertrauten Besuch warten. Die Pfarrbüchereien hätten große Schwierigkeiten, und auch bei den Besuchsdiensten in Krankenhäusern würde man es deutlich merken. Die Arbeit vor allem der Frauen-Verbände würde weitgehend entfallen. In Pfarrgemeinderäten und Kirchenvorständen bliebe mancher Platz leer. ……
Aber was sicherlich noch wichtiger wäre, aber erst später sichtbar würde: Die Weitergabe des Glaubens an unsere Jugend würde vielfach unterbleiben. Tisch- und Abendgebete würden nicht mehr gesprochen, und auch der Religionsunterricht würde schon sehr ausgedünnt sein, weiß man doch, dass gerade in Grund-, Haupt- und Realschulen der Anteil der weiblichen Lehrkräfte gegen 100% geht und auch das Gymnasium auf dem Weg dahin ist. Das Leben aus dem Glauben würde sich noch weiter reduzieren.
Und am Ende des Streiks:
Es wäre mehr als deutlich:
Frauen bewegen nicht nur Kirche, nein:
Ohne Frauen gibt es keine Kirche!
Was könnte man tun?
Man könnte z.B. das Bischofswort „Zu Fragen der Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft“ von 1981 den heute gelebten gesellschaftlichen Bedingungen anpassen. Man könnte die Wirklichkeit unseres Lebens zur Kenntnis nehmen in den Familien und in unserer demokratischen Gesellschaft. Partnerschaft von Männern und Frauen gilt nicht nur für vorbestimmte Bereiche. Die Kompetenzen aller sind gefragt und auch von Nöten - und nicht erst dann, wenn nicht mehr genügend Geweihte zur Verfügung stehen.
Und nun fange ich wieder an zu träumen:
Es wäre gut, wenn die Vorstellungen von einer gemeinsamen Verantwortung von Männern und Frauen, von Geweihten und Laien auch ihren schriftlichen Niederschlag fänden.
Es wäre gut, wenn es dann kein neues Bischofswort zu diesem Thema gäbe, sondern ein mit Frauen gemeinsam erarbeitetes Papier.
Das hätte den Charme, es wäre kürzer, konkreter und ganz sicherlich mit Zielvorgeben - wahrscheinlich auch mit zeitlichen Vorgaben - für eine gelebte Partnerschaft von Männern und Frauen in unserer Kirche versehen.
Das würde unserer Kirche gut zu Gesicht stehen und würde ihr sicherlich bei Kritikern und Zweiflern zu einer neuen Glaubwürdigkeit verhelfen.
Ich bin jetzt 61 Jahre alt und ich habe große Angst, dass mein Traum ein Traum bleibt.
Marie-Theres Kastner, Bundesvorsitzende der KED- Katholische Elternschaft Deutschlands