Frauen bewegen Kirche

Rede von Maria Faßnacht -es gilt das gesprochene Wort.

Mein Kirchenbild ist recht ambivalent. Einerseits ist es geprägt von einer angstfreien Erziehung und vielen guten Begegnungen mit Verantwortlichen in der Kirche. Als ich 1966 Abitur machte, hatte ich einen Religionsunterricht durch einen Priester hinter mir, der uns voller Begeisterung auf die anstehenden Veränderungen durch das 2. Vatikanische Konzil hoffen ließ. Sowohl als Jugendliche wie auch als Erwachsene ließ ich mich motivieren, ehrenamtlich für meine Kirche tätig zu sein, zunächst im Jugendbereich, später als Kommunion- und Firmkatechetin, in der verantwortungsvollen Mitarbeit bei der kfd, später als Vorsitzende eines Pfarrgemeinderates und schließlich als Vorsitzende des Katholikenrates im Bistum Speyer. Stets hatte ich das Glück, Wertschätzung – auch als Frau – zu erfahren, auch wenn ich schon früh spürte, dass Frauen deutliche Grenzen in der Kirche gesetzt sind.
Gerade in Bezug auf Frauen in der Kirche hatte ich eine meiner prägendsten Begegnungen mit dem emeritierten Speyerer Weihbischof Ernst Gutting, von dem ich sagen darf, dass wir seit Jahren freundschaftlich verbunden sind. Besonders im Jahr 2011 erinnere ich mich dankbar an seinen unermüdlichen Einsatz für Fragen der Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft. Das gleichnamige Papier der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahr 1981 trug deutlich die Handschrift des damaligen „Frauenbischofs“ Ernst Gutting, der auch danach nie aufgehört hat, darauf hinzuweisen, dass die Forderungen dieses Papiers immer noch nicht umgesetzt sind.

Und damit komme ich zur zweiten Seite meiner Kirchenerfahrung. Ich leide darunter, dass unsere Kirche die Hälfte der Menschheit ausschließt, wenn es um Amt und Leitung geht. Theologische Argumente gegen ein Weiheamt – als Vorstufe zumindest das Diakoninnenamt – können nicht ernsthaft überzeugen. Es schmerzt mich, dass diese Fragen entweder von Rom als nicht diskutierbar festgelegt oder seit der Synode von Würzburg vertagt sind. Patriarchat und Klerikalismus haben über Jahrhunderte unsere Kirche geprägt. Während früher Frauen bis auf wenige Ausnahmen (große Kirchenlehrerinnen haben sich schon immer zu Wort gemeldet) dies als gegeben hingenommen haben, sind heute die Frauen nicht mehr bereit, länger auf die Verwirklichung von Veränderungen zu warten. Gerade angesichts der immer größeren Seelsorgeräume wünsche ich mir eine partnerschaftliche Kirche, in der alle Laien, besonders aber auch Frauen, in Leitung und Entscheidung einbezogen werden – und zwar nicht aus einer Notlage heraus, sondern weil Taufe und Firmung sie zum allgemeinen Priestertum befähigen. Nur so kann auf Dauer Kirche in unseren Gemeinden lebendig bleiben.

Ich bin froh und dankbar, dass die Deutsche Bischofskonferenz unter der Leitung von Erzbischof Zollitsch auf Bundesebene einen Dialogprozess in Gang gesetzt hat. Die erste Dialogveranstaltung in Mannheim macht mir Hoffnung. Ich gebe allerdings auch zu, dass bei aller Freude über die gute Veranstaltung eine große Skepsis bleibt. Ich bin nämlich fest davon überzeugt: Nur wenn es wirklich tiefgreifende Veränderungen gibt – und zwar in greifbarer Nähe -, gewinnt unsere Kirche wieder an Glaubwürdigkeit. Und zu diesen Veränderungen gehört für mich wesentlich die Frage, welche Stellung die Frau in der Kirche in Zukunft spielt. Ich erwarte zusammen mit unzähligen Frauen endlich die Umsetzung der Vision des Bischofswortes von 1981 in die Realität von 2011. „Die Kirche soll Modell für das gleichwertige und partnerschaftliche Zusammenleben und –wirken von Männern und Frauen sein.“
Die Initiative der Frauen im ZdK „Frauen bewegen Kirche“ unterstütze ich gerne.

Maria Faßnacht, Vorsitzende des Katholikenrates im Bistum Speyer

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