"Denn wie der Leib eine Einheit ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich es viele sind, einen einzigen Leib bilden: So ist es auch mit Christus."
Frauen bewegen Kirche
Rede von Julia Klöckner -es gilt das gesprochene Wort.
Es ist der Korintherbrief, der mir noch einmal verdeutlicht, dass es die vielen Männer UND Frauen sind, die Kirche ausmachen. Jeder ist verschieden, aber ohne den anderen, ohne die vielen Talente und Fähigkeiten ist das Ganze nicht funktionsfähig. Wir alle sind Kirche. Niemand darf den anderen dominieren. Der Leib kommt weder ohne die Füße, noch ohne die Hände, geschweige denn ohne den Kopf aus. Deshalb müssen Laien genauso wie Priester, Frauen genauso wie Männer ernst genommen werden.
Häufig ist von der Bereicherung durch Frauen in der kirchlichen Gemeinde die Rede. Gerne wird an die Schneiderkunst von Frauen gedacht, die Priestergewänder herstellen, Altartücher sticken, Frauen, die ihren Dienst in der Sakristei leisten, den Messdienern und Priestern beim Ankleiden helfen. Frauen, die die Kirche mit Blumen schmücken und Kuchen backen fürs Pfarrfest. Ich erinnere mich noch daran, dass ich wie mein Bruder nach der ersten Heiligen Kommunion Messdiener werden wollte. Aber das ging nicht - als Mädchen. In die Kinderschola durfte ich. Viel später konnten auch Mädchen Messdienerinnen in unserer Pfarrgemeinde werden. Ich entschied mich, Lektorin zu werden, was ich bis heute bin. Aber ein schaler Beigeschmack ist geblieben damals. Warum? Weil der "Kopf" des Leibes wohl nur für Jungs und Männer vorgesehen war. Als würden die Qualitäten der Frauen beim Schmücken, Singen und Backen am besten zur Geltung kommen - beim Altardienst aber nicht. Sicher: Kirche kennt kein Wettrennen um den ersten Platz. Aber Kirche kennt die Veränderung, die Notwendigkeit zu reagieren. Heute sind es häufig die Mädchen, die die Arbeit der Messdiener noch gewährleisten - weil die Jungs fehlen.
30 Jahre sind insbesondere für die veränderte Rolle der Frauen in der Gesellschaft eine lange Zeit. Viele dringend notwendige Fortschritte konnten bisher erzielt werde, vieles bleibt noch zu tun.
Frauen müssen in allen Bereichen gleichberechtigt sein, sie müssen die gleichen Chancen haben. Nicht gleichmacherisch ist hier gemeint. Frauen dürfen anders sein. Es geht eben nicht darum, die Unterschiede der Geschlechter einzuebnen. Hier gibt das Bischofswort "befreiende" Antwort: Unaufgeregt, erfahrungsfest und zukunftsorientiert wird da ein Bekenntnis zum Unterschied der Geschlechter und ihrem Verhältnis zueinander dargelegt, das weit entfernt ist von miefigen Klischees und aggressivem Geschlechterkampf – trotz aller menschlichen Unzulänglichkeiten ist das die Kraft meiner Kirche: Auf der Basis des Evangeliums zeitlose Wahrheiten formulieren zu können. Im Korintherbrief heißt es weiter: „Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm“ Freuen wir uns daran und nehmen es auch für die kommenden Jahrzehnte als Ansporn: für weitere Veränderungen. Bleiben wir nicht stehen. Das Diakonat der Frau wäre jetzt der nächste Schritt.