Frauen bewegen Kirche
Rede von Hildegard Müller -es gilt das gesprochene Wort.
Frauen bewegen sich in den verschiedensten Rollen und Lebenswelten: Sie sind (Ehe)Partnerin, Single-Frau, Witwe, Mutter, Arbeitskollegin, Freundin, Organisatorin, Managerin, Pflegerin … Diese verschiedenen Bereiche in einer guten Balance zu halten und dabei auch die eigenen Bedürfnisse nicht aus dem Blick zu verlieren, ist oft eine große Herausforderung.
Lebensnahe Frauenseelsorge erfordert daher eine intensive Auseinandersetzung mit den veränderten Lebensbedingungen von Mann und Frau in der heutigen Zeit. Vor diesem Hintergrund sollten sich die offiziellen Kirchenvertreter die gewaltige Spannung zwischen Beruf und Familie, in der Frauen heute leben, vor Augen führen. Nicht jede Verkündigung ist tatsächlich einladend und ausreichend sensibel für die existentiellen Fragen von Frauen heute.
Für mich persönlich ist entscheidend, dass Frauen ihren Beitrag zur Kirche gleichberechtigt und verantwortlich leisten können. Allen Frauen, die im Einsatz für und Ringen um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung engagiert sind, sollte entsprechender Raum gegeben werden.
Frauen sind eine tragende Säule innerhalb der katholischen Kirche. Von daher sollten Frauen in der Kirche stärker wahrgenommen werden, was auch die Öffnung von Ämtern für Frauen bedeuten kann.
Ich lebe meinen Glauben aus Überzeugung und stehe in meinem alltäglichen Leben dafür ein. In vielfältiger Weise versuche ich meine Glaubenserfahrungen an meine Tochter weiterzugeben. Und ich möchte ihr und der nachfolgenden Generation zu verstehen geben, dass die Kirche ein Modell für partnerschaftliches Zusammenwirken sein kann. Aber dazu muss sich in der katholischen Kirche etwas bewegen.
Zahlreiche Frauen werden in der Apostelgeschichte und in den Paulusbriefen genannt. Sie haben die frühe Kirche entscheidend mitgestaltet. Damals wie heute waren und sind Frauen überaus bedeutend für die Weitergabe des Glaubens. In fast allen Kirchengemeinden sind gerade Frauen eine Bereicherung für das Gemeindeleben. Sie unterstützen andere Frauen bei der Entfaltung ihrer Persönlichkeit, sie regen zur Vertiefung des Glaubens an, sie geben Information und Weiterbildung, sie nehmen Mitverantwortung und Mitwirkung in unserer Gesellschaft, unserem Staat und der Kirche wahr.
Ich hoffe für die Zukunft, dass sich innerhalb der katholischen Kirche neue Perspektiven für die Frauen entwickeln. Bisher wurden Frauen oft nur als „Helferinnen“ verstanden, die auf Festen für das leibliche Wohl sorgen, Besuche machen und dem Pfarrer assistierend zur Seite stehen. Frauen sollten den Mut haben mehr Verantwortung zu übernehmen, sich in die Gremien noch intensiver einzubringen, Angebote selbst zu entwickeln und zu gestalten. Und die Kirche sollte den Mut haben dieses zuzulassen.
Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft