Frauen bewegen Kirche
Rede von Helga Schädler -es gilt das gesprochene Wort.
Meine Erfahrungen als Mutter von vier Kindern, Religionslehrerin und Trägervertreterin in einem katholischen Kindergarten habe ich versucht, in ehrenamtliches politisches Engagement umzusetzen. Mit einem Team von Eltern, Erzieher/inne/n und externen Beratern entwickelten wir bereits Anfang der 90er Jahre aus einem Kindergarten mit drei Gruppen ein „Haus der Familie“; heute würde es Familienzentrum heißen. Aus diesem Team erwuchs gleichzeitig ein verstärktes Engagement für die Familienarbeit in der Pfarrgemeinde. Familien und ihre konkreten Bedürfnisse vor Ort, z.B. die Übermittagbetreuung von Kindern im Grundschulalter, rückten ins Bewusstsein der Verantwortlichen in der Gemeinde. 1990 konnten wir die erste „Betreuende Grundschule" in Rheinland-Pfalz gründen, und dies in Trägerschaft der katholischen Kirchengemeinde. Unser Modell fand landauf,landab viel Beachtung und Unterstützung, insbesondere seitens der Kommune und des Landes.
Die Ursprungsidee des Hauses der Familie konnte jedoch nicht wie geplant verwirklicht werden. Es waren „Männer der Kirche“, Pfarrer und Verwaltungsrat, die, nachdem die Finanzierung zu mehr als 90% durch Kommune und Land gesichert und der Umbau vollzogen war, in dem offenen Konzept des Hauses der Familie eine "Gefahr" für den katholischen Kindergarten sahen. Sie befürchteten wohl, zu viele Kirchendistanzierte könnten die in der Vergangenheit praktizierte Ausrichtung des katholischen Kindergartens negativ beeinflussen, und versagten der Einrichtung die notwendige Unterstützung. Im bischöflichen Ordinariat konnte niemand helfen, diesen Konflikt zu lösen. Es gab und gibt wohl auch heute noch in der Kirche keine Appellationsinstanz, erst recht nicht für Ehrenamtliche.
Viele Jahre später ist unser damaliges Konzept in vielen Kommunen verwirklicht. Auch in einigen Diözesen ist die Weiterentwicklung von Kindertagesstätten zu Familienzentren im Werden. Gleichzeitig wächst meine Sorge um den Erhalt und die Qualitätssicherung der Kindertagesstätten in Trägerschaft der katholischen Kirche. Diese Einrichtungen, insbesondere als Familienzentren, könnten im Rahmen von Großpfarreien und bei schwindendem Personal die einzig möglichen Anlaufpunkte in ehemaligen Pfarreien sein. Sie könnten sogar selbst neue Orte von Kirche sein.
Meine vielfältigen Erfahrungen als Familienfrau bringe ich seit vielen Jahren ein in den Familienbund der Katholiken und seit dem Jahre 2000 auch in den bürgerlich-rechtlichen Verein Donum Vitae. Mein Fazit nach so langer Zeit ist, dass der Weg sehr steinig ist, aber dass sich Einsatz und Mühe lohnen. Ich habe immer wieder gute Weggefährtinnen und -gefährten gefunden in der Gewissheit, dass unser gemeinsamer Glaube uns trägt und hält.
Helga Schädler, Katholikenrat der Diözese Speyer