Wir müssen reden

Beschluss der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Organisationen Deutschlands (AGKOD)

Die AGKOD fordert einen offenen und strukturierten Dialog von Bischöfen und Laien zu überfälligen Fragen in der katholischen Kirche.

Die katholische Kirche befindet sich in einer tiefen Krise. Sie hat an Glaubwürdigkeit und Vertrauen verloren. Wir sehen dies als großes Risiko für die Gegenwart und die Zukunft unserer Kirche.

Kirche in Verantwortung: Wir rufen zum Handeln auf!
Trotz unserer Enttäuschung und unseren Zweifeln bleiben wir in diesen Zeiten der Krise unserer Kirche treu und gestalten diese weiter aktiv mit. Wir glauben an die befreiende Botschaft des Evangeliums und vertrauen auf den Geist des Aufbruchs und der Erneuerung. Aus Sorge und Liebe zur Kirche rufen wir zum Handeln auf, damit Kirche jetzt und in Zukunft ihren Auftrag erfüllen kann.

Natürlich muss die Perspektive der Opfer für das Vorgehen inner- und außerhalb der Kirche handlungsleitend sein. So sollten Opfern und deren Angehörigen, Freunden und Freundinnen unterstützende Hilfen und Menschen zur Seite gestellt werden, die sie in dieser Situation begleiten und beraten und ihnen helfen Entscheidungen zu treffen. Wir fordern, dass Täter und Täterinnen zur Rechenschaft gezogen werden. Ihr Handeln steht im fundamentalen Widerspruch zum Evangelium. Die Gemeinschaft der Kirche darf die Täterinnen und Täter nicht decken und ihre Vergehen nicht verschweigen. Besonders im Sinne junger Menschen fordern wir ein gemeinsames Vorgehen aller Verantwortlichen im kirchlichen Bereich und einen konsequenten Umgang mit überführten und verurteilten Priestern und anderen Mitarbeitenden.
Menschen sollen Kirche als Heimat erfahren in der sie wachsen können und zu starken Persönlichkeiten werden. Dazu benötigen sie eine Kirche, die glaubwürdig und wahrhaftig handelt und die sich des in sie gesetzten Vertrauens würdig erweist. Sie müssen erfahren, dass sie von der Kirche in ihren Gewissensentscheidungen respektiert und mit ihren Bedürfnissen und Ängsten ernst genommen werden. Die katholischen Jugendverbände stehen für eine Kinder- und Jugendarbeit, die Räume für Anerkennung und Respekt schafft, Grenzen respektiert und Befähigungen fördert. Damit leisten katholische Jugendverbände einen zentralen Beitrag zur Stärkung der Persönlichkeit von jungen Menschen, die auch zur Vorbeugung sexualisierter Gewalt beiträgt.
Wir fordern von der Kirche eine Kultur des Hinschauens und aktiven Handelns. Die Verantwortlichen in Kirche fordern wir auf, alle Anstrengungen im Bereich Prävention sexualisierter Gewalt finanziell, ideell und strukturell abzusichern.

Kirche im Dialog: Mut zur Wahrheit , Mut zum Zuhören
Als Aktive der katholischen Kirche setzen wir uns ein für eine Atmosphäre der Achtsamkeit und der Wertschätzung, die es ermöglicht im Sinne der uns anvertrauten Menschen tabu- und angstfrei Fragen und Anfragen zu benennen. Dazu gehört auch, Diskussionen, Kritik und Widerspruch innerhalb und außerhalb der Kirche aushalten zu können.
Die Sorge um das Ansehen der Kirche und Schweigen aus falsch verstandener Loyalität haben dazu geführt, dass sich die Kirche vielen Problemen nicht mit der nötigen Offenheit gestellt und damit das Leid der Menschen aus dem Blick verloren hat. Es muss fachlich fundiert analysiert werden, inwiefern strukturelle Faktoren Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt begünstigen.
Wir sehen in der Kirche u. a. folgende offene Fragen:

- zum Umgang mit Macht,
- zur Sexualität und einer menschennahen Sexualmoral,
- zum Miteinander von Priestern und Laien,
- zur Nutzung und Förderung von demokratischen und synodalen Strukturen,
- zur Stärkung der Rolle von Frauen in der Kirche,
- zur Überprüfung der Zugangsvoraussetzung zu Weiheämtern,
- zur Weiterentwicklung des Priesterbildes und der Priesterausbildung.
- Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt

Wir fordern die differenzierte und konstruktive Diskussion dieser Fragen in einem strukturierten, offenen und fairen Dialog in unserer Kirche.

Hierzu schlägt die AGKOD folgende Schritte vor:

25. Juni 2010 Informationen über Beschluss „Wir müssen reden“ in der Gemeinsamen Konferenz
15. Oktober 2010 Beratung und Beschlussfassung im ZdK zum weiteren Verfahren
5. November 2010 Vereinbarung in der Gemeinsamen Konferenz zur gemeinsamen Steuerung sowie Zielen, Methoden und Zeitplan des Prozesses

Möglicher „Fahrplan“
Früh-Sommer 2011 deutschlandweites Forum, das den Prozess eröffnet
Herbst 2011 bis
Frühjahr 2012 vier regionale Foren und vier bundesweite thematische Foren
Herbst 2012 zentrales Abschlussforum
ab Herbst 2012 Vereinbarungen/Impulse fließen in Diözesen, Verbände etc. zurück

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