Den Geist nicht auslöschen und die Welt nicht freiwillig räumen: ein Aufbruch in christlicher Zuversicht
Arbeitsgruppe 3, Moderation von Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) -es gilt das gesprochene Wort.
Wir sind zurückverwiesen auf unsere Spiritualität; zurückverwiesen auf jene geistig-geistliche Lebenspraxis, wie wir als Christinnen und Christen in unserer Kirche und unserer Gesellschaft wirken. Aus der Erfahrung der rettend-befreienden Nähe unseres Gottes können wir die Kraft und die Inspira-tionen schöpfen, die uns zur Verkündigung der Frohen Botschaft in allen Bereichen unserer Lebenswelt, also zu unserem Apostolat befähigen. Als Glieder des Volkes Gottes sind wir berufen und gefordert; als Christgläubige sind wir beauftragt und gesendet, unseren je spezifischen Anteil am priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt Christi in der Hingabe für die Welt zu leben und zu verwirklichen (Lumen Gentium 34ff.). Auch wenn wir alle verschiedene Charismen und damit auch Aufgaben haben: Wir alle sind gesandt, nicht um uns selbst bedienen zu lassen, sondern um anderen zu dienen (Mk 10, 45). Keiner von uns kann sich hinter Bischöfen und Ordinierten verstecken und von ihnen allein den heiligen Dienst für die Menschen dieser Welt erwarten. Wir alle sind durch Taufe und Firmung gerufen, die Menschenliebe unseres Gottes in der Welt zu vergegenwärtigen. Auch deshalb leben wir immer neu aus der Feier der Eucharistie, um unsere Welt Gott selbst weihen zu können (LG 34,2).
Unsere Spiritualität als Christen entführt uns nicht in die esoterischen Sphären einer weltabgewandten Frömmigkeit. Sie führt uns immer neu mitten hinein in das Handgemenge alltäglicher Konflikte und Probleme, in dem Menschen um ein besseres und menschenwürdigeres Gelingen ihres Lebens ringen. Solches Gesandtsein in die Welt ist selten gemütlich; die diakonische Weggemeinschaft an der Seite bedrängter und gefährdeter Menschen ist eher mit "Staub" und Anstrengung verbunden. Meiden wir jedoch die zuweilen unbequeme Weite der uns zugewiesenen Welt, so wird sie von uns aus purer Bequemlichkeit "freiwillig geräumt" (A. Delp SJ). So verfehlen wir aber die Kernaufgabe der Kirche und damit unser Christsein.
"Echt kreatürlich leben [...]: Das heißt. Dauernd aus dem schöpferischen Jawort und aus dem Herzblut des Herrgottes leben. Wo ein Mensch oder eine Menschheit sich dies wegträumt oder wegverordnet, da spürt man auf einmal die Hand an der Gurgel, immer, wenn wir um uns selbst herumtanzen oder überzeugt sind von den ungeheuren Plänen. Gehen wir doch zurück zu der einfachen Weisheit unserer Väter, dass man von Gott her leben und von ihm her den Dingen gewachsen sein kann: Er hat uns zu ausgerüsteten Dienern des Neuen Bundes gemacht. Da sind wir vom Herrgott her befähigt, dem Leben zu dienen.
Wir stammen nicht aus dem eigenen Einfall, wir stammen aus dem Segen Gottes. Wenn wir das wieder zum Bewusstsein unseres Alltags machen, unseres alltäglichen Lebens – dann hören wir auf, diese Dürftlinge zu sein; denn was uns begegnet – es steht da immer der herrscherliche Gott. Je mehr wir uns auf die Tatsachen des Herrgottes stellen, um so eher stehen wir auf festem Boden."
P. Alfred Delp SJ: Gesammelte Schriften, Bd. 3, hrsg. von Roman Bleistein, Frankfurt a. M. 1984ff., S. 254