Ethisches Investment – Mit Geldanlagen Verantwortung wahrnehmen!
Erklärung des Hauptausschusses des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK)
1. Eine wachsende Zahl von Menschen fragt heute immer eindringlicher auch nach den sozialen und ökologischen Auswirkungen von Geldanlagen. Sie wollen mit ihrer Geldanlage nicht nur Rendite für sich selbst erzielen, sondern auch positive Entwicklungen zugunsten der Menschen in den ärmeren Ländern, zugunsten der Umwelt und im Sinne künftiger Generationen fördern. Dies ist zugleich der Kern eines christlich geprägten ethischen Investments. Durch ein solches Investment haben Anlegerinnen und Anleger zudem die Chance, mit der eigenen Geldanlage den Menschen in Entwicklungsländern eine selbstbestimmte wirtschaftliche Tätig-keit zu ermöglichen.
2. Wie kann sichergestellt werden, dass mit der eigenen Geldanlage im Sinne einer christli-chen Ethik Gutes bewirkt und Schlechtes vermieden wird? Bei der Beantwortung dieser Frage sind vor allem drei Aspekte von Bedeutung:
• Fördert die Geldanlage das Leben der Menschen, die Bewahrung der Schöpfung sowie die internationale und intergenerationale Gerechtigkeit?
• Trägt das Instrument dazu bei, dass arme Menschen in ihrem Bemühen um bessere Lebensbedingungen konkret unterstützt werden?
• Werden durch die Geldanlage Unternehmen finanziert, deren Produkte und Herstel-lungsverfahren den Menschen, der Umwelt und den Volkswirtschaften gerade auch in Entwicklungs- und Schwellenländern zugute kommen?
3. Ziel eines verantwortlichen Umgangs mit Geldanlagen ist die Herstellung einer ethischen Balance zwischen Gemeinwohlverantwortung, finanzieller Rendite, Sicherheit und Liquidität. Das ZdK empfiehlt hierbei eine Orientierung an den drei Oberzielen Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung und nennt hierzu eine Reihe von Negativ- und Positivkriterien als Orientierungshilfe.
Zu den Negativkriterien gehören z. B. Rüstung, Drogen, Pornografie, Kinderarbeit, Zwangs-arbeit, Diskriminierung, Missachtung von Menschenrechten, Verletzung von Gewerkschafts-rechten, Umweltzerstörung. Kritisch zu bewerten ist außerdem auch jede Form der Abwäl-zung der Kosten wirtschaftlichen Handelns auf Dritte, auf die Umwelt oder auf künftige Ge-nerationen (Externalisierung).
Positivkriterien sind z. B. Armutsbekämpfung (etwa durch Mikrokredite), Umwelttechnolo-gien, ethische Unternehmensführung, gesellschaftliche Unternehmensverantwortung, Famili-enfreundlichkeit, entwicklungsorientiertes staatliches Handeln.
4. Das ZdK fordert die Akteure am Finanzmarkt zu einem verstärkten Engagement im Bereich des ethischen Investment auf:
Private und kirchliche Anleger (Pfarrgemeinden, Diözesen, Verbände, Orden und Werke) können durch eine bewusste Entscheidung für eine ethische Geldanlage viel bewegen. Jeder Einzelne kann auch mit kleinen Summen etwas bewirken. Kleinsummen ergeben zusammen ein großes Potential, welches die Lebensbedingungen der Menschen in armen Ländern verbessern sowie das Verhalten von Unternehmen und Staaten positiv beeinflussen kann.
Unternehmen können und sollen die Chancen nachhaltigen Wirtschaftens und ethischer Un-ternehmensführung noch stärker für sich nutzen. Unternehmen müssen ihre Kunden, poten-tielle Geldgeber (private und institutionelle Anteilseigner) und Rating-Agenturen davon über-zeugen, dass es sich lohnt, neben den ökonomischen auch soziale und ökologische Ziele anzu-streben. Nachhaltigkeitsaspekte wie Beachtung der Menschenrechte, Umweltschutzbedingun-gen, Mitarbeiterzufriedenheit etc. haben sich gerade in den letzten Jahren zu positiven Wett-bewerbsfaktoren entwickelt, die zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Banken und Fondsgesellschaften können zu einer Förderung des ethischen Investments bei-tragen, indem sie ihre Kunden verstärkt auf die Möglichkeiten einer ethischen Geldanlage aufmerksam machen, ihre Angebote transparent gestalten und entsprechend attraktive Pro-dukte entwickeln. Über die aktive Wahrnehmung ihrer Stimmrechte können sie außerdem die Unternehmen zu mehr sozialem und ökologischem Engagement bewegen.
Der Gesetzgeber ist dazu aufgerufen, die rechtlichen Rahmenbedingungen für ethische Geld-anlagen und insbesondere Mikrofinanzfonds in Deutschland und auf europäischer Ebene för-derlich zu gestalten, z. B. im Finanzdienstleistungsrecht. Gerade die derzeit anstehende No-vellierung des Investmentgesetzes bietet eine gute Gelegenheit, den Stellenwert des ethischen Investments am deutschen Kapitalmarkt und den Finanzplatz Deutschland insgesamt auszu-bauen. Nachdem das ethische Investment über lange Jahre ein Nischendasein gefristet hat, erfreut es sich in jüngerer Zeit einer wachsenden Nachfrage. Mit den richtigen Rahmenbedin-gungen kann es zu einem Innovationstreiber am Finanzmarkt werden, von dem alle profitie-ren: die Geldanleger in Deutschland und die von Armut und Ungerechtigkeit Betroffenen weltweit.
5. Ausdrücklich begrüßt das ZdK
• das wachsende Engagement insbesondere auch von kirchlichen Finanzinstituten, die im Sinne ethischer Anforderungen tätig sind;
• dass kirchliche Anleger (Verband der Diözesen Deutschlands, Diözesen, Kirchenvor-stände, katholische Organisationen und Ordensgemeinschaften) bereits heute Teile ihres Vermögens nach ethischen Kriterien anlegen;
• Beschlüsse und Empfehlungen von Diözesanräten, Pfarrgemeinderäten, Kirchenvor-ständen, Kirchensteuerräten und katholischen Organisationen, die sich dafür einset-zen, das kirchliche und verbandliche Geldvermögen nach ethischen Kriterien anzule-gen.
6. Das ZdK ermuntert alle privaten und kirchlichen Anleger dazu, sich aktiv mit diesem The-ma auseinanderzusetzen. Gerade die Kirche kann mit ihrer Anlagepolitik einen entscheiden-den Beitrag leisten, damit ethisches Investment in der Öffentlichkeit mehr Bedeutung erlangt. In diesem Sinne hat das kirchliche Engagement ein doppeltes Gewicht!
Beschlossen vom Hauptausschuss des ZdK am 29. Juni 2007