Ethisches Investment – Mit Geldanlagen Verantwortung wahrnehmen!

Handreichung für private und kirchliche Arbeitgeber

1. Einleitung
2. Kriterien ethischer Geldanlagen
3. Formen ethischer Geldanlagen
3.1. Nachhaltigkeitsfonds
3.2. "Aktiver" Wertpapierbesitz
3.2.1. Privatanleger und Fondsgesellschaften
3.2.2. Kirche: Anleger mit doppeltem Gewicht
3.3. Wo finde ich Hilfe, wenn ich mein Geld ethisch anlegen möchte?
3.4. Geldanlage in Mikrofinanzbanken
4. Wirkung des ethischen Investments:
Was bringen ethische Geldanlagen?
5. Fazit
Anhang


1. Einleitung

Menschen fragen heute immer eindringlicher nach den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen von Geldanlagen. Wie kann sichergestellt werden, dass mit der eigenen Geldanlage Gutes bewirkt und Schlechtes vermieden wird? Engagierte Christen und Christinnen wollen mit ihrer Geldanlage nicht nur Rendite erzielen, sondern auch positive Entwicklungen fördern und zu Gerechtigkeit, Frieden und der Bewahrung der Schöpfung beitragen. Dies ist zugleich der Kern eines christlich geprägten ethischen Investments. Jede und jeder Einzelne hat zudem die Chance, mit der eigenen Geldanlage den Menschen in Entwicklungsländern eine selbst bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit zu ermöglichen.

Die Verleihung des Friedensnobelpreises an Muhammad Yunus und die von ihm begründete Grameen-Bank hat den Blick der Weltöffentlichkeit verstärkt auf Mikrofinanzbanken gelenkt. Diese Auszeichnung steht stellvertretend für viele dieser "Banken für die Armen", die heute - professionell geführt – rasant wachsen und für dieses Wachstum Eigenkapital und längerfristige Refinanzierungen brauchen. Privatanleger und Sparer in Deutschland fragen immer stärker nach inzwischen bestehenden Möglichkeiten, sich mit ihren Geldanlagen an der Finanzierung dieser "Banken für die Armen" zu beteiligen. Die Verleihung des Friedensnobelpreises liegt auf einer Linie mit der Aussage der Enzyklika Populorum Progressio von Papst Paul VI.: "Entwicklung ist der neue Name für Frieden".

Das ZdK knüpft mit der Erklärung "Ethisches Investment – Mit Geldanlagen Verantwortung wahrnehmen!" und der ergänzenden Handreichung sowohl an das Sozialwort der Kirchen "Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit" als auch an die Studie "Globale Finanzen und menschliche Entwicklung" der Sachverständigengruppe Weltwirtschaft und Sozialethik der Deutschen Bischofskonferenz an. Es schreibt die Erklärung des ZdK "Internationale Finanzmärkte – Gerechtigkeit braucht Regeln" im Hinblick auf konkrete Möglichkeiten einzelner und Gruppen, mit Geldanlagen soziale Verantwortung zu übernehmen und Entwicklung zu fördern, fort.

Ziel dieser Handreichung ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Anleger mit Geldanlagen in sogenannten sozialverantwortlichen Investmentfonds einen positiven Beitrag zur internationalen sozialen Gerechtigkeit leisten können. Verantwortliche Geldanlage ist dabei als Ergänzung zum Spenden anzusehen. Beide Möglichkeiten erfüllen das Gebot der Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums.

Das Thema des Ethischen Investments hat in Deutschland bei Weitem noch nicht den Stellenwert, der aus christlicher Verantwortung wünschenswert wäre. Diese Handreichung soll jeden Anleger dazu ermuntern, sich mit dem ethischen Investment genauso auseinanderzusetzen wie mit dem immer mehr Akzeptanz gewinnenden fairen Handel: "fair invest" und "fair trade" haben das gleiche Ziel – weltweite Gerechtigkeit!

Volumen von Investmentfonds mit ethischer und nachhaltiger Ausrichtung

In Deutschland gibt es derzeit 114 zum Vertrieb zugelassene Nachhaltigkeitsfonds. Das Volumen der 73 Aktienfonds, 23 gemischten Fonds und Dachfonds sowie 18 Rentenfonds belief sich zum Stichtag 30.03.2007 auf 16,07 Milliarden Euro. Zu Beginn der Datenermittlung über deutsche Nachhaltigkeitsfonds im Jahre 1998 gab es lediglich 12 solcher Finanzprodukte mit einem Gesamtvolumen von 300 Millionen Euro. (Quelle: ECOreporter.de)





Bei den Geldanlegern ist ein steigendes Interesse zu beobachten, neben der finanziellen Rendite auch ethische Aspekte zu berücksichtigen. Das Thema entwickelt sich, mithin ist Deutschland im besten Sinne des Wortes Entwicklungsland. Das ZdK appelliert an private und institutionelle Anleger – insbesondere an Pfarrgemeinden, Bistümer, Diözesen, Verbände, Orden und Werke – bei ihren Entscheidungen zur Geldanlage künftig stärker ethische Aspekte zu berücksichtigen und damit diesen Trend zu bestärken.

Diese Handreichung soll darüber informieren, welche Kriterien bei der Geldanlage zu berücksichtigen sind, wie ethische Geldanlagen funktionieren, welche Formen der Geldanlage es gibt und wo Geldanleger ihr Geld tatsächlich ethisch anlegen können.


2. Kriterien ethischer Geldanlagen

Der verantwortliche Umgang mit privaten und kirchlichen Geldanlagen besteht heute in der Bestimmung der angemessenen Balance zwischen ethischer Dimension, finanzieller Rendite, Sicherheit und Liquidität. Die Verbesserung der Einkommensseite der Kirche ist mit der Sicherheit der Finanzinvestition und der ethischen Dimension abzuwägen. Für Anleger spielt bei Anlageentscheidungen aber auch der kundenfreundliche Zugang eine bedeutende Rolle. Hier sind die Banken und Fondsgesellschaften gefordert, kundengerechte Produkte anzubieten.

Diese Handreichung leistet eine Hilfestellung zur Entscheidungsfindung und differenziert insbesondere die ethische Orientierung. Die Frage nach der sozialen und ökologischen Verantwortung in der Geldanlage führt letztlich auch zu der Frage, inwieweit die Banken, mit denen die Geldanleger zusammenarbeiten, diese Gelder ethisch investieren. Eines ist dabei zu beachten: Auch angesichts der derzeit angebotenen Vielfalt ethischer Geldanlagen ist es für kirchliche Haushalte vielleicht zunächst nicht möglich, ihre Gelder zu hundert Prozent in geeignete Anlagen zu investieren. In diesem Fall kommt dem "aktiven Wertpapierbesitz" (siehe Kapitel 3.2.) eine besondere Bedeutung zu.

Zwei Fragen dienen der Analyse, ob eine Geldanlage einer christlichen Ethik genügt: Fördert die Geldanlage das Leben der Menschen und die Bewahrung der Schöpfung sowie die internationale Gerechtigkeit,
• indem sie arme Menschen in ihrem Bemühen um bessere Lebensbedingungen konkret unterstützt? oder
• indem sie Unternehmen finanziert, deren Produkte und Herstellungsverfahren positiv für die Menschen, für die Umwelt und für die Volkswirtschaften gerade auch in Entwicklungs- und Schwellenländern sind?

Das ZdK empfiehlt eine Orientierung an den drei Oberzielen Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung und nennt hierzu eine Reihe von Negativ- und Positivkriterien als Orientierungshilfe. Welche Kriterien können sinnvollerweise an eine Geldanlage angelegt werden, wie sind sie zu gewichten und umzusetzen?

Zu den Negativkriterien gehören z.B. Rüstung, Drogen, Pornografie, Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung, Missachtung von Menschenrechten, Verletzung von Gewerkschaftsrechten, Umweltzerstörung.
Positivkriterien berücksichtigen Aktivitäten, in die bevorzugt investiert wird, z.B. Armutsbekämpfung (z.B. durch Mikrofinanzierungen), Umwelttechnologien, ethische Unternehmensführung, gesellschaftliche Unternehmensverantwortung, Familienfreundlichkeit, entwicklungsorientiertes staatliches Handeln.

Bei der nachfolgenden beispielhaften Aufzählung ist zu berücksichtigen, dass die Kriterien je nach Anlegerpräferenz unterschiedlich zu gewichten sind. Diese Gewichtung kann vom totalen Ausschluss bis hin zur prozentualen Begrenzung reichen.


Gerechtigkeit

Negativkriterien
Unternehmen:
• Verstöße gegen die fünf Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation ILO: Verbot von ausbeuterischer Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung; Vereinigungsfreiheit, Recht auf kollektive Lohnverhandlungen
• Zusammenarbeit mit staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren, die gegen Menschenrechte verstoßen

Staaten:
• Verletzung von Menschenrechten
• Korruption
• Agrarexportsubventionen und andere unfaire Maßnahmen im internationalen Handel

Positivkriterien
Unternehmen:
• Wahrnehmung von gesellschaftlicher Verantwortung und Gemeinwohlverpflichtung
• entwicklungsfördernde Investitionen, wie z.B. im Mikrofinanzbereich

Staaten:
• Bemühen um soziale Gerechtigkeit, Bekämpfung von Armut und Hunger
• entwicklungsorientiertes Handeln


Frieden

Negativkriterien
Unternehmen:
• Produktion von Rüstungsgütern (Rüstungsgüter sind definiert als Güter, die speziell für den militärischen Gebrauch konzipiert worden sind)
• Ausnutzung von Krisen- und Kriegssituationen

Staaten:
• Verletzung von Menschenrechten
• Besitz von ABC-Waffen ohne Abrüstungspläne

Positivkriterien
Unternehmen:
• Investitionen nach Krisen- und Konfliktsituationen zur Förderung der Wiederaufbaus
• Integration von Mitarbeitern ethnischer/religiöser Minderheiten

Staaten:
• Einsatz für die gewaltfreie Lösung von Konflikten
• Aktive Minderheitenpolitik

Bewahrung der Schöpfung

Negativkriterien
Unternehmen:
• Produktion von Drogen und Pornografieartikeln
• Abholzung von Primärwäldern
• überdurchschnittliche Treibhausgasemissionen
• unnötige Forschung mit Tierversuchen

Staaten:
• Nicht-Ratifizierung des Kyoto-Protokolls
• Nicht-Ratifizierung des Abkommens über den internationalen Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten

Positivkriterien
Unternehmen:
• Umsetzung von Sozial- und Umweltstrategien
• Produktion von umweltfreundlichen Gütern

Staaten:
• aktive Klimaschutzpolitik und Förderung von regenerativen Energieformen
• Beachten von Naturschutzzielen


3. Formen ethischer Geldanlagen

Für private und institutionelle Geldanleger gibt es eine ganze Reihe von ethisch ausgerichteten Anlageformen, wie z.B. Sparbücher bei und Zertifikate von kirchlichen Banken. Diese spielen gegenüber den Wertpapier-Investmentfonds mit ethischer und nachhaltiger Ausrichtung eine eher geringe Bedeutung. Deshalb konzentrieren sich die folgenden Darstellungen auf diese sogenannten Nachhaltigkeitsfonds.

3.1. Nachhaltigkeitsfonds

Nachhaltigkeitsrating-Agenturen und entsprechende Abteilungen von spezialisierten Banken haben sehr differenzierte Bewertungsverfahren für die ethische Bewertung von Unternehmen und Emittenten festverzinslicher Wertpapiere entwickelt. Für die Auswahl ihrer Titel nach Nachhaltigkeitskriterien gibt es drei verschiedene Vorgehensweisen:

Kriteriengeleitete Fonds: Hierbei kann der Kunde selbst aus einer umfangreichen Liste von klar definierten Positiv- und Negativ-Kriterien jene auswählen, die er in seiner Geldanlage berücksichtigen möchte und erhält daraufhin von der Agentur eine Liste von Unternehmen oder/und Anleiheemittenten, die diesen Kriterien entsprechen. Der Vorteil dieser Methode ist, dass konkrete ethische Belange, die dem Anleger wichtig sind, in der Portfoliozusammenstellung berücksichtigt werden. Das Geld kann gezielt in Unternehmen investiert werden, die Produkte herstellen oder Managementverfahren entwickelt haben, die ökologisch oder sozial fortschrittlich sind.

"Best in class"-Ansatz: Ziel dieser Methode ist es, eine Rangliste von Unternehmen einer Branche festzulegen. Unternehmen erhalten in diesen Systemen für bestimmte Merkmale im ökologischen und sozialen Bereich, evtl. auch noch im ökonomischen Bereich Noten und werden über diese Benotung mit anderen Unternehmen ihrer Branche verglichen und in eine Rangordnung gestellt. Der "Best in class"-Ansatz entstand aus der Notwendigkeit heraus, nachhaltiges Investieren für institutionelle Investoren und den breiten Finanzmarkt attraktiver zu machen. Er ermöglicht die Investition in Großunternehmen auch für sozial verantwortliche Geldanleger. Unternehmen werden nicht über Negativkriterien vom Investitionsuniversum ausgeschlossen, sondern kommen bei hohen Nachhaltigkeitswerten (über dem Branchendurchschnitt) für eine Investition in Frage. Diese Vorgehensweise erzeugt unter den Unternehmen einen Wettbewerb, weil die Unternehmen für Fondsmanager attraktiv werden wollen. Sie achten dafür gezielt auf ihre soziale und ökologische "Performance" bzw. Ausrichtung.

Pionierfonds: Diese konzentrieren sich bewusst auf das schmale Marktsegment der ökologischen und sozialen Vorreiter. Sie kaufen, oft unterstützt von strengen ökologischen und sozialen Kriterien, kleine und mittelgroße Unternehmen, die in der Energiegewinnung, der Lebensmittelproduktion oder im Handel mit Produzenten aus Entwicklungsländern neue, zukunftsweisende Wege beschreiten. Sie gehen damit ein relativ hohes ökonomisches Risiko ein, was, wie sich an der guten bis sehr guten Wertentwicklung dieser Fonds in den letzten Jahren gezeigt hat, mit einer ebenso großen Chance verbunden ist.

Viele Fonds kombinieren diese drei Ansätze. Die Auswahl der Kriterien oder auch die Wahl einer Mindestnote in einem Nachhaltigkeits-Rating, die ein Unternehmen erreichen muss, um für eine Investition in Frage zu kommen, haben Auswirkungen auf das Investitionsuniversum. Je nach Strenge der Kriterien sind ganze Branchen für einen Investmentfonds oder eine Bank tabu. Die Ansichten, ob sich dies per se nachteilig auf die Performance und das Risiko der Anlage auswirkt, gehen auseinander. Gemäß der gängigen Investitionstheorie führt die Reduzierung der Anlagemöglichkeiten zu einer geringeren Rendite und/oder höherem Risiko.

Zahlreiche Studien haben in den letzten Jahren untersucht, ob sich dies tatsächlich so verhält. Die Ergebnisse der Studien sind nicht einheitlich, weisen allerdings in eine Richtung. Im Jahr 2001 fassten die Harvard Wissenschaftler Margolis und Walsh die Ergebnisse von 80 Studien zur Performance Entwicklung von Nachhaltigkeitsfonds zusammen. Mehr als 50% der Studien ergaben, dass die Auswahl von nachhaltig arbeitenden Unternehmen der Renditeentwicklung eines Investmentfonds förderlich ist, 5% der Studien ergaben, dass diese Auswahl nachteilig ist und 45% ergaben, dass kein Zusammenhang zwischen Renditeentwicklung und einem an Nachhaltigkeitskriterien orientiertem Auswahlprozess besteht. Bei aller Problematik statistischer Erhebungsverfahren wird mit diesen Studien die Tendenz belegt, dass der ökonomische Erfolg von Fonds mit einer klaren ethischen Ausrichtung höher ist.


3.2. "Aktiver" Wertpapierbesitz

3.2.1. Privatanleger und Fondsgesellschaften

Aktionäre sind Miteigentümer eines Unternehmens. Anleihebesitzer sind seine Gläubiger. Aufgrund der breiten Streuung des Aktien- und Anleihebesitzes bzw. der starken Stellung von institutionellen Investoren haben die meisten Privatanleger keinen oder nur sehr begrenzten Einfluss auf die Unternehmenspolitik. Anleger, die in Aktien- oder Rentenfonds ihre Ersparnisse investieren, geben sogar ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten ganz an die Fondsgesellschaften bzw. die Mutterbanken ab, die diese Fonds auflegen. So kommt es zu einer erheblichen Konzentration von Anlagekapital und damit von Marktmacht in den Händen verhältnismäßig weniger. Zu einem wirklich "ethischen" Verhalten eines Anlegers gehört auch, Verantwortung für das zu übernehmen, was mit seinem investierten Vermögen, so klein es auch sein mag, geschieht.

Bei Fonds setzt dies Transparenz der Anlagepolitik, ihrer Ziele und Kriterien voraus. Ein verantwortungsvoller Anleger wird auf dieser Transparenz bestehen, sie einfordern oder sein Geld dort abziehen und an anderer Stelle investieren, wo diese Transparenz gegeben ist. Als Aktionär hat der Anleger die Möglichkeit, seine Anliegen vor dem Management oder auf der Jahreshauptversammlung vorzubringen und auf Veränderungen hinzuwirken, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Gleichgesinnten. Erleichtert wird ihm dies durch die Informationsrechte, die er als Anteilseigner hat.

Das ZdK regt an, dass die Fondsgesellschaften ihre Stimmrechte bei den Hauptversammlungen der großen Unternehmen, an denen sie Beteiligungen halten, unter dem Gesichtspunkt ethischer Belange mit Kompetenz und Nachdruck wahrzunehmen. Gerade die Fondsgesellschaften können aufgrund ihres oft erheblichen Stimmenanteils die Unternehmensleitungen zur Wahrnehmung ihrer sozialen, ethischen und ökologischen Verantwortung bewegen. Im angelsächsischen Raum wird diese Aufgabe von Anteilseignern und insbesondere Fondsgesellschaften seit einiger Zeit unter dem Stichwort "engagement process" diskutiert. Das ZdK möchte dazu beitragen, dass diese Diskussion auch in Deutschland verstärkt geführt wird.


3.2.2. Kirche: Anleger mit doppeltem Gewicht

Für kirchliche Anleger ist die Kombination aus ethischem Investment und aktivem Einmischen besonders interessant. Den Teil, den kirchliche Investoren in Aktien oder Unternehmensanleihen investieren, legen sie aus Sicherheitsgründen in aller Regel bei großen, international operierenden Aktiengesellschaften an. Deren Aktivitäten rufen allerdings oft Widerspruch hervor, so dass kirchliche Anleger gerade mit diesem Teil ihrer Rücklagenverwaltung in ethische Probleme geraten.

Die einfache Lösung dieses Problems bestünde darin, Agenturen zu nutzen, die neben der Vermögensverwaltung auch die Stimmrechtsverwaltung übernehmen, und sich im Namen ihrer Kunden gegenüber Unternehmen für ethische Themen einsetzen. Doch um die aus christlicher Überzeugung gewonnenen Positionen gegenüber Unternehmen noch besser vorbringen zu können, böte sich an, die Stimmrechte kirchlicher Anleger zu bündeln und so die ureigensten Anliegen der Kirche gegenüber den Unternehmen noch wirkungsvoller zu vertreten. Die anglikanische Kirche, die diesen Weg seit einigen Jahren beschreitet, spricht davon, dass sie so am besten ihr doppeltes Gewicht – ihr finanzielles und ihr moralisches – gegenüber den Unternehmen zur Geltung bringen kann. Das ZdK fordert die Kirchen in ihrer Rolle als Geldanleger dazu auf, sich in direkter Kommunikation mit den Unternehmen und Fondsgesellschaften für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einzusetzen.


3.3. Wo finde ich Hilfe, wenn ich mein Geld ethisch anlegen möchte?

Die katholischen Kirchenbanken haben gerade mit Blick auf ethisches Investment in den letzten Jahren eine spezielle Kompetenz aufgebaut, die von vielen kirchlichen und caritativ tätigen Kunden zunehmend in Anspruch genommen wird. Inzwischen haben einzelne Kirchenbanken damit begonnen, für ihre Kunden nicht nur bestimmte ethische Fondsprodukte anzubieten, sondern auch bei ihrer Eigenanlage konkrete Nachhaltigkeitskriterien zu erfüllen, um so stellvertretend für ihre Kunden deren Einlagen ethisch zu verwalten.

Es sei darauf hingewiesen, dass auch die kommerziellen Banken im Rahmen der neuen Finanzdienstleistungen entsprechende spezielle Produkte mit ethischer Ausrichtung anbieten. Diese werden hier nicht im Einzelnen aufgeführt und sind über die jeweilige Internetseite abrufbar.


Beispiele für Internetadressen mit ausführlichen Informationen zum ethischen Investment:
www.cric-ev.de (Verein ethisch orientierter Investoren, Kelkheim)
www.ecoreporter.de (umfassendes Internet-Portal mit Recherche-Modus)
www.eurosif.org (Europäischer Dachverband für nachhaltiges Investment)
www.forum-ng.de (Fachverband für nachhaltige Geldanlagen, Berlin)
www.germanwatch.org (Germanwatch Nord-Süd-Initiative e.V., Bonn)
www.oeko-invest.de (Informationsdienst und Herausgeber einer Fachzeitschrift)
www.oekotest.de (Verbrauchermagazin mit Rubrik zum ethischen Investment)
www.nachhaltiges-investment.org (Informationsseite der European Business School)
www.suedwind-institut.de (Forschungsinstitut für Ökonomie und Ökumene e.V., Siegburg)
www.sd-m.de (Sustainable Development Management, Dr. Axel Hesse, Münster)

Banken im katholischen Bereich und andere Anbieter:
Bank im Bistum Essen eG, Essen; www.bibessen.de
Bank für Kirche und Caritas eG, Paderborn; www.bkc-paderborn.de
DKM Darlehnskasse Münster eG; www.dkm.de
LIGA Bank eG, Regensburg; www.ligabank.de
Pax-Bank eG, Köln; www.pax-bank.de


Beispiele für Rating-Agenturen:
oekom research AG, München; www.oekom-research.de
imug Institut für Martk-Umwelt-Gesellschaft e.V., Hannover; www.imug.de
Scoris GmbH, Frankfurt a.M.; www.scoris.de
avanzi SRI research, Mailand; www.avanzi-sri.org
Ethibel Group, Brüssel, www.ethibel.org
Sarasin Sustainable Investment SSI, Basel; www.sarasin.ch/nachhaltigkeit
Sustainable Asset Management Group AG (SAM), Zürich; www.sam-group.com
E.Capital Partners (ECPI), Mailand; www.e-cpartners.com


3.4. Geldanlage in Mikrofinanzbanken

Wie vor 150 Jahren in Deutschland die Raiffeisen- und Genossenschaftsbanken Kleinbauern, Handwerkern und Kleinunternehmern erstmalig den Zugang zur Sparen und Kredit ermöglichten und eine Alternative zu den (wuchernden) Geldverleihern wurden, so tun dies heute "Mikrofinanzbanken" in Entwicklungs- und Schwellenländern. Sie kommen dem großen Bedürfnis der marginalisierten Bevölkerungsmehrheit nach, Kredite für ihre wirtschaftliche Tätigkeit zu fairen Bedingungen zu erhalten. Bislang hatten sie nur die Alternative zwischen großen privaten und staatlichen Banken, die ihnen aber kaum ihre Türen öffneten, und Geldverleihern, die sie allzu oft in eine aussichtslose Verschuldungssituation trieben. Durch Mikrofinanzbanken erhalten sie nun die Möglichkeit, mit Kleinkrediten die Gründung oder Erweiterung ihres Kleinbetriebes zu finanzieren und so aus eigener Kraft und in Würde den Unterhalt für sich und die Familie zu erwirtschaften. Manchmal gelingt es auch, für den Krankheitsfall oder die Schulbildung der Kinder zu sparen. Besonders Frauen profitieren von diesen neuen Möglichkeiten in einem überdurchschnittlichen Maße. Zudem bieten Mikrofinanzbanken auch die Möglichkeit des Sparens. Dafür müssen in vielen Ländern noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Das "Geschäftsmodell" vieler Mikrofinanzbanken ist inzwischen so ausgereift und so attraktiv für große Teile der bisher benachteiligten Bevölkerung, dass die Zahl ihrer Spar- und Kreditkunden jährlich mit hohen zweistelligen Wachstumsraten steigt. Dies führt zu einem so stark wachsenden Bedarf an Eigenkapital und langfristigen Refinanzierungen, dass selbst sehr ertragsstarke Mikrofinanzbanken ihn aus eigener Kraft nicht decken können, wenn sie die hohe Nachfrage ihrer Kunden bedienen wollen. Sie suchen Partner und Kapitalgeber und finden diese inzwischen auch in den entwickelten Ländern. Die meisten – wenn auch vielleicht nicht alle – dieser Geldgeber wollen eine angemessene finanzielle Rendite ihrer Investitionen mit der Förderung der Armutsbekämpfung verbinden und sehen in Mikrofinanzbanken Partner, mit denen sie diesen "doppelten" Gewinn erzielen können. Jedoch sollte darauf geachtet werden, dass es nicht zu einem Widerspruch der Ziele Armutsbekämpfung und Bewahrung der Schöpfung kommt. Es muss sichergestellt werden, dass durch eine kompetente Beratung und Steuerung vor Ort die Existenzgründer nicht auf Kosten der Umwelt wirtschaften.

Heute ist es nur in eingeschränktem Maße möglich, dass sich deutsche Geldanleger direkt in Mikrofinanzfonds beteiligen können. Das ZdK appelliert an den Gesetzgeber, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass in Deutschland Investmentfonds aufgelegt und öffentlich (d.h. über die Retail-Strukturen des deutschen Finanzsektors) vertrieben werden können. Mit einer entsprechenden gesetzlichen Änderung im Rahmen der gerade anstehenden Novellierung des Investmentgesetzes ließe sich somit ein enormes Potential ethischer Geldanlagen in Deutschland erschließen.


4. Wirkung des ethischen Investments: Was bringen ethische Geldanlagen?

Die Auswahl der Kriterien oder auch die Wahl einer Mindestnote in einem Nachhaltigkeits-Ranking, die ein Unternehmen erreichen muss, um für eine Investition in Frage zu kommen, haben Auswirkungen auf das Investitionsuniversum. Nur Unternehmen und Staaten, die die genannten Kriterien erfüllen, sich also für Frieden, soziale Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen, werden in sozialverantwortliche Fonds bzw. Nachhaltigkeitsfonds aufgenommen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Unternehmen und Staaten bei Verstoß gegen diese Kriterien ausgeschlossen bzw. nur in reduziertem Ausmaß berücksichtigt werden.

Es liegt auf der Hand, dass eine Ausrichtung des Investitionsverhaltens von Fonds nach diesen Kriterien Auswirkungen auf die Unternehmen und Staaten hat. Jeder Investor kann mit seinem Anlageverhalten die Welt mit gestalten. Wichtig ist dabei, mit Instituten zusammenzuarbeiten, die nachprüfbar ethische Kriterien umsetzen. Dafür ist ein sogenannter Ethikfilter unerlässlich. Der Begriff "Ethikfilter" hat sich in der allgemeinen Debatte um ethische Geldanlagen durchgesetzt. Er drückt aus, dass Banken eine konsistente ethische Kriteriologie auf all ihre Geschäftsaktivitäten anwenden. Es geht darum, dass alle Geschäftsaktivitäten den entwickelten sozialen und ökologischen Kriterien entsprechen und dies auch transparent nachvollziehbar ist.

Schwer zu beantworten ist die Frage, wie stark der Einfluss sozial verantwortlicher Investoren tatsächlich ist und wie er am effizientesten eingesetzt werden kann. Es gibt kaum wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Thema. Bekannt sind allerdings Fallbeispiele, die zeigen, dass Unternehmen auf die Bewertung durch Nachhaltigkeitsagenturen mit konkreten Verbesserungen reagierten. Neben diesen Fallbeispielen registrieren die Analysten von Rating-Agenturen bei Aktiengesellschaften ein Bemühen, den Ansprüchen sozialverantwortlicher Investoren zu genügen. Zum einen sind die Unternehmen seit dem Geschäftsjahr 2005 infolge einer Novellierung des Handelsgesetzbuches dazu verpflichtet, in ihren Lageberichten auch über nichtfinanzielle Leistungsfaktoren zu informieren. Zum anderen lässt sich anhand von Studien belegen, dass die Unternehmen in den Investoren -–also den Geldgebern – die wichtigste Zielgruppe für ihre Berichterstattung über Nachhaltigkeitsaspekte sehen. Beides zeigt: Die Unternehmen haben ein zunehmendes Interesse daran, sich als nachhaltig und ethisch orientiert zu präsentieren. Inwieweit derartige Aktivitäten, die sich ja zunächst vordringlich auf die Veröffentlichung von Daten beschränken, mittel- bis langfristig tatsächlich zu einer substantiellen Veränderung in der Geschäftspolitik führen, bleibt abzuwarten. Doch alle Anzeichen sprechen für einen Trend in den Unternehmen, den es mit aller Kraft zu unterstützen gilt.

5. Fazit

Diese Handreichung enthält konkrete Vorschläge und Entscheidungshilfen, die private und kirchliche Anleger bei ihren anstehenden Anlagenentscheidungen zu Rate ziehen können. Bei den genannten Internetadressen und den im Anhang aufgelisteten Postadressen katholischer Banken und anderer Anbieter können sie konkrete Informationen über die Möglichkeiten des ethischen Investments einholen.

Jeder einzelne kann auch mit kleinen Summen etwas bewirken. Kleinsummen ergeben zusammen ein großes Potential, welches die Lebensbedingungen der Menschen in armen Ländern verbessern sowie das Verhalten von Unternehmen und Staaten positiv beeinflussen kann.

Geld ist nicht neutral – es kommt darauf an, was man damit macht. Mit einer ethischen Geldanlage lässt sich Verantwortung wahrnehmen!






Anhang

Postadressen katholischer Banken und anderer Anbieter:


Bank im Bistum Essen eG
Gildehofstr. 2
45127 Essen
Telefon: 0201 / 22 09-0
Telefax: 0201 / 22 09-200
E-Mail: info@bibessen.de
Internet: www.bibessen.de

Bank für Kirche und Caritas eG
Kamp 17
33098 Paderborn
Telefon: 05251 / 121-0
Telefax: 05251 / 121-212
E-Mail: info.service@bkc-paderborn.de
Internet: www.bkc-paderborn.de

DKM Darlehnskasse Münster eG
Postfach 21 40
48008 Münster
Breul 26
48143 Münster
Telefon: 0251 / 51013-200
Telefax: 0251 / 51013-115
E-Mail: info@dkm.de
Internet: www.dkm.de

LIGA Bank eG Regensburg
Dr. Theobald-Schrems-Str. 3
93055 Regensburg
Telefon: 0941 / 4095-0
Telefax: 0941 / 4095-139
Internet: www.ligabank.de

Pax-Bank Köln
Von-Werth-Str. 25-27
50670 Köln
Telefon: 0221 / 16015-0
Telefax: 0221 / 16015-90
E-Mail: koeln@pax-bank.de
Internet: www.pax-bank.de

LFS Financial Systems GmbH
Linienstr. 126
101115 Berlin
Telefon: 030 / 308747-0
Telefax: 030 / 308747-50
E-Mail: info@lfs-consulting.de
Internet: www.lfs-consulting.de

GLS Gemeinschaftsbank e.G. Bochum
Christstraße 9
44789 Bochum
Telefon: 0234 / 5797-0
Telefax: 0234 / 5797-133
E-Mail: bochum@gls.de
Internet: www.GLS.de

Oikocredit-D-A-CH-S
Dachverband der deutsch-
sprachigen Förderkreise
Ebertplatz 12
50668 Köln
Telefon: 0221 / 13996-980
Telefax: 0221 / 13996-981
E-Mail: dachs@oikocredit.org
Internet: www.oikocredit.org

Steyler Bank GmbH
Hauptgeschäftsstelle in Sankt Augustin
Arnold-Janssen-Str. 22
D-53757 Sankt Augustin
Telefon: 02241 / 237 337
Telefax: 02241 / 237 648
E-Mail: info@steyler-bank.de
Internet: www.steyler-bank.de

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