„Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“

Stellungnahme des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

Stellungnahme des Zentralkomitees der deutschen Katholiken zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ vom 3. Mai 2007 (BT-Drs 16/5200) sowie dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. „Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements (BT-Drs. 16/5245) und dem Antrag der Fraktion der FDP „Mehr Freiheit wagen - Zivilgesellschaft stärken (BT-Drs. 16/5410)



1. Grundsätzliche Bewertung

Die gegenwärtige Diskussion des Gesetzentwurfs zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements berührt wichtige Zukunftsfragen unserer Gesellschaft. Es ist zu begrüßen, dass nunmehr fünf Jahre nach Abschluss der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ und nach dem Erscheinen des zweiten Freiwilligensurveys die Bundesregierung mit dem im Finanzministerium erarbeiteten Gesetzentwurf die Rahmenbedingungen für das bürgerschaftliche Engagement zu stärken. Die Anträge der Fraktion DIE LINKE (Bundestags-Drucksache 16/5245) und der Fraktion der FDP (Bundestags-Drucksache 165410) belegen, dass die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements als ein wesentlicher Beitrag zu unserem demokratischen Rechtsstaat über Parteigrenzen hinweg als dringende politische Aufgabe gesehen wird.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) unterstützt ausdrücklich die Intention der Bundesregierung mit dem Gesetzentwurf zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, die Rahmenbedingungen hierfür in unserer Zivilgesellschaft zu verbessern.

Sowohl die geplante verbesserte steuerliche Förderung des bürgerschaftlichen Engagements als auch die Erhöhung der Spendenabzugsfähigkeit auf 20 Prozent sind ein wichtiges Signal der Ermutigung an die Bürgerinnen und Bürger, sich zugunsten des Allgemeinwohls zu engagieren. Dies gilt in gleichem Maße für die Anhebung des Abzugsbetrages für Zuwendungen in den Grundstock einer Stiftung. Für eine nachhaltige Stärkung des Stiftungswesens in Deutschland zugunsten der vielfältigen Gemeinwohlaufgaben ist dies ein positiver Anreiz für die Bürgerinnen und Bürger. Starke Bedenken bestehen gegen den in § 52 Abs. 1 Abgabenordnung vorgesehenen abschließenden Katalog gemeinnütziger Zwecke. Gerade mit Blick auf die raschen Änderungen in unserer Gesellschaft bedarf es eines offenen Gemeinnützigkeitstatbestandes, sowohl im Interesse der Rechtssicherheit als auch der Möglichkeit zur Weiterentwicklung der Angebote gemeinnütziger Arbeit.

Durch die im Regierungsentwurf vorgeschlagenen Änderungen im Spendenrecht wird die Anreizwirkung des Spendenabzugs wesentlich gestärkt. Insbesondere die geplante Vereinheitlichung von gemeinnützigen und spendenbegünstigten Zwecken sowie die deutliche Anhebung des allgemeinen Abzugsrahmens auf 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte verdienen nachhaltige Unterstützung.

Für die zeitnahe Umsetzung der angestrebten Neuregelungen sollte das Gesetzgebungsverfahren zügig abgeschlossen werden.

Um die Intention des Gesetzentwurfs, über verbesserte rechtliche wie finanzielle Rahmenbedingungen auf eine Anerkennungskultur für bürgerschaftliches Engagement hinzuwirken, zu stärken, sollten aus Sicht des ZdK im weiteren Gesetzgebungsverfahren die nachfolgenden Aspekte Berücksichtigung finden.

II. Regelungsbezogene Stellungnahme

Artikel 1 Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG)
hier: Nr. 2 (§3 Nr. 26 EStG)

Das ZdK begrüßt die geplante Anhebung des Steuerfreibetrages auf 2.100 € als Anerkennung der ehrenamtlich Tätigen. Hierdurch wird der Anreiz für ehrenamtliches Engagement verstärkt und zugleich Bürokratie abgebaut. Mit Blick auf die vielfältigen gemeinnützigen Zwecke, zu deren Gunsten diese sich engagieren, ist es aus Sicht des ZdK allerdings dringend erforderlich, den Anwendungsbereich der Vorschrift entsprechend zu erweitern; dies gilt in besonderem Maße für Tätigkeiten im kulturellen Bereich, etwa in Pfarrbibliotheken, aber auch für Vereins- und Stiftungsvorstände. Hiermit könnte man tatsächlich ehrenamtliche Tätigkeiten würdigen. Das ZdK unterstützt die Forderung des Bundesrats, auch die ehrenamtlichen Betreuer nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch im Rahmen des § 3 Nr. 26 EStG zu berücksichtigen, da sie eine direkte Entlastung der Justizverwaltung bewirken und dieses Aufgabengebiet mit Blick auf die weitere demografische Entwicklung unserer Gesellschaft eine wachsende Bedeutung erhalten wird.

Artikel I Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG)
hier: Nr. 3a (§ 10b EStG-E)

Das ZdK begrüßt, dass die Höchstgrenzen für den Spendenabzug und von Mitgliedsbeiträgen von bisher 5 % bzw. 10 % des Gesamtbetrages der Einkünfte auf 20 % bzw. 2 Promille der Summe der gesamten Umsätze von Löhnen und Gehältern eines Kalenderjahres vereinheitlicht und angehoben werden sollen. Neben der erheblichen Verwaltungsvereinfachung steht hierbei auch im Vordergrund, dass die Spendenbereitschaft gefördert und gestärkt werden wird.

Artikel I Änderung des Einkommensteuergesetzes (EStG)
hier: Nr. 3b (§ 10b Absatz 1a EStG-E)

Die Förderung von Zustiftungen zugunsten des Vermögens bereits bestehender Stiftungen durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung wird seitens des ZdK außerordentlich begrüßt. Auch die Möglichkeiten der Steuerungskürzung von Körperschaften bei Neugründungen von Stiftungen wird dem Zweck dienlich sein, die Attraktivität von Stiftungsgründungen zu erhöhen. Hinsichtlich der Kapitalstockhöhe unterstützt das ZdK die Forderung des Bundesrates, den Höchstbetrag auf 1.000.000 Euro anzuheben.

Artikel 1 Änderung des Einkommensteuergesetzes
Hier: Nr. 4 (§ 34 h neu)

Das ZdK misst der Ankündigung einer Steuerermäßigung für bestimmte freiwillige unentgeltliche ehrenamtliche Tätigkeiten besondere Bedeutung zu. Der angekündigte Steuererlass
stellt einen weiteren kleinen Schritt zur politischen Umsetzung der Gleichwertigkeit der Arbeitsformen Erwerbsarbeit, Familienarbeit und bürgerschaftliches Engagement dar. An der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Einführung einer Steuerermäßigung in Höhe von 300 Euro im Jahr (Abzug von der Steuerschuld) für bestimmte freiwillige unentgeltliche ehrenamtliche Tätigkeiten im mildtätigen Bereich sollte daher unbedingt festgehalten werden.

Die derzeitig vorgesehene Eingrenzung im Gesetzentwurf der Bundesregierung ist allerdings unbefriedigend, denn mit der Begrenzung der Förderung auf ehrenamtlich Tätige zugunsten alter, kranker oder behinderter Menschen erfolgt eine Benachteiligung der ehrenamtlich Tätigen, die im Rahmen anderer gemeinnütziger und kirchlicher Zwecke tätig werden. Es ist inhaltlich wie auch hinsichtlich der Steuergerechtigkeit nicht nachzuvollziehen, warum der Steuerabzug nur beim Engagement zugunsten alter, kranker und behinderter Menschen Anwendung finden soll. Dem gesetzgeberischen Ziel, die steuerlichen Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt sowie der Tätigkeit in Vereinen deutlich zu verbessern, steht eine solche Ungleichbehandlung entgegen; sie ist im übrigen auch sachlich nicht gerechtfertigt. Die Förderung und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements ist nicht teilbar. Über die mildtätigen Bereiche im engeren Sinne hinaus sollte eine Ausweitung daher u.a. auf das Engagement in Vereinen und Verbänden, kirchliches Engagement sowie auf die Bereiche des Sports, für Hilfs- und Rettungsdienste und Feuerwehr erfolgen. Nur so kann die ganze Bandbreite der Gemeinnützigkeit in die Förderung einbezogen werden.

Artikel 5 Änderung der Abgabenordnung (AO)
hier: Nr. 1 (§ 52 Absatz 2)

Das ZdK begrüßt, dass mit der Neufassung des § 52 Absatz 2 künftig Spenden für alle gemeinnützigen Zwecke steuerlich abziehbar sein sollen. Allerdings engt die Fassung des § 52 Abs. 2 AO als abschließender Katalog der gemeinnützigen Zwecke diese Intention des Gesetzgebers zugleich wieder ein: Im Interesse einer flexiblen Handhabung der Vorschrift sollte mit Blick auf künftige Entwicklungen das Wort „insbesondere“ – wie in der bisher geltenden Fassung der Abgabenordnung - vor den Ziffern 1 bis 20 beibehalten werden. Eine abschließende Definition dessen, was dem Allgemeinwohl zu dienen geeignet ist, wird mit Blick auf die stetigen Veränderungen in unserer Gesellschaft dem Anliegen nicht gerecht, über gemeinnützige Arbeit auf wandelnde Bedürfnisse zeitnah zu reagieren.

Das ZdK begrüßt daher die Stellungnahme des Bundesrats vom 30.03.07, in der dieser fordert, an der bisher bewährten Regelung mit nicht abschließender Generalklausel und ausführlichem Beispielskatalog festzuhalten. Ein solch offener Gemeinnützigkeitstatbestand gewährleistet einerseits die notwendige Rechtssicherheit und erlaubt andererseits bedarfsgerecht zu reagieren.

Das ZdK unterstützt die Bundesregierung in ihrem Anliegen, die „Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, wenn es sich auf gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke beschränkt“ in den Katalog des § 52 Absatz 2 Abgabenordnung aufzunehmen. Eine solche Regelung dient einerseits der notwendigen Rechtssicherheit, sie trägt darüber hinaus auch dem grundsätzlichen Anliegen des Gesetzgebers Rechnung, das bürgerschaftliche Engagement zu stärken.


Artikel 7 Änderung des Umsatzsteuergesetzes (UStG) (§ 23 a)

Das ZdK begrüßt, dass die Umsatzgrenze in § 23 a Absatz 2 UStG auf 35.000 Euro angehoben werden soll. Allerdings erscheint mit Blick auf die ertragsteuerliche Betragsgrenze nach § 64 Absatz 3 AO eine Anhebung auf 40.000 Euro sachgerechter.

Artikel 8 Inkrafttreten

Das rückwirkende Inkrafttreten zum 1.1.2007 liegt im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Mit Blick auf den noch anstehenden Regelungsbedarf der untergesetzlichen Ausführungsregelungen sollte das laufende Gesetzgebungsverfahren zügig abgeschlossen werden.

III. Ergänzende Reformvorschläge

Folgende Aspekte sollten aus Sicht des ZdK noch Eingang in den Gesetzentwurf finden:

1. Mittelverwendungspflicht

Im Interesse einer sinnvollen Mittelverwendung sollte die bisherige Begrenzung der Mittelverwendung auf das dem Zufluss folgende Wirtschaftjahr um ein weiteres Jahr verlängert werden. Ergänzend hierzu sollte die Regelung des § 58 Nr. 2 Abgabenordnung (Endowment-Verbot) auch die Zuwendung von Stiftungen an andere Stiftungen zur Kapitalausstattung oder zur Neugründung von Stiftungen erlauben



2. Steuerbegünstigungen für Trägerstrukturen

Im Bereich der Gemeinnützigkeit werden im Interesse einer effektiven Organisation und effizienten Mittelverwendung zunehmend Holdingstrukturen aufgebaut. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen sollte § 57 Abgabenordnung in der Weise neu gefasst werden, dass auch bei solchen Organisationsentwicklungen der Träger steuerbegünstigt ist, auch wenn er selber keine eigenen steuerbegünstigten Aufgaben hat, sondern Dienstleistungsaufgaben für die Tochtergesellschaften wahrnimmt.


Bonn, den 5.6.2007

Diesen Artikel teilen: