Festveranstaltung zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. Hans Joachim Meyer

Laudatio von Magdalena Bogner im Rahmen der Festveranstaltung zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. Hans Joachim Meyer in Berlin -es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Professor Meyer,
lieber Präsident des Zdk!

Nach der so treffenden und umfassenden Würdigung durch Prof. Hans Maier, einem Ihrer Vorgänger im Amt des Präsidenten des ZdK, darf ich Ihnen nun im Namen des Präsidiums die Glückwünsche des Zdk zu Ihrem heutigen Festtag aussprechen. Wir freuen uns, mit Ihnen, mit Ihren zahlreichen Gästen und mit Ihrer Familie diesen Tag feiern zu können!
In den Überlegungen auf dieses Fest hin bewegte uns Mitglieder des Präsidiums die Frage: Wie können wir unserem Präsidenten anlässlich seines 70. Geburtstags unseren Dank und unsere Anerkennung zum Ausdruck bringen? Und womit verknüpfen wir unsere guten Wünsche?

An einem Festtag wie dem heutigen geht der Blick selbstverständlich zurück: auf Ihre sieben Lebensjahrzehnte, auf Ihr Wirken und auf das, was Sie gebaut und was Sie erreicht haben. Doch ich möchte nicht das Eine oder Andere wiederholen. Vielmehr will ich den Blick weiter zurück in die Vergangenheit schweifen lassen, - frei nach der Erkenntnis, dass nur im Blick auf die Vergangenheit die Gegenwart gedeutet werden kann. So soll aufleuchten, was am heutigen Tag zu würdigen ist: Sie, lieber Herr Prof. Meyer und Ihr Wirken - insbesondere für uns Katholiken in Deutschland. An diesem Festtag die Gegenwart deuten - das heißt, Ihr Wirken im rechten Licht zu sehen.

Und so geht der Blick zunächst weit zurück, - in die Zeiten der biblischen Propheten, von denen uns im Ersten Testament eine Reihe vor Augen gestellt wird. Wir erfahren manches über ihre seltsamen Berufe, manches über das aus unserer Sicht befremdliche Verhalten, aber auch über ihre Wirkung und ihren Auftrag. Schauen wir auf einige große Männer unserer Glaubensgeschichte (was nicht heißt, dass es keine Frauen gäbe, die Prophetinnen waren):

• Da ist einer, der flieht die Verantwortung, legt sich unter einen Ginsterstrauch, und will nicht mehr weiter gehen. Doch wo sind die Ginstersträucher im Dschungel unserer Großstadtstraßen - von Berlin oder von Bonn? Wo sind die Ginstersträucher in der Halle des Berliner Hauptbahnhofs oder des Flughafens Tegel? Propheten auf Reisen haben es schwer, sich niederzulegen, einen Ginsterstrauch zu finden, der sie aufnimmt, wenn sie nicht mehr können oder wollen. Aber gibt es deshalb heute keine Propheten mehr?

• Da ist ein anderer, der läuft seiner Aufgabe davon und flieht vor der Last des Redenmüssens. Schließlich landet er im Bauch eines Walfisches. Auch diese Möglichkeit ist heutigen Menschen wohl schon deshalb verwehrt, weil Walfische in unseren Konferenzräumen und Sitzungssälen eher selten anzutreffen sind.

• Von einem anderen wird uns erzählt, dass er eher theatralische Auftritte liebt, mal einen Tonkrug zerschlägt, mal sich ein Joch auf die Schulter legt, um sein Volk zu überzeugen. Auch solche Gesten würden in heutigen Versammlungen oder Konferenzen eher für die gegenteilige Wirkung sorgen!

• Das Repertoire der biblischen Propheten ist noch viel umfangreicher: einer setzt sich eiserne Hörner auf, um dem König zu imponieren, ein anderer gar läuft drei Jahre lang nackt durch die Straßen der Stadt, um auf das drohende Unheil der Kriegsgefangenschaft aufmerksam zu machen.

• Auch das Spektrum der Berufe ist vielfältig: da gibt es den Feigenproduzenten und den Schafzüchter, den Bauern oder den Priestersohn und auch den, der in der Wüste lebt und Heuschrecken isst. Alles nicht unbedingt Berufe für heutige Propheten!

• Schließlich ein Blick auf die frühe Zeit unserer Kirche: da galt als Voraussetzung als Prophet anerkannt zu sein, das geweihte Amt des Bischofs, des Diakons, des Presbyters.

All dies ist heute anders. Ich folge den Worten einer jungen Frau, Lyrikerin und Theologin, Ania Tomczyk, die sich über Propheten unserer Zeit so äußert:
Propheten hören die Nachrichten auch zwischen den Zeilen
machen sich einen Reim auf Ungereimtheiten
Propheten arbeiten nachts
die Traumschicht ist härter als man glaubt
ganze Völker, Ereignisse laufen am Fließband vorbei Richtung Zukunft
müssen zunächst geprüft werden
einsortiert
in Bilder verpackt
mit Sprache verschnürt
vorbereitet
für den Versand am frühen Morgen

Lieber Präsident! Nein, ein Prophet nach den von mir gerade aufgezeigten, ein wenig einseitig herausgegriffenen Merkmalen biblischer Propheten sind Sie nicht. Da treffen die Worte der Lyrikerin wohl eher auf Sie zu. Wenn ich Ihnen im Namen des Zdk heute gratuliere, dann mit der Zusage, dass wir in Ihnen einen Mann sehen, dem wir prophetisches Wirken zusprechen:
• Hellsichtig weisen Sie immer wieder auf Entwicklungen hin, die ins Abseits führen, die Menschen klein oder minderwertig machen.
• Sie werden nicht müde, Ungerechtigkeit und Unrecht beim Namen zu nennen.
• Mit Nachdruck und mit Einsatz all Ihrer Kräfte suchen Sie Ausgleich, wo Gräben oder Tiefen sich auftun.
• Sie sehen, wie Dürres sich wandeln müsste in Blühendes!
• Vor denen, die ihre Macht ausnützen, schrecken Sie nicht zurück und scheuen auch nicht, deutliche Worte in den Mund zu nehmen.
• Sie sind verwurzelt in der Liebe zu Gott und den Menschen.

Und so dürfen wir Ihnen den handgefertigten Druck eines Textes aus dem Deuterojesaja-Buch überreichen. Es sind Worte eines Propheten, der seine Botschaft in einer Zeit vorbrachte, in der das Volk Israel in tiefer Depression und Unsicherheit lebte. Seine Worte erfüllten sich schließlich – auch wenn sie zunächst nicht auf offene Ohren, sondern auf Ablehnung, ja Ignoranz stießen.
Die Stimme eines Rufers – Sie lieber ZdK-Präsident Herr Prof. Meyer! Dafür danken wir Ihnen heute.

Magdalena Bogner

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