Einführung in die Beschlussvorlage "Frieden braucht Entwicklung: Die Millenniumsentwicklungsziele verwirklichen!"

von Dr. Barbara Krause im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) -es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn wir heute hier als ZdK die Millenniumsentwicklungsziele und den Stand ihrer Umsetzung nach 5 der dafür angepeilten 15 Jahre thematisieren, so ist das für uns gleichzeitig eine Bündelung und Zuspitzung von Aufgaben und Stellungnahmen, die wir während der letzten Jahre hier miteinander diskutiert und beschlossen haben und in denen es uns um die Bekämpfung von Armut und ihrer Ursachen ging. Lassen Sie uns also einen kurzen Blick zurückwerfen:
In den 90er Jahren haben wir uns im Einklang mit anderen Akteuren intensiv darum bemüht, die Armenorientierung als entwicklungspolitische Strategie voranzubringen, also die Orientierung an den Problem- und Zielaussagen der armen Menschen, denen Entwicklungshilfe und
-politik Unterstützung in ihrem eigenen Veränderungsbemühen geben soll.
1999 bis hin zur großen Entschuldungskampagne des Jahres 2000 stand die Entlastung der höchst verschuldeten Länder der Welt auf der Tagesordnung. Dabei ging es uns insbesondere darum, dass die aus der Entschuldung freiwerdenden Mittel unmittelbar zur Armutsbekämpfung eingesetzt werden.
Im Jahr 2001 haben wir uns für eine verbesserte Rüstungskontrolle, insbesondere von Kleinwaffen, ausgesprochen – auch aus der Erfahrung, wie solches Gewaltpotential hart erarbeitete Entwicklungserfolge armer Bevölkerungsgruppen zunichte macht.
Im Jahr 2003 haben wir uns mit Fragen der internationalen Finanzarchitektur beschäftigt und eingefordert, dass auch die Ärmsten der Armen Zugang zu Finanzressourcen bekommen müssen.
In den Jahren 2003 und 2004 gaben die WTO-Konferenzen Anlass, auf eine Reduzierung von Exportsubventionen und handelsverzerrenden Agrarstützungen und auf bessere Mitsprachemöglichkeiten für die Länder des Südens zu drängen; im November 2003 haben wir uns im Kontext der Erklärung zur Agrarpolitik mit der Bekämpfung von Hunger in der Welt auseinander gesetzt.
Bei diesem kleinen Rückblick fällt auf, dass in unseren Stellungnahmen die Bedeutung von Entscheidungen, Vorgängen und Instrumenten für die ärmsten Bevölkerungsgruppen zentral war. Diese Sichtweise prägt auch die Milleniumsziele – darum kann es nicht verwundern, dass sich viele unserer genannten Anliegen darin wiederfinden lassen.

Die Millenniumsentwicklungsziele sind nunmehr seit 5 Jahren Teil der internationalen Tagesordnung: Im September 2000 fand im Rahmen der Vereinten Nationen das bisher größte Gipfeltreffen von Staats- und Regierungschefs statt, als dessen Ergebnis sie eine ‚Millenniumserklärung’ verabschiedeten. Darin setzten sie sich acht internationale Entwicklungsziele, die "Millennium-Development-Goals" (MDG). In Deutschland hat das Bundeskabinett am 4. April 2001 das "Aktionsprogramm 2015" der Bundesregierung verabschiedet und damit einen programmatischen und ressortübergreifenden Rahmen für den deutschen Beitrag zur Erreichung der MDGs formuliert.
Sie haben eine Zusammenstellung der 8 Ziele mit zusammen18 Unterzielen, deren Erreichung anhand von 47 Indikatoren gemessen werden soll, in Ihren Tagungsunterlagen gefunden. Bei aller Problematik der Datengewinnung, ihrer Mess- und Vergleichbarkeit – dazu finden Sie Näheres übrigens im hier ausliegenden, druckfrischen 4. Bericht der GKKE zur Halbierung der extremen Armut – sind damit Selbstverpflichtungen der Regierungen im Süden und Norden eingegangen worden, deren Einlösung für viele Millionen von Armut, Hunger und Krankheit besonders betroffenen Menschen zentral wichtig ist.

Mit der heutigen Beschäftigung in der Vollversammlung verbinden wir verschiedene Ziele:
Zunächst möchten wir dazu beitragen, die MDGs und das Aktionsprogramm 2015 über den Kreis der Spezialisten hinaus bekannter zu machen, um so mit unseren zivilgesellschaftlichen Mitteln der Meinungsbildung und der Öffentlichkeit dazu beizutragen, dass die Ziele auch tatsächlich erreicht werden können. Ein Drittel des Zeitraums für die Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele zur weltweiten Armutsbekämpfung läuft in diesem Jahr ab. Im September wird es auf UN-Ebene im Zusammenhang der 60. Generalversammlung eine
Überprüfung der Umsetzungserfolge der Millenniumserklärung geben. Erste Analysen deuten in die Richtung, dass eine ganze Reihe der Ziele zu scheitern droht, wenn die bisherigen Bemühungen nicht verstärkt werden und dass auch globale Erfolge den Blick auf regionale Stillstände oder gar Verschlechterungen nicht verstellen dürfen.
Es ist also Zeit, sich einzumischen.
Dies bezieht sich auch auf den expliziten Beitrag der Bundesrepublik Deutschland, denn wir sollten auch eine kritische Analyse der seit dem Aktionsprogramm 2015 unternommenen Schritte deutscher Politik vornehmen.
Auch die Anstrengungen bei uns selber, bei allen Akteuren der kirchlichen Entwicklungsarbeit, sollten in diesem Kontext bedacht werden, denn es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Mitwirkung der zivilgesellschaftlichen Kräfte zur Verwirklichung der MDGs unabdingbar ist.

Dabei leitet uns die in langjährigen Erfahrungen der Entwicklungszusammenarbeit gewonnene Erkenntnis, dass die Erfüllung der MDGs nicht ohne die unmittelbare demokratische Beteiligung der Armen selbst und ihrer Selbstorganisationen möglich sein wird. Insofern bilden Armutsbekämpfung und Partizipation die unabdingbaren Voraussetzungen zur Verwirklichung der MDGs.
Wenn wir uns heute also mit der Fünfjahresbilanz zur Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele beschäftigen, tun wir das, weil wir die MDGs als eine Chance begreifen, in der Armutsbekämpfung und Partizipation tatsächlich voranzukommen. Dazu muss diese Chance aber auch entschlossen genutzt werden.

Wir sind deshalb sehr froh, dass wir heute Frau Eveline Herfkens als Rednerin bei uns begrüßen können. Wir haben sie noch als niederländische Entwicklungsministerin in guter Erinnerung. Heute ist Frau Herfkens Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs und Leiterin der UN-Millenniumskampagne.

Professor Dr. Barbara Krause

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