Nachhaltige Landwirtschaft

Statement von Prof. Dr. Alois Heißenhuber im Rahmen der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) -es gilt das gesprochene Wort.

1. Einleitung

Die Erzeugung von Lebensmitteln und Rohstoffen ist die primäre Aufgabe der Landwirtschaft. Dazu nutzt sie neben den Faktoren Arbeit und Kapital mit dem Boden auch natürliche Ressourcen und gibt im Laufe des Produktionsprozesses zugleich Stoffe in die Umwelt ab.

Durch die Nutzung der natürlichen Ressourcen entstand aus der Naturlandschaft die Kulturlandschaft. Deren Ausprägung wird von der Gesellschaft zum Teil besonders positiv beurteilt und teilweise wird eine von der Landwirtschaft gestaltete (z.B. „ausgeräumte“) Kulturlandschaft und der Zustand der von ihr beeinflussten Ressourcen eher negativ beurteilt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit es möglich ist, die Erzeugung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen in besonderem Maße umweltfreundlich zu gestalten und welche Konsequenzen sich dabei aus den Forderungen der Welthandelsorganisation (WTO) ergeben.

2. Agrarpolitische Entwicklungen

In der Vergangenheit war die Agrarpolitik der EU durch Marktregulierungsmaßnahmen bei wichtigen Erzeugnissen geprägt, die auf dem EU-Binnenmarkt zu einem höheren Erzeugerpreisniveau führten als auf dem Weltmarkt. Als Instrumente dienten dabei Exportsubventionen, Importschutz (z.B. durch Zölle) und in Teilbereichen auch Mengen begrenzende Maßnahmen (z.B. die Milch- und Zuckerkontingentierung).

Dank dieser Maßnahmen konnten auch relativ kleine Betriebe existieren, wenngleich im Laufe der Zeit viele Betriebe durch den so genannten Strukturwandel ausgeschieden sind (in Deutschland geben durchschnittlich mehr als 10 000 Landwirte pro Jahr die Bewirtschaftung auf).

Die bisherige Politik ist aber auch Ursache für eine relativ kleinräumige Agrarlandschaft, während sich in einzelnen Gebieten auch Großstrukturen eingestellt haben.

Seit der Agrarreform im Jahr 1992 ist die EU bemüht, vermehrt staatliche Eingriffe abzubauen und die Marktkräfte wirken zu lassen. Zur teilweisen Kompensation der preissenkungsbedingten Einkommenseinbußen wurden seinerzeit Direktzahlungen (Flächenprämien) eingeführt. Die im Rahmen der Agenda 2000 beschlossenen Maßnahmen sowie die Vereinbarungen im Rahmen der so genannten Halbzeitbewertung der EU-Agrarpolitik in diesem Jahr sind eine Fortsetzung der Agrarreform von 1992. Diese Maßnahmen wurden durch den Druck von Mitgliedsländern der WTO, die ver-stärkt Agrarprodukte exportieren wollen, auf den Weg gebracht.

Dabei stehen folgende Forderungen im Raum:

  • Abbau der Exportsubventionen
  • Abbau der internen Stützung
  • Abbau des Importschutzes.



In allen drei Bereichen wurden bzw. werden von der EU Zugeständnisse gemacht. Allerdings hätten die in den diesjährigen WTO-Verhandlungen ursprünglich vorgelegten Forderungen dermaßen gravierende Auswirkungen auf die Landwirte in der EU gehabt, dass sich der Strukturwandel dramatisch beschleunigt hätte. So ist im Rahmen des derzeitigen Strukturwandels mit einem Abbau von 1,3 Mio. Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft der EU im Laufe der nächsten zehn Jahre zu rechnen. Die Umsetzung der ursprünglichen WTO-Vorschläge hätte aber zu einem deutlich höheren Abbau in der Größenordnung von 2,8 Mio. Arbeitsplätzen in der EU bis 2012 geführt. Im Gegenzug wären die Exportmöglichkeiten anderer Länder in die EU deutlich verbessert worden. Hier zeigt sich die Zweischneidigkeit derartiger Forderungen.

3. Umsetzung einer nachhaltigen Landwirtschaft.

Die Umsetzung einer möglichst nachhaltigen Landbewirtschaftung ist eine wichtige Forderung der Gesellschaft. Dieses Ziel umfasst neben den ökologischen auch ökonomische und soziale Ziele. Insgesamt bieten sich drei Wege, diese Ziele zu erreichen:

- Anhebung des Mindeststandards

In allen Bereichen des Wirtschaftslebens gibt es staatlich festgesetzte Mindeststandards. Nach dem Verursacherprinzip werden die daraus resultierenden Kosten letztlich auf den Preis überwälzt. Diese Vorgehensweise ist aber dann begrenzt, wenn ein derartiges Produkt aufgrund des hohen Preises auf dem Markt nicht mehr abgesetzt werden kann.

Ein derartiges Beispiel könnte das Verbot der Käfighaltung von Legehennen sein. Im ungünstigsten Fall werden nach 2006 in Deutschland keine Legehennen mehr in Käfigen gehalten, während die hier gekauften Eier vermehrt aus ausländischen Käfighaltungen kommen. Folglich muss die Erhöhung von Mindeststandards bei zunehmend offe-neren Grenzen sehr behutsam erfolgen.

- Ausgleichzahlungen

Eine andere Möglichkeit, höhere Standards am Markt durchzusetzen, besteht darin, die damit verbundenen Mehrkosten der Landwirte durch staatliche Zahlungen zu kompensieren. Nach diesem Prinzip funktionieren z.B. alle Umweltprogramme oder auch die Förderung erneuerbarer Energien.
Es ist unschwer zu belegen, dass dieser Weg durch die verfügbaren Haushaltsmittel des Staates begrenzt wird.

- Konsumenten übernehmen höheren Preis

Als dritte Möglichkeit ist die Mehrpreisakzeptanz seitens der Verbraucher zu nennen, was der typische Weg des ökologischen Landbaus ist. Auch hier ist der Gestaltungsraum sehr begrenzt. Einerseits beeinflusst die Höhe des Normalpreises den noch ak-zeptierten Mehrpreis, zum anderen setzen die Verbraucher individuell unterschiedliche Prioritäten. Dass der ökologische Landbau in Deutschland bis jetzt nicht einmal 5% Marktanteil erreicht hat, ist ein Beleg dafür.

4. Fazit

Die Landwirtschaft der EU wird mehr und mehr der Konkurrenz auf dem Weltmarkt ausgesetzt. Nicht zuletzt drängen andere Länder auf die Öffnung unserer Märkte. Die damit einhergehenden Veränderungen verschärfen den Strukturwandel in der Landwirtschaft der EU und wirken sich auch auf die Bewirtschaftungsweise aus. In diesem Zusammenhang kann die EU durch eine konzertierte Aktion von drei Maßnahmen (Mindeststandards, Ausgleichszahlungen und Mehrpreisakzeptanz) die Art und Weise der Landbewirtschaftung innerhalb bestimmter Grenzen beeinflussen. Die Schwierig-keit der Politik besteht darin, einen akzeptablen Kompromiss im Rahmen des gegebenen Zielkonfliktes zu finden.

Prof. Dr. Alois Heißenhuber

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