Rechenschaftsbericht - Zukunftsfähigkeit der katholischen Verbände sichern
Rede von Hubert Tintelott im Rahmen der 18. Delegiertenversammlung der AGKOD am 11./12. 10.2002 in Bad Honnef - es gilt das gesprochene Wort!
Die Arbeit des Vorstandes der AGKOD stand in den letzten zwei Jahren ganz im Zeichen des Themas dieser Delegiertenversammlung: „Zukunftsfähigkeit der kath. Verbände sichern“. Diese Diskussion und diese Konzentration auf das Selbstverständnis kath. Verbände könnte dem Vorstand leicht den Vorwurf eintragen, er beschäftige sich nur mit sich selbst und betreibe daher eine Nabelschau, die eigentlich so gar nicht zu den Aufgaben der kath. Verbände und kath. Organisationen passt, da sie ja ihr Apostolat in der Kirche und in der Welt haben. Der Vorstand hat natürlich dieses Problem gesehen, und es war daher für alle Vorstandsmitglieder ganz tröstlich, als in einem Fachgespräch mit Prof. Dr. Stefan Knobloch, dem Geschäftsführer der Konferenz kath. Pastoraltheologen, dieser feststellte: „Der Prozeß der Profilvergewisserung ist nicht als nach außen inaktive selbstbesinnliche Nabelschau zu verstehen, über die die Herausforderungen an einen kath.. Verband gewissermaßen verschlafen würde. Er ist als ein interaktiver Prozess der Mitglieder zu verstehen, die auf der einen Seite zwar Verbandsmitglieder sind und sich als solche im weitesten Sinn einer Verbandidee verschrieben haben, die aber auf der anderen Seite an der Pluralität des heutigen Lebens Anteil haben und diese Pluralität in den Verband nicht als Störung, sondern als Lebensferment und als Chance einbringen.“
Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft fühlte sich aber auch durch die Resonanz aus den Reihen seiner Mitglieder ermutigt, an den Fragen der Zukunftsfähigkeit kath. Verbände und Organisationen zu arbeiten, weil viele kath. Verbände selbst sich dieser Frage stellen. Sie tun dies innerhalb der Verbände selbst durch Leitbild – oder Programmdiskussion. Sie suchen aber auch Wege in eine Zukunft durch Zusammenschluss mit anderen Verbänden, die ihnen in ihrer Zielsetzung verwandt sind oder durch Bürogemeinschaften mit verwandten Verbänden. Alle Verbände stellen sich dabei die Frage: Wie denn die Zukunft kath. Verbände aussehen kann in einer Zeit, in der die Bereitschaft zu langfristigem Engagement immer weiter nachlässt, in der ein wachsender Individualismus die Bereitschaft schrumpfen lässt, sich dauerhaft in kath. Verbänden und Organisationen für Fragen der Kirche und der Gesellschaft zu engagieren. Diese Fragen müssen umso dringlicher gestellt werden, da bei einer nachlassenden Kirchenbindung gerade die eindeutige kirchliche Ausrichtung, das Etikett „katholisch“ für manche Menschen schon ein Hindernis ist, um sich in einem solchen Verband zu engagieren.
Dieser Blick auf die Situation der kath. Verbände und Organisationen selbst, auf ihr Profil und ihre Zukunftsfähigkeit hat aber nicht dazu geführt, dass die aktuelle gesellschaftliche und kirchliche Diskussion mit ihren Herausforderungen ganz am Vorstand vorbeigegangen ist. Vielmehr hat gerade die Lebendigkeit der kath. Organisationen im Bereich der gesellschaftlichen Auseinandersetzung dazu geführt, dass vor allem in der Kirche selbst die Aufmerksamkeit für die Arbeit kath. Organisationen gewachsen ist. So hat beispielsweise die Debatte im Umfeld der Biotechnologie und die fundierten Stellungnahmen und Kampagnen kath. Verbände zu diesen Fragen auch für die Amtsträger der Kirche deutlich gemacht, welches Potential in den kath. Organisationen steckt und wie notwendig Kirche dieses Potential braucht, wenn sie aktiv am gesellschaftlichen Diskurs teilnehmen will. Wo gibt es denn sonst Strukturen in der Kirche, in denen bis auf die Pfarrebene hin solch schwierige aber gleichzeitig doch auch so bedeutsame Fragen wie die ethische Bewertung des therapeutischen Klonens, der Präimplantationsdiagnostik usw. diskutiert werden und es zu einer Meinungsbildung kommt? Wo gibt es sonst Strukturen in der Kirche, die bundesweite Unterschriftenkampagnen zu solchen Fragen starten können und die Zugang zu Politikern haben, über die dann die Ergebnisse dieser Meinungsbildungsprozesse und Kampagnen in die Politik eingebracht werden können? Bei der Beantwortung dieser Fragen ist für viele Amtsträger doch die Einsicht gewachsen, die bereits in der Erklärung des ZDK aus dem Jahr 1984 festgehalten ist, wo es heißt: „Die kath. Verbände haben seit je den Sinn, Organisationsform der Mitwirkung der Katholiken am öffentlichen Leben sowie ihrer Einflussnahme auf die Politik zu sein.“
Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft traf angesichts dieser Veränderungen in der Wahrnehmung der Arbeit kath. Organisationen auf eine ganz andere Ausgangslage als noch vor zwei Jahren. Hatte sich der Vorstand in seiner Amtszeit vor der letzten Delegiertenversammlung noch sehr aufwendig darum bemühen müssen, bei Bischöfen und Pastoraltheologen Interesse für die Bedeutung der Arbeit der kath. Organisationen zu wecken, so hat sich dies mittlerweile sehr geändert. Bevor der Vorstand jedoch das Gespräch aufgenommen hat mit der Pastoralkommission der deutschen Bischöfe und das Thema in der Gemeinsamen Konferenz zur Sprache brachte, hat er aber versucht, sich zunächst der eigenen Positionen zu versichern.
Die Stellung der kath. Verbände und Organisationen im Kirchenrecht
Bereits im Frühjahr 2000 hatte sich der Vorstand im Rahmen einer Klausurtagung mit den Fragen des Kirchenrechtes auseinandergesetzt und auf der Basis eines Buches von Heribert Hallermann zum Thema: „Die Vereinigungen im Verfassungsgefüge der lateinischen Kirchen“ gefragt, inwieweit die Regelungen des CIC von 1983 bereits in deutsches Partikularrecht übernommen worden sind. Schon im Rahmen dieser Klausurtagung war deutlich geworden, dass es für viele kath. Organisationen unklar war, welche der drei möglichen Kategorien eines kirchlichen Vereins ihrem Selbstverständnis entspricht. Die fehlende eindeutige Selbstfestlegung und Zuordnung der kath. Organisationen selbst in eine dieser Kategorien führte dann auch dazu, dass es immer wieder zu Problemen kam und kommt bei der Genehmigung von Satzungen, bei der Bestellung des geistlichen Beirates usw. Verschiedentlich haben sich dann kath. Organisationen an den Vorstand gewandt mit der Bitte, sie bei der Genehmigung ihrer Satzungen oder im Hinblick auf die Bestellung der gewünschten geistlichen Begleitung zu unterstützen. Die dabei deutlich werdende Unsicherheit im Hinblick auf das Kirchenrecht hat den Vorstand veranlasst, eine Informationsveranstaltung zu diesem Thema anzubieten. Immerhin nahmen 37 kath. Organisationen an dieser Veranstaltung teil. Sie wurde von allen Teilnehmern als sehr hilfreich für die Klärungsprozesse in den Verbänden selbst eingestuft. Der Vorstand ist davon überzeugt, dass er mit dieser Veranstaltung einem großen Informationsbedürfnis der Verbände und Organisationen zu Fragen des Kirchenrechts entgegen gekommen ist und die Informationen dazu beigetragen haben, zumindestens im Bereich des Kirchenrechtes und seiner Anwendung und Umsetzung in Deutschland zu mehr Klarheit zu kommen.
Kath. Verbände und Organisationen aus der Sicht der Pastoraltheologen
Doch die kirchenrechtliche Sicht kann das Selbstverständnis kath. Organisationen nicht ausreichend beschreiben und so hat der Vorstand Herrn Prof. Dr. Stefan Knobloch von der Universität Mainz, den Geschäftsführer der Konferenz der deutschsprachigen Pastoraltheologen gebeten, sich für ein klärendes Gespräch zum Selbstverständnis der kath. Verbände und Organisationen zur Verfügung zu stellen. Prof. Knobloch hat während einer Vorstandssitzung in 10 Thesen einige sehr grundsätzliche Aussagen zur Rolle und Bedeutung kath. Organisationen gemacht, die dann zu einem sehr lebhaften und intensiven Gedankenaustausch geführt haben. Prof. Knobloch griff in seinen Thesen ein Bild auf, das im Zusammenhang mit kath. Organisationen oft gebraucht wird. Nach diesem Bild sind kath. Verbände Brücken von der Kirche in die Gesellschaft hinein und Sensoren für gesellschaftliche Fragestellungen. Er machte jedoch deutlich, dass kath. Organisationen diese Funktionen nur dann erfüllen und erfüllen können, wenn sie selbst zu einem kommunikativen Ort werden, an dem die Mitglieder in der Diskussion aktueller Gesellschaftsfragen ihre eigenen Positionen ausloten und artikulieren können. Damit es den kath. Organisationen jedoch gelingt, ein solcher kommunikativer Ort zu werden, müssen sie besser wissen, worum es den im Verband organisierten Menschen eigentlich geht, welches ihre Lebens- und Glaubensfragen sind. Prof. Knobloch machte deutlich, dass, wenn diese Prozesse gelingen, die kath. Organisationen in der heutigen Gesellschaft eher eine zunehmend, denn eine abnehmende Bedeutung haben. Er warnte die kath. Organisationen aber davor, sich zu überfordern. Sie müssten einen nüchternen Blick dafür behalten, welche gesellschaftlichen und kirchlichen Themen und Herausforderungen ihr Thema sind und welche Themen sie überfordern. Eine kluge und weise Beschränkung in der Arbeit und in den Themenfeldern, die kath. Organisationen bearbeiten, ist daher das Gebot der Stunde. Die gesellschaftspolitischen und auch kirchlichen Fragestellungen sind so komplex, dass keine Organisation zu allen Fragen gleich kompetent antworten und Stellung beziehen kann. Diese ganz selbstverständliche Einsicht muss aber jeweils neu auf der Basis des vorhandenen Mitgliederpotentials und ihren Erwartungen und Positionen neu bestimmt werden.
Eine sehr lebhafte Diskussion ergab sich dann zu einer These von Prof. Knobloch im Zusammenhang mit den in der Diskussion über das Selbstverständnis der kath. Organisationen transportierte Kirchenbild. Nach Eindruck von Prof. Knobloch herrscht bei manchen kath. Organisationen ein Verständnis vor, dass sie zwar zur Kirche gehören, aber nicht Kirche sind. Diesem Verständnis stellte er auf der Basis der Aussagen des II. Vatikanischen Konzils einem Selbstverständnis gegenüber, dass kath. Verbände und Organisationen Ausdrucksform von Kirche seien und das Selbst- und Sendungsbewusstsein der kath. Organisationen im „allgemeinen Priestertum der Kirche“ sein Fundament hat. Aus diesem Selbstverständnis heraus wurde dann auch deutlich, dass die Laien ihr Apostolat in der Kirche wie in der Welt haben und eine manchmal in Deutschland vorgenommene Einschränkung des Aktionsfeldes der Laien auf den Weltdienst eine Verkürzung der im II. Vatikanischen Konzil vorgenommenen Aufgabenbeschreibung des Apostolates der Laien ist.
Als Vorstand haben wir in unserer Stellungnahme zu diesem Teil der Thesen von Prof. Knobloch deutlich gemacht, dass nach unserem Eindruck für die Mehrzahl der kath. Organisationen doch das Verständnis vorherrscht, zur Kirche zu gehören und Teil der Kirche zu sein.
Kath. Verbände auf der Tagesordnung der Gemeinsamen Konferenz
Nach diesen Vorgesprächen mit Kirchenrechtlern und Pastoraltheologen fühlte sich der Vorstand gut gerüstet, auch mit den Bischöfen in ein Gespräch über die Zukunftsfähigkeit kath. Verbände einzutreten. In dieser Phase der Diskussion entschied sich der Vorstand ganz bewusst, die Gespräche nun zunächst auf die besondere Situation der kath. Personalverbände engzuführen, ohne die geistlichen Gemeinschaften und die Sach- und Berufsverbände und sonstigen Zusammenschlüsse ganz aus dem Auge zu verlieren. Mit Unterstützung des Präsidiums des ZDK war es dann möglich, das Thema: „Zukunftsfähigkeit der kath. Verbände“ auf die Tagesordnung der Gemeinsamen Konferenz zu bringen.
In der Gemeinsamen Konferenz hat dann zunächst Herr Dr. Stefan Vesper in einem Einführungsstatement deutlich gemacht, dass kath. Verbände auch heute eine Kraftquelle für Kirche und Gesellschaft sind. Allerdings gingen die gesellschaftlichen Realitäten wie der demographische Wandel, rückläufige Besucherzahlen bei den Gottesdiensten etc. auch an den kath. Verbänden nicht spurlos vorüber. Doch selbst wenn man dies in Rechnung stelle, müsse man berücksichtigen, dass in den kath. Verbänden doch immerhin ca. 4 - 5 Mio. Mitglieder organisiert seien, die eine hohe Kirchenbindung aufwiesen und Bereitschaft zum Engagement mitbrächten.
Im Anschluss daran hatten dann Frau Renate Müller von der KAB, Frau Magdalena Bogner von der kfd und ich vom Kolpingwerk her die Möglichkeit darzustellen, was die kath. Verbände selbst tun, um ihre Zukunftsfähigkeit sicher zu stellen. Die Bischöfe zeigten sich von diesen Statements durchaus beeindruckt und waren überrascht, wie stark die Mitglieder kath. Verbände mit ihren Strukturen in die Gesellschaft hineinwirken und auf welchen Ebenen die kath. Verbände bereits ihr christliches Zeugnis ablegen. Sie erinnerten aber auch daran, dass vor allem viele kleinere kath. Verbände sich heut schwer täten und manche Verbände in einigen Diözesen schon nicht mehr präsent seien. Die Mitglieder des Vorstandes und die Vertreter kath. Verbände in der Gemeinsamen Konferenz machten darauf aufmerksam, dass gerade bei kleineren Verbänden bereits die Tendenz festzustellen sei, zu einer wie auch immer gearteten Form der Zusammenarbeit zu kommen und Synergieeffekte zwischen den verschiedenen Verbänden zu nutzen.
Die Sitzung der Gemeinsamen Konferenz endete dann eigentlich mit einem ermutigendem Signal. Kardinal Lehmann dankte nicht nur den kath. Verbänden und Organisationen für ihr Engagement und ihre eigenen Anstrengungen zur Zukunftssicherung, sondern stellte auch fest, dass es an der Zeit sei, auch in den Bischofskonferenzen über die Zukunft der kath. Verbände nachzudenken und möglicherweise während einer Vollversammlung einen Studientag zu diesem Thema zu machen. Wie sie sich sicher denken können, hat der Vorstand diese Anregung gleich aufgegriffen und in einem Brief des Vorsitzenden an Kardinal Lehmann dies auch noch einmal ausdrücklich begrüßt und eingefordert.
Vorbereitung des Gespräches mit der Pastoralkommission
So erfreulich die Aussicht auf einen Studientag der Deutschen Bischofskonferenz zum Thema kath. Verbände ist, so sehr war sich der Vorstand bewusst, dass angesichts der Themen, die auf eine Behandlung in der Vollversammlung warten, es wohl noch einige Zeit dauern wird, bis sich diese Planung umsetzen lässt. Der Vorstand hat daher parallel damit begonnen, Kontakte zur Pastoralkommission unter Leitung von Bischof Warnke zu knüpfen und hat mittlerweile eine feste Gesprächszusage für den 18. November 2002.
Zur Vorbereitung dieses Treffens hat der Vorstand ein Gespräch geführt mit P. Dr. Manfred Entrich, dem Leiter der Zentralstelle Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz. Im Rahmen dieses Gespräches wurden nicht nur aktuelle Probleme aus dem Bereich der kath. Organisationen in ihrem Verhältnis zur Bischofskonferenz angesprochen wie z. B. die Bezuschussungskriterien des VDD, die Aufgaben der Arbeitsstellen für Frauen- und Jugendseelsorge und Probleme im Zusammenhang mit der Genehmigung von Satzungen, sondern P. Dr. Manfred Entrich ging bei den von ihm vorgetragenen Thesen von dem allgemein zu beklagenden Glaubensschwund in unserer Gesellschaft aus und er verwies mit Blick auf die neuen Bundesländer auf stabile konfessionslose Milieus. Er machte deutlich, dass in Deutschland lange der Eindruck vorgeherrscht hat, dass durch den kulturellen Kontext und die Präsenz der Kirche in einer Reihe von säkularen und öffentlichen Institutionen die Weitergabe des Glaubens problemlos gesichert gewesen sei. Er stellte fest, dass sich hier grundsätzlich etwas geändert hat. In Bezugnahme auf einen Text der Zentralstelle Pastoral „Zeit zur Aussaat, Missionarisch Kirche sein“ machte er dann deutlich, dass die Kirche insgesamt wieder ihre missionarische Dimension entdecken muss und dass dabei auch die kath. Verbände eine wichtige Aufgabe übernehmen können. P. Dr. Manfred Entrich stellte die kath. Verbände als Biotope des Glaubens für die Gemeinden dar.
Diese Aussage, „kath. Verbände als Biotope des Glaubens“, war dann auch die Grundlage für die anschließende Diskussion und man kam überein, gerade auch diesen Teil des verbandlichen Selbstverständnisses kath. Verbände und die Möglichkeiten und Grenzen kath. Verbände bei der Umsetzung eines verstärkten missionarischen Einsatzes der ganzen Kirche in Deutschland zu einem der Schwerpunktthemen für die Diskussion mit der Pastoralkommission im November 2002 zu machen.
Die Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz hat sich zur Vorbereitung dieses Gesprächs bereits am 25./26. Juni 2002 mit der missionarischen Dimension der Verbände befasst. Bei ihren Überlegungen geht sie davon aus, dass katholische Verbände „freie Zusammenschlüsse von Katholiken sind, die ihren Glauben in der säkularen Welt bezeugen wollen“. Allerdings habe sich die Welt im Vergleich zur Gründerzeit vieler Verbände deutlich geändert, da es heute eine wachsende Zahl von Menschen gibt, die faktisch noch nicht mit der Kirche in Berührung gekommen und mit einem pluralen Angebot von Weltanschauungen und religiösen Überlegungen konfrontiert sind. Eine solche Situation fordert nach Meinung der Pastoralkommission, dass die Verbände ihre Aktivitäten missionarisch profilieren.
Der Vorstand der AGKOD hat diese Überlegungen aufgegriffen und sich mit der Pastoralkommission auf einen Fragenkatalog geeinigt, der bei dem gemeinsamen Treffen am 18. November diskutiert werden soll: Wo sind katholische Verbände missionarisch tätig? Wo schaffen katholische Verbände Zugang zum Glauben und auch zum Gemeindeleben? Wie wirken katholische Verbände einem übermäßigen Individualismus im Glauben entgegen? Inwieweit können katholische Verbände Lern- und Erlebnisorte des Glaubens sein?
Die hier vereinbarten Fragen sind auch eine zentrale Anfrage an die Verbände selbst. In unserem Selbstverständnis als katholische Verbände betonen wir immer wieder: In der Kirche zuhause, offen für die Welt. Doch was bedeutet diese Beheimatung in der Kirche, wenn immer mehr Menschen Mitglied in katholischen Verbänden werden, die im Glauben noch Suchende sind, die nur eine sehr geringe Kirchenbindung haben. Welche Konsequenzen muss dies für das verbandliche Schulungs- und Veranstaltungsangebot haben? Ich denke, uns ist allen sehr bewusst, dass es hier um drängende Fragen geht und ein Dialog und Gedankenaustausch mit der Pastoralkommission für beide Seiten anregend und weiterführend sein kann.
Neuordnung der Vorgaberichtlinien des VDD
So wichtig und notwendig die ständige Auseinandersetzung mit dem Profil und den Aufgaben der kath. Verbände ist, so sehr ist sich der Vorstand jedoch auch bewusst, dass auch die inhaltliche Arbeit ohne eine materielle Grundlage nicht erfolgreich zu machen ist. Wir alle, die wir Verantwortung in den kath. Organisationen tragen wissen, wie schwer es heute ist, die wirtschaftlichen Grundlagen einer erfolgreichen Arbeit zu sichern. Bei unserer letzten Delegiertenversammlung im Oktober 2000 in Münster hatte ich bereits darüber informiert, dass der VDD neue Vergaberichtlinien für die Verbandsförderung beschlossen hatte, die zunächst erst einmal drei Jahre auf Probe angewandt werden sollten. Die neuen Vergaberichtlinien unterschieden sich von den alten im wesentlichen durch drei Punkte.
Der Begriff seelsorglich wurde durch religiös ersetzt und es wurden nur noch religiöse Maßnahmen im engeren Sinn wie Exerzitien, geistliche Fortbildungsmaßnahmen etc. gefördert.
Es wurde das Kriterium von 3000 zahlenden Mitgliedern als Kriterium für die Berechtigung zum Erhalt der Zuschüsse eingeführt
Es gab deutliche Kürzungen für die Übernahme von Kosten eines „Geistlichen Beirates“.
Schon auf der letzten Delegiertenversammlung ist klar geworden, dass die konsequente Umsetzung dieser Änderung für manche kath. Organisationen zu einer Existenzfrage werden könnte. Ich hatte deshalb bei der letzten Delegiertenversammlung darum gebeten, dem Vorstand mitzuteilen, wie im konkreten diese Änderungen umgesetzt wurden und welche Konsequenzen dies für das verbandliche Handeln der kath. Organisationen im einzelnen hat. Verschiedene kath. Organisationen haben den Vorstand über ihre Probleme informiert und wir haben in Einzelfällen durch direkte Kontakte mit den Vergabestellen auch die Klärung offener Fragen erreichen können. Die aufgetretenen Probleme - und ich bin davon überzeugt auch das durch die Gespräche des Vorstandes der AGKOD neue erweckte Interesse der Bischofskonferenz an der Arbeit der kath. Verbände und Organisationen - haben jedoch die Bereitschaft beim VDD wachsen lassen, über die Ausgestaltung der Vergaberichtlinien noch einmal nachzudenken. Es ist deutlich geworden, dass eine Engführung der Förderung kath. Verbände auf streng religiöse Maßnahmen nicht dem Auftrag und dem Selbstverständnis kath. Verbände in Kirche und Gesellschaft entsprechen kann und hier eine Öffnung in den Vergaberichtlinien erreicht werden muss. Beim VDD ist darüber hinaus deutlich geworden, dass die Begrenzung auf 3000 zahlende Mitglieder nicht das alleinige entscheidende Kriterium für die Förderung sein kann, da es durchaus Verbände gibt, die auch mit geringerer Mitgliederzahl in ihrem jeweiligen speziellen Aufgabenfeld eine Leistung erbringen, die einfach unverzichtbar ist.
Der VDD hat deshalb den Vorstand gebeten, doch selbst einmal Vorschläge zu erarbeiten, wie eine Verbandsförderung aussehen könnte. Der Vorstand hat daraufhin unter Hinzuziehung von den Mitgliedern kath. Verbände aus dem Hauptausschuss erste Überlegungen angestellt, wie solche Kriterien aussehen könnten und auf seiner Sitzung am 12. September 2002 den Entwurf einer neuen Verfahrungsordnung zur finanziellen Förderung von Aktivitäten katholischer Personal- und Berufsverbänden durch den VDD beschlossen.
Dieser Entwurf soll nun mit den zuständigen Gremien der Bischofskonferenz weiter diskutiert und abgestimmt werden. Der Vorschlag einer neuen Verfahrungsordnung führt die bisher getrennten Verfahrensordnungen für die Förderung seelsorgerischer Aktivitäten der Personalverbände und die Verfahrensordnung zur Bezuschussung berufs- und sozialethischer Aktivitäten der Berufsverbände zu einer Ordnung zusammen.
Der Vorstand war sich bei seinen Überlegungen darüber im klaren, dass angesichts knapper Haushaltsmittel objektiv überprüfbare Kriterien vorliegen müssen, die die Förderung von Maßnahmen in einem Verband sinnvoll erscheinen lassen. So hält der neue Verfahrensvorschlag daran fest, dass nur solche Verbände förderungswürdig sind, die in mehr als der Hälfte aller Diözesen vertreten sind und mindestens 3.000 Mitglieder nachweisen können. Allerdings löst der Vorschlag die strenge Bindung an die Mindestzahl von 3.000 Mitgliedern wieder auf und hält eine Förderung von Aktivitäten kleinerer Verbände auch dann für berechtigt, wenn sie herausragende bundesweite Aktivitäten nachweisen können. Voraussetzung einer solchen Förderung von kleineren Verbänden soll allerdings ein positives Votum des Vorstandes der AGKOD sein.
Die zweite wesentliche Änderung im Vorschlag des Vorstandes betrifft die Öffnung der förderungswürdigen Maßnahmen. Die Engführung auf religiös seelsorgerisch wird aufgehoben und es wird vorgeschlagen, entsprechend dem Selbstverständnis katholischer Verbände die Bezuschussung von seelsorgerisch-religiösen, diakonischen, kulturellen, politischen, sozialen und wirtschaftethischen und pädagogischen Maßnahmen zu ermöglichen. Organsitzungen sollen nicht förderungswürdig sein, allerdings eigenständige Studienteile im Zusammenhang mit Organsitzungen.
Als weitere Veränderung wird angeregt, dass für die Vor- und Nachbereitung der entsprechenden Maßnahmen bis zu 20 % der Maßnahmekosten gewährt werden können. Dies ist so etwas wie ein Verwaltungskostenzuschuss. Bei der Bemessung der Zuschüsse soll in besonderer Weise auch die Eigenleistung des Verbandes berücksichtigt werden.
Wenn wir uns bei einer Genehmigung dieser Verfahrensordnung auch eine Verbesserung der jetzigen Situation erhoffen, so möchte ich doch davor warnen, darauf zu hoffen, dass nun plötzlich das Füllhorn der kirchlichen Zuschüsse über die kath. Verbände ausgeschüttet wird. Ich denke, wir müssen aber fordern, dass wenn – wie in den Gesprächen in der Gemeinsamen Konferenz deutlich geworden - die kath. Organisationen eine unverzichtbare und durch keinen anderen zu leistende Aufgabe in Kirche und Gesellschaft haben, dann muss ihnen bei der materiellen Absicherung dieser Arbeit auch aus Kirchensteuermitteln geholfen werden.
Konziliarer Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung
Sie sehen, dass sich wie ein roter Faden durch die Arbeit des Vorstandes in den letzten zwei Jahren das Thema „Zukunftssicherung der kath. Verbände“ und die Arbeit an einer Schärfung des Profils der kath. Organisationen gestanden hat. Selbstverständlich hat der Vorstand auch noch viele andere Themen behandelt wie z. B. Mitwirkungsmöglichkeiten kath. Organisationen beim ökumenischen Kirchentag, Beteiligung an der öffentlichen Anhörung der Enquete Kommission des Deutschen Bundestages zu „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagement“, Bestätigung der Nachwahl von Mitgliedern aus den Reihen der kath. Organisationen in das ZDK, und erneute Überlegungen zur Verbesserung der Archivarbeit der kath. Organisationen. Diese Punkte möchte ich nur erwähnen und nicht näher ausführen.
Erlauben Sie mir nur noch auf ein Thema der Vorstandsarbeit näher einzugehen: das Bemühen um Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
Die „Rio plus 10 Konferenz“ in Johannesburg hat es uns kürzlich noch einmal wieder deutlich vor Augen geführt, wie wichtig und zentral die Anliegen von Umwelt und Entwicklung für ein friedliches Zusammenleben und für eine nachhaltige Entwicklung der Weltgesellschaft sind. Der Vorstand hat sich bereits im März 2001 mit der Frage befasst, welche Möglichkeiten es gibt, um die örtlichen Gruppen der kath. Organisationen dafür zu interessieren, sich in die „lokalen Agenda 21 Prozesse“ einzubringen. Prälat Grande informierte den Vorstand über den Stand der Bemühungen und konnte auch aufzeigen, wo bereits kath. Verbände mit ihren örtlichen Gruppierungen sich aktiv in diesen Prozess eingebunden haben.
Ich möchte die Gelegenheit dieser Delegiertenversammlung nutzen, um auch auf diesem Wege noch einmal alle kath. Organisationen sehr herzlich zu bitten doch zu überprüfen, inwieweit sie bereit sind die Anliegen von Rio, die jetzt ja durch die Konferenz in Johannesburg noch einmal neu ins Bewusstsein gebracht worden sind, als Verbände mit aufzugreifen. Viele kath. Verbände haben sich positiv zu diesem Anliegen geäußert. Es kommt nun jedoch darauf an, dass diese Anliegen auch durch die „lokalen Agenda 21 Prozesse“ umgesetzt werden. Dies ist manchmal eine mühevolle und zähe Sache, doch kath. Verbände und ihre Mitglieder zeichnen sich ja doch auch dadurch aus, dass sie ein Anliegen mit Beharrlichkeit verfolgen.
In die gleiche Richtung zielte eine Initiative des ZdK, die den Vorstand auch mehrmals beschäftigt hat. Das ZdK hat mit der unit energy Stromvertrieb GmbH einen Rahmenvertrag abgeschlossen zur Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energieressourcen wie Wind, Sonne und Wasser. Mehr als 20 kath. Organisationen haben sich für dieses umweltverträgliche Energieangebot interessiert.
Damit darf ich meinen Bericht zur Arbeit des Vorstandes in den letzten beiden Jahren beenden. Mit diesem Bericht endet jedoch auch die Wahlperiode dieses Vorstands und wie Sie aus den vorliegenden Wahlvorschlägen ersehen, werden wir in der neuen Wahlperiode in weiten Teilen auch eine ganz neue Zusammensetzung des Vorstands bekommen. Erlauben Sie mir daher zum Abschluss meiner Amtsperiode als Vorsitzender der AGKOD noch ein mehr grundsätzliches Wort.
Die unterschiedlichen Charismen des organisierten Laienapostolates nutzen
Vor sieben Jahren ist aus der Arbeitsgemeinschaft der kath. Verbände die Arbeitsgemeinschaft der kath. Organisationen geworden. Die Erweiterung der Arbeitsgemeinschaft um die geistlichen Gemeinschaften und die sonstigen Zusammenschlüsse war damals durchaus nicht unumstritten. Die traditionellen kath. Verbände hatten die Sorge, ob in der neuen und erweiterten Arbeitsgemeinschaft ihre Anliegen und Besonderheiten überhaupt noch zur Sprache kommen könnten. Andererseits hatten auch die geistlichen Gemeinschaften und so bedeutende Organisationen wie Adveniat, Misereor oder Renovabis durchaus die Frage, was ihnen die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft bringen könnte. Letztlich haben sich dann alle durch ein sehr technisches Argument zu diesem Zusammenschluss entschießen können nämlich der Aussage, dass die Mitgliedschaft in dieser Arbeitsgemeinschaft die Voraussetzung für die Wahl in das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist. In der AGKOD sollten ja alle organisierten Teile des Laienapostolates zusammengefasst sein, die neben den Diözesanräten und den sog. freien Persönlichkeiten eine der drei Wurzeln für das ZdK darstellt.
So zögerlich der Zusammenschluss am Anfang gestartet ist, so sehr hat sich in der konkreten Zusammenarbeit der letzten Jahr doch manche Fremdheit abgebaut und es ist sogar Vertrauen gewachsen. Die kath. Verbände haben erkannt, dass sich auch die geistlichen Gemeinschaften durchaus um gesellschaftspolitische Fragen kümmern und die geistlichen Gemeinschaften haben gespürt, dass auch die kath. Verbände durchaus ein beachtliches Maß an Spiritualität vorweisen können.
Ich darf jedenfalls sagen, dass es auf der Vorstandsebene eine durchaus lebendige und sich gegenseitige befruchtende Form der Zusammenarbeit gegeben hat, und die unterschiedlichen Charismen der verschiedenen Formen des Laienapostolates sich als bereichernd ausgewirkt haben. Gerade angesichts der gesellschaftlichen Situation und der sich noch weiter ausbreitenden Säkularisierung sollten wir diesen Reichtum nutzen und uns nicht gegenseitig mit Vorwürfen überziehen oder voneinander abkapseln. In der gesamten Kirchengeschichte hat sich die Kirche durch einen Reichtum an Gnadengaben ausgezeichnet und wir sollten diese Verschiedenheit als Reichtum erkennen und durch ein Zusammenwirken aller Kräfte diesen Reichtum im Sinne unseres Apostolates auch nutzen.
Zukunftssicherung der kath. Verbände
Neben der Nutzung und gegenseitigen Stärkung der verschiedenen Formen des organisierten Laienapostolates hat der jetzt aus dem Amt scheidende Vorstand eine wichtige Aufgabe darin gesehen, den kath. Verbänden wiederum eine größere Aufmerksamkeit in der kirchlichen Öffentlichkeit, bei den Bischöfen und in der theologischen Wissenschaft zurück zu gewinnen. Die geistlichen Gemeinschaften sind relativ neue Formen des organisierten Laienapostolates und sind mit ihrem stärkeren Akzent auf den spirituellen Teil der Laienarbeit angesichts des allgemeinen Glaubensschwunds eine Antwort auf die Säkularisierung. Verständlicherweise haben die Bischöfe diesem Teil der Laienarbeit in den letzten Jahren eine größere Aufmerksamkeit entgegengebracht. Doch die letzten Monaten haben deutlich gemacht, dass auch die traditionsreichen kath. Verbände kein alter Zopf sind, den man einfach abschneiden könnte, ohne etwas Wesentliches zu verlieren. Es ist zwar richtig, dass die kath. Verbände parallel zur demographischen Entwicklung über eine Überalterung zu klagen haben, es ist aber richtig, dass sie Probleme haben, Menschen in einer Zeit der wachsenden Individualisierung für eine Mitgliedschaft und kontinuierliche Mitarbeit zu gewinnen. Doch es ist auch richtig, dass heute noch etwa 5 Mio. Menschen in den kath. Verbänden organisiert sind, dass katholische Verbände aufgrund ihrer langjährigen Arbeit an vielen Stellen mit der Gesellschaft und der Politik verknüpft sind und sie damit Einfluss haben auf politische Entscheidungen, es ist auch richtig, dass in vielen Pfarrgemeinden die Verbandsmitglieder das Rückgrat des pfarrlichen Lebens bilden und sie in den Kirchenvorständen und Pfarrgemeinderäten mit ihren Mitgliedern aktiv mitarbeiten, dass sie durch zahlreiche Angebote den Glauben ihrer Mitglieder stärken und sie für ihr Apostolat in der Welt befähigen.
Es ist daher richtig was der Generalsekretär des ZdK Dr. Stephan Vesper in einem Referat gesagt hat: „Für die kath. Verbände gibt es keine Alternative. Wenn sie, „sterben“ dann „stirbt“ ein bedeutender Teil der Kirche“.
Der Vorstand hat daher in seiner Amtszeit mit allen ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten versucht, auf diese Tatsachen wieder aufmerksam zu machen und bei aller Bescheidenheit darf man sagen, dass dies ein Stück weit auch gelungen ist. Doch wenn es um die Zukunftssicherung der Verbände geht, dann ist dies zuerst eine Aufgabe für die kath. Verbände selbst. Nicht ohne Grund hat daher der Vorstand für den gestrigen Studientag Vertreter unterschiedlicher Verbände einmal gebeten, darzustellen, wie sie versuchen die Zukunftsfähigkeit ihres Verbandes sicherzustellen. Dabei muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass kath. Verbände in jeweils ganz speziellen gesellschaftlichen Situationen und manchmal für sehr eng umgrenzte Ziele gegründet worden sind. Es ist daher durchaus möglich, dass einige kath. Verbände ihr Verbandsziel durch die eingetretenen gesellschaftlichen Veränderungen erreicht haben und damit ihr Gründungsziel erreicht wurde. In anderen Verbänden wird man feststellen, dass es sinnvoll sein kann, bei ähnlicher Zielsetzung mit anderen kath. Verbänden - in welcher Form auch immer – zusammen zu arbeiten bzw. sich auch zusammen zu schließen, um gemeinsam noch besser die Ziele erreichen zu können. Wenn wir die Aktualität der kath. Verbände betonen, bedeutet dies nicht, dass es keine Veränderungen im kath. Verbandsbereich geben darf. Es muss möglich sein, dass Verbände ihre Arbeit einstellen, weil ihre verbandlichen Zielsetzungen erreicht sind, wie es auch Möglichkeiten geben muss, zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen neue Verbände zu gründen. Grundsätzlich muss sich jeder Verband selbst immer wieder fragen, ob er mit seiner jetzigen Struktur, mit seiner jetzigen Mitgliedschaft, mit seiner jetzigen Zielsetzung in der Lage ist, einen erkennbaren Beitrag in Kirche und Gesellschaft im Sinne des kath. Laienapostolates zu erreichen. Eine Zeit lang sind wir auch im kath. Verbandsbereich dem Grundsatz gefolgt, dass in einer sich pluralisierenden Gesellschaft sich auch die Verbandsstrukturen pluralisieren müssen. Angesichts der gewonnenen Erfahrung der letzten Jahre müssen wir aber auch fragen, ob nicht durch einen Zusammenschluss von Verbänden es möglich wäre, größere Wirkungen zu erreichen und effizienter zu sein. Ich weiß, dass dies ein heikles Thema ist, wenn kath. Verbände mit einer mehr als 100-jährigen Tradition sich zusammentun sollen. Doch die Gewerkschaften machen es uns vor, dass dies im Hinblick auf die uns gestellten Aufgaben notwendig sein kann. Wir sollten deshalb zumindestens die Frage nicht zu einem Tabuthema machen.
Ich bin davon überzeugt, dass nur dann, wenn wir auf die Herausforderungen der heutigen Zeit gute und überzeugende, am christlichen Menschenbild orientierte Antworten finden, wenn für die heutige Zeit die richtigen Organisationsstrukturen entwickelt werden, nur dann werden wir als kath. Verbände und als kath. Organisationen auch weiterhin einen unverzichtbaren Beitrag für die Menschen in unserem Land, für Kirche und Gesellschaft leisten können.
Hubert Tintelott