Die Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft annehmen

Erklärung des Hauptausschusses des Zentralkomitees der deutschen Katholiken zur aktuellen Diskussion um Zuwanderung und Integration vom 11. Juni 2001

1. Die Fragen um Zuwanderung und Integration sind für unser Land von grundsätzlicher Bedeutung. Wurde bis vor kurzem in der politischen Debatte heftig darüber gestritten, ob Deutschland Einwanderungsland ist oder nicht, so hat sich jetzt die Einsicht durchgesetzt, dass unser Land auf Dauer Zuwanderung in erheblichem Umfang braucht. Der voraussehbare Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen aufgrund der anhaltend niedrigen Geburtenrate und der spürbare Mangel an Fachkräften in fast allen Branchen der Wirtschaft haben das Umdenken begünstigt. Die Probleme der sozialen Sicherungssysteme und der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit unseres Landes lassen sich nicht durch Zuwanderung lösen; doch ohne den Zuzug weiterer Erwerbstätiger aus dem Ausland würden sie sich verschärfen. Es geht aber nicht nur um Zuwanderung aus eigenem nationalen Interesse. Deutschland hat in den zurückliegenden Jahren in beträchtlichem Umfang Flüchtlinge, Bürgerkriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte aufgenommen. Es darf sich auch in Zukunft seinen humanitären Verpflichtungen nicht entziehen.

2. Die Fragen um Zuwanderung und Integration bedürfen einer umfassenden Regelung. Daher begrüßen wir es, dass der Bundesinnenminister im vergangenen Jahr eine parteiübergreifende Kommission berufen hat, welche die verschiedenen Aspekte dieses Problemkreises erörtern und Eckpunkte für ein Zuwanderungs- und Integrationsgesetz formulieren soll. Dabei ist zwischen Zuwanderung aus eigenem nationalen Interesse (in der Regel Arbeitsmigration, die zur Einwanderung führt) und Zuwanderung aufgrund humanitärer Verpflichtungen zu unterscheiden.

3. In der politischen Diskussion wird viel über Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung, über den "Wettbewerb um die besten Köpfe" und über Grenzen der Aufnahmefähigkeit und Aufnahmebereitschaft der Gesellschaft gesprochen. So wichtig diese Themen sind: die Diskussion darf sich nicht darauf beschränken. In der öffentlichen Debatte muss klar werden, dass es bei den Fragen um Zuwanderung und Integration um Weichenstellungen geht, die das Selbstverständnis und die Strukturen unserer Gesellschaft berühren. Letztlich handelt es sich darum, die Grundlagen für ein dauerhaftes Zusammenleben in kultureller Vielfalt zu schaffen. Dabei muss Politik mit Klugheit und Augenmaß nach Lösungsmöglichkeiten für unvermeidbare Interessenkonflikte suchen. Sie muss alles vermeiden, was durch verkürzende Darstellungen oder suggestive Wertungen von Fakten Stimmungen begünstigt, die der Integration der Menschen ausländischer Herkunft schaden.

4. Zuwanderung aus arbeitsmarktpolitischem Interesse kann durch gezielte Anwerbung von Arbeitskräften oder durch Quotensysteme gesteuert werden. Alle Einwanderungsländer nutzen diese Instrumente in verschiedenen Formen und Kombinationen. Dass Deutschland hochqualifizierte Arbeitskräfte benötigt, ist politisch unstrittig. In vielen Branchen und Sektoren der Wirtschaft besteht darüber hinaus ein Bedarf an weniger qualifizierten Arbeitskräften, der ebenfalls auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres gedeckt werden kann. In beiden Fällen ist zu prüfen, wie es gelingen kann, Arbeitslose für die freien Stellen zu interessieren und zu qualifizieren. Wir wissen, dass es objektive und subjektive Gründe gibt, welche die Eingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt erschweren. Die Möglichkeit der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte darf aber nicht dazu führen, im Bemühen um Qualifizierung und Eingliederung auch von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt nachzulassen.

5. Die politischen Energien müssen heute verstärkt auf neue und entschiedene Anstrengungen zur Verbesserung der Integration gerichtet werden. Das gilt für die bereits hier lebenden Ausländer und ihre Familien ebenso wie für künftige Zuwanderer. Politisch wurde Integration immer wieder gefordert, aber wenig gefördert. Hier ist ein Umdenken nötig. Die nicht zu übersehenden Integrationsdefizite in bestimmten Gruppen der ausländischen Bevölkerung auch nach langem Aufenthalt in Deutschland wurden nicht zuletzt dadurch verursacht, dass es keine gezielte Integrationspolitik gab. Eine Gesellschaft, die Zuwanderung braucht, muss auch die entsprechenden Rahmenbedingungen für die Integration schaffen: auf der rechtlichen Ebene, im gesellschaftlichen Leben wie auch auf der kommunalen Ebene.

6. Integration ist ein zweiseitiger Prozess, der von Einheimischen wie von Zuwanderern ein hohes Maß an Offenheit, gegenseitigem Respekt und Toleranz erfordert. Die Integration von Menschen anderer Kultur, ethnischer Herkunft und Religion kann nur gelingen in einem klaren, nicht zur Diskussion stehenden Rahmen von Werten und Normen. Dieser Rahmen ist durch das Grundgesetz abgesteckt. Unter seinem Anspruch stehen alle, die in Deutschland leben, gemeinsam. Von denen, die nach Deutschland einwandern, muss man erwarten, dass sie bereit sind, die Sprache dieses Landes zu erlernen, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und eine berufliche Existenz aufbauen zu können. Sie werden sich um so schneller in unsere Gesellschaft integrieren, je mehr wir das Zusammenleben mit ihnen als menschliche und kulturelle Bereicherung begreifen und im Alltag auf sie zugehen. Dies setzt voraus, dass wir selbst eigene interkulturelle Kompetenz erwerben und kontinuierlich erweitern. Integration heißt nicht kulturelle Selbstaufgabe. Die Bewahrung der eigenen Identität darf aber auch nicht in ein Ghetto führen und die Entstehung von Parallelgesellschaften fördern.

7. Um die strukturellen Voraussetzungen für Integration zu verbessern, halten wir folgende Maßnahmen für vorrangig:

• Ein breiteres und differenzierteres Angebot an Sprachkursen ist nötig, um den Kommunikationserfordernissen und der persönlichen Situation der Zuwanderer, z.B. der Mütter mit kleinen Kindern, gerecht zu werden. Alle Zuwanderer mit langfristiger Aufenthaltsperspektive sind in den Kreis der Anspruchberechtigten für Sprachkurse aufzunehmen. Dazu gehören: bereits hier lebende ausländische Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, künftige Einwanderer, Asylberechtigte, Ausländer mit dem sogenannten "Kleinen Asyl" (Anerkennung nach Genfer Flüchtlingskonvention/§ 51 AuslG) Aussiedler und ihre Familienangehörigen, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit, sowie Kontingentflüchtlinge. Die Kurse sind zu Integrationskursen fortzuentwickeln. An den Kosten sind - je nach Zielsetzung und Zielgruppe - die Arbeitgeber und soweit möglich die Einwanderer selbst zu beteiligen.

• Ein besonderes Augenmerk muß auf der Integration in den Arbeitsmarkt liegen. Rechtliche Regelungen, die Zuwanderern mit Daueraufenthalt den Zugang zum Arbeitsmarkt versperren, sind abzubauen. Für diesen Personenkreis, einschließlich der nachziehenden Familienangehörigen, ist die Vorrangprüfung vor Aufnahme einer Erwerbstätigkeit abzuschaffen. Es macht auch keinen Sinn, Bürgerkriegsflüchtlingen, die schon lange in Deutschland leben, aus ausländerrechtlichen Gründen die Arbeitserlaubnis zu verweigern.

• Im Bildungsbereich ist das Angebot an Kindertagesstätten und Ganztagsschulen sowie an Familien- und Elternbildung, zumindest in Schwerpunktregionen von Einwanderung, auszuweiten. Im Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen muss die Perspektive einer Einwanderungsgesellschaft stärker berücksichtigt werden. Differenzierte Fördermaßnahmen sind nötig, um die Rechte aller Kinder auf bestmögliche Bildung zu sichern.

• Die Aufenthaltsvorschriften des Ausländergesetzes sind schon im Hinblick auf Erfordernisse des Arbeitsmarktes zu überprüfen. Die verlässliche Perspektive einer schrittweisen rechtlichen Gleichstellung bis hin zur Regeleinbürgerung ist für Einwanderer von großer Bedeutung. Nach unserer Auffassung sollte für künftige Einwanderer die Frist für die Regeleinbürgerung auf 5 Jahre verkürzt werden. Im Hinblick auf menschliche und familiäre Belange muss das Recht genügend Spielraum für Einzelfallregelungen lassen. Wir fordern einen grundsätzlichen Abschiebeschutz für hier geborene Kinder. Der diesbezügliche deutsche Vorbehalt gegen die UN-Kinderschutzkonvention muss aufgegeben werden.

• Bei der Förderung von Integration darf die Generation der Zuwanderer nicht vergessen werden, die inzwischen in Deutschland alt geworden ist. Die Angebote der Daseinsvorsorge für ältere Menschen müssen offen sein für ausländische Senioren und Seniorinnen. Wir brauchen eine Öffnung traditioneller Denkstrukturen, Handlungsmuster und Zuständigkeiten in der "Altenarbeit" und eine bessere Vernetzung der Angebote, insbesondere auf der kommunalen Ebene.

• Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gefährden das Zusammenleben in kultureller Vielfalt fundamental. Sie schrecken überdies Zuwanderer ab, die wir benötigen. Rassistischen und fremdenfeindlichen Übergriffen gilt es entschieden entgegenzutreten; rechtsextreme Einstellungen müssen auf Widerspruch stoßen. Hier sind die Politik, die Gesellschaft und jeder Einzelne gefordert. Von der Bundesregierung erwarten wir, dass sie die EU-Richtlinie für die Gleichbehandlung ethnischer Gruppen zügig in nationales Recht umsetzt. Mit dieser Richtlinie wird europaweit eine einheitliche Basis für Rechtsvorschriften gegen ethnische Diskriminierung geschaffen.

8. Nach unserer Auffassung muss die Bundesrepublik Deutschland auch weiterhin zu ihren grundgesetzlichen Verpflichtungen der Aufnahme von deutschen Volkszugehörigen stehen. Die Aufnahme von Deutschen und ihrer Familieangehörigen auf der Basis des Bundesvertriebenengesetzes ist sowohl zahlenmäßig begrenzt als auch zeitlich absehbar. Gesetzesänderungen, die die Zuzugsmöglichkeiten grundsätzlich erheblich einschränken würden, sind nicht erforderlich und würden bei den Betroffenen zu nicht abschätzbaren Reaktionen führen. Bei Deutschen in den Republiken der ehemaligen Sowjetunion werden zu Recht weiterhin Benachteiligungen bzw. Nachwirkungen von Benachteiligungen vorausgesetzt. Eine Änderung der Beweislast würde der Lebenssituation und den Bedingungen in den Herkunftsgebieten nicht gerecht werden. Die Verkürzung der Sprachkurse ist für eine schnelle Integration der Spätaussiedler nicht  hilfreich. Auch für diese Gruppe von Zuwanderern müssen die Integrationsangebote verbessert werden, damit sie sich schneller in der neuen Umwelt zurecht finden und im Arbeitsleben Fuß fassen.

9. Bei allen Maßnahmen zur Förderung der Integration von bereits in Deutschland lebenden Ausländern oder künftigen Einwanderern muss den Belangen der Familien Rechnung getragen werden. Den "besonderen Schutz von Ehe und Familie" nach Art. 6 Grundgesetz gilt es hinsichtlich aller Gruppen von Zuwanderern zu beachten. Wer ein Recht auf dauerhaften Aufenthalt in Deutschland hat, muss auch einen Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung haben. Allerdings entstehen oft erhebliche Integrationsprobleme bei nachziehenden Ehegatten und Kindern, die ihre gesamte oder einen Großteil ihrer schulischen Ausbildung im Herkunftsland absolviert haben. Der 6. Familienbericht der Bundesregierung hat deutlich herausgearbeitet, dass Familie für den Integrationserfolg eine besonders wichtige und günstige Voraussetzung darstellt, insbesondere wenn die Familienmitglieder zeitnah zuwandern. Daher sollten Anreize geschaffen werden, dass Familienangehörige möglichst gemeinsam einreisen, damit Kinder und Eltern gemeinsam in diese Gesellschaft hineinwachsen können. Eine Herabsetzung des Nachzugsalters der Kinder von derzeit 16 Jahren lehnen wir ab. Wir erwarten vielmehr, dass Regierung und Opposition sich die Bestimmungen des Richtlinienentwurfs der EUKommission zu eigen machen, wonach alle Kinder bis zum achtzehnten Lebensjahr zu ihren Eltern nachziehen dürfen.

10. Von einem tragfähigen Zuwanderungskonzept erwarten wir, dass es die Wahrnehmung humanitärer Verpflichtungen auf Dauer sichert. Wir begrüßen den sich abzeichnenden breiten politischen Konsens, das individuelle Grundrecht auf Asyl unangetastet zu lassen. Der grundgesetzlich verbürgte Anspruch auf Asyl ist die Antwort auf die Erfahrung des Nationalsozialismus, die für die Ausgestaltung der Werte-Ordnung des Grundgesetzes maßgeblich war. Wer jedoch die Beibehaltung dieses Grundrechts unter den Vorbehalt stellt, dass seine Inanspruchnahme sich in erträglichen Grenzen hält, schwächt seinen Stellenwert deutlich ab. Gefordert ist vielmehr der entschiedene politische Wille, unabhängig von Schwankungen der Asylbewerberzahlen, an diesem Recht festzuhalten.

Die tatsächlich bestehenden Probleme lassen sich auf anderem Weg lösen. Es sind zügige wie sorgfältige Verfahren nötig, um zu klären, ob ein Rechtsanspruch auf Asyl besteht. Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten sollte für die Dauer der Krisensituation ein Sonderstatus zuerkannt werden, um zu verhindern, dass die Gerichte mit Asylanträgen überlastet werden. Der aktuelle Rückgang der Asylbewerberzahlen eröffnet die Möglichkeit zu großzügigeren Regelungen in problematischen Einzelfällen. Auch das kann zur Entlastung der Verfahren beitragen. Können auch nur 15-20% der Asylantragsteller als politisch Verfolgte im engeren Sinn anerkannt werden, so darf man nicht übersehen, dass einem weiteren beträchtlichen Teil (20-40%) wegen Gefahren für Leib und Leben und aus anderen gravierenden humanitären Gründen die Rückkehr in die Heimat nicht möglich ist. Diese Menschen genießen hier zu Recht Schutz. Pauschal von "Asylmissbrauch" zu sprechen, wo Differenzierungen nötig sind, ist unverantwortlich.

Der Aufenthalt abgelehnter Asylbewerber, die in ihre Heimat zurückkehren können, sollte rasch und konsequent beendet werden. Wir sagen ebenso deutlich, dass in der Praxis der Abschiebehaft zum Teil menschenunwürdige Zustände herrschen. Hier sind dringend Änderungen erforderlich.

11. Wer den Schutz politisch Verfolgter ernst nimmt, muss den Veränderungen in der Welt Rechnung tragen. Nach der deutschen Rechtslage gilt als politisch verfolgt, wer in seinem Heimatland der Verfolgung durch staatliche Stellen ausgesetzt ist. Das wird den tatsächlichen Verhältnissen in vielen Krisenländern nicht gerecht. Wo die Staatsgewalt zusammengebrochen ist, bzw. von rivalisierenden politischen Gruppen usurpiert wird, dürfen Verfolgte nicht schutzlos werden. Die Anerkennung des Tatbestandes "nichtstaatlicher" politischer Verfolgung als Flucht- bzw. Asylgrund ist umstritten, die Praxis der europäischen Länder in dieser Hinsicht unterschiedlich. Wir sprechen uns klar dafür aus, in diesen Fällen den Schutzgedanken in den Vordergrund zu stellen. Die Voraussetzung, dass die Verfolgung von Organen des Staates ausgeht, darf nicht das ausschließliche Kriterium sein.

12. Zu den neuen Ursachen von Flucht und Verfolgung gehört die systematische Gewalt gegen Frauen. Verletzung der körperlichen Unversehrtheit, Frauenhandel, Zwang zu Prostitution und andere Menschenrechtsverletzungen haben im internationalen Flüchtlingsrecht noch keinen Niederschlag gefunden. Auch das deutsche Recht kennt keine geschlechtsspezifischen Fluchtgründe. Schutz wird gewährt auf der Grundlage von Abschiebungsverboten (§ 51 AuslG) oder tatsächlicher Abschiebungshindernisse (§ 53 AuslG). Die Rechtspraxis ist uneinheitlich und unzureichend. Um einen verlässlichen einstweiligen Schutz zu gewährleisten - analog zu den Bestimmungen über Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge (§ 32a AuslG) -, halten wir die explizite Aufnahme geschlechtsspe- zifischer Fluchtgründe in das Ausländergesetz (§ 51) für erforderlich.

13. Als bloßes Randproblem der Zuwanderungsdebatte wird fälschlich oft die Problematik der illegal in Deutschland lebenden Ausländer angesehen. Sie betrifft nach Schätzungen mehrere Hunderttausend Menschen, die ohne gültige Papiere in Deutschland leben. Die Ursachen illegaler Zuwanderung liegen in dem extremen wirtschaftlichen Gefälle zwischen reichen und armen Ländern und in der geographischen Lage Deutschlands. Hinzu kommt die Nachfrage nach Arbeitskräften, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht befriedigt werden kann. Illegale Zuwanderung betrifft auch andere Länder in vergleichbarer Situation. Wenn auch ohne Aufenthaltsrecht oder Duldung, müssen Menschen, die in der Illegalität leben, die ihnen zur Sicherung eines sozialen Mindeststandards zustehenden Rechte wahrnehmen können. Das betrifft insbesondere den Schulbesuch der Kinder, den Zugang zu medizinischer Versorgung und die Durchsetzung von Lohnansprüchen. All das scheitert häufig an der Vorschrift des Ausländergesetzes (§ 76), wonach staatliche Stellen verpflichtet sind, Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung den Behörden zu melden. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich in den vergangenen Wochen ausführlich und in großer Klarheit zu dieser Frage geäußert. Sie machte auf die "faktische Rechtlosigkeit" dieser Menschen auf fast allen Gebieten des täglichen Lebens aufmerksam. Wir unterstützen nachdrücklich die Forderung der deutschen Bischöfe nach politischen Initiativen, um menschenwürdige Lebensverhältnisse für diesen Personenkreis zu garantieren.

14. Zuwanderung zu gestalten und die Voraussetzungen für Integration zu verbessern ist eine zentrale Herausforderung für Gesellschaft und Politik. Die Einwanderungsgesellschaft, die wir geworden sind, bedarf noch der Akzeptanz. Es gilt, berechtigte Besorgnisse ernst zu nehmen, ungerechtfertigte Ängste durch sachliche Aufklärung abbauen zu helfen. Hier stehen Medien, gesellschaftliche Gruppen, politische Parteien und die Kirchen in einer besonderen Verantwortung. Klare politische Weichenstellungen sind unabdingbar; über das Gelingen von Integration entscheidet jedoch das Zusammenleben im Alltag. Gerade diesen Ort des Engagements dürfen Christen, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind, nicht übersehen.


Vom Hauptausschuss des ZdK am 08. Juni 2001 beschlossen

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