Als Broschüre vergriffen
Stabilisierung der Gesetzlichen Rentenversicherung
Erklärung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) zur geplanten Strukturreform der Gesetzlichen Rentenversicherung
Vor 100 Jahren wurde im Zuge der Industrialisierung sowie sozialer und wirtschaftlicher Wandlungen unsere Gesetzliche Rentenversicherung unter maßgeblichem Einfluß christlicher Sozialpolitiker eingeführt und 1957 in Übereinstimmung mit Vorstellungen der Katholischen Soziallehre fortentwickelt. Damit gelang es, dem Erwerbstätigen durch eigene Leistung immer größere soziale Sicherheit und das Bewußtsein der Eigenständigkeit im Alter zu geben. Die Rentenversicherung blieb auch nach dem Zweiten Weltkrieg angesichts des Bevölkerungswachstums, der Produktivitätsund Lohnzuwächse, des Wirtschaftswachstums und der Beitragserhöhungen jahrzehntelang finanziell weitgehend stabil.
Unsere Alterssicherungssysteme haben mit ihrer finanziellen Stabilität und kontinuierlichen sozialrechtlichen Fortentwicklung nicht nur das Vertrauen in die soziale Sicherung, sondern auch in unsere Wirtschaftsund Sozialordnung und in die Verläßlichkeit des Staates mitgeprägt sowie das Vertrauen in die Solidarität zwischen den Generationen gefestigt. Dies gelang, weil in den vergangenen Jahrzehnten dem Großteil der Ruheständler und Hinterbliebenen ein ausreichendes Alterseinkommen und damit eine gerechte Teilhabe am gestiegenen Wohlstand ermöglicht wurde. Vor allem die 1957 eingeführte bruttolohnbezogene dynamische Rente hat dafür gesorgt, daß die Renten in der Gesetzlichen Rentenversicherung insgesamt stärker als die Nettolöhne gestiegen sind.
Die Aufrechterhaltung dieses Standards, aber auch der finanziellen Stabilität der Rentenversicherung überhaupt wirft zunehmende Probleme auf. Bereits seit einigen Jahren besteht Gewißheit, daß die Rentenlasten in den nächsten fünf Jahrzehnten erheblich steigen werden. Dafür sind vor allem folgende Ursachen maßgeblich:
- Die Geburtenzahl hat sich seit Mitte der sechziger Jahre fast halbiert. Dies wird sich nachhaltig in den kommenden Jahrzehnten auswirken;
- die Lebenserwartung der 60jährigen ist allein in den letzten 25 Jahren um über 2 Jahre gestiegen (Männer: 16~92 Jahre, Frauen: 21,36 Jahre);
- das durchschnittliche Rentenzugangsalter ist auf etwa 59 Jahre abgesunken;
- die Bildungs- und Ausbildungszeiten haben sich verlängert, so daß sich auch der Beginn der Beteiligung an der Finanzierung der Alterssicherung hinausgeschoben hat;
- die demnächst in Ruhestand gehenden Jahrgänge sind relativ stark besetzt.
Daraus müssen Konsequenzen gezogen werden. Eine rechtzeitige Anpassung der Alterssicherungssysteme an diese Entwicklungen ist offensichtlich erforderlich. Besonders deutlich wird der Handlungsbedarf in der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Ihre Finanzierungsprobleme schlagen sich in den bisherigen Erhöhungen des Beitragssatzes und im Abschmelzen der Schwankungsreserve nieder. Es besteht daher weitgehend gesellschaftlicher Konsens, daß eine Strukturreform der Rentenversicherung dringend notwendig ist. Dabei reicht es allerdings nicht aus, nur jeweils für die nächsten Jahre sicherzustellen, daß die gesetzliche Mindestreserve vorhanden ist. Die Reform muß vielmehr die Rentenversicherung für einen wesentlich längeren Zeitraum auf sichere finanzielle Fundamente stellen und dabei auch andere Alterssicherungssysteme einbeziehen.
Der Rentenfallquotient, also die von 100 Arbeitnehmern aufzubringende Zahl der Renten, wird sich bei Fortsetzung der jetzigen Entwicklungen auf etwa das Zweieinhalbfache erhöhen: von 56 im Jahre 1987 auf 141 im Jahre 2035. Falls allein die Beitragszahler die Belastungen zu tragen hätten, stiege nach einem Gutachten der Prognos AG der Beitragssatz von jetzt 18,7 % auf 27,1 % - 29,6 % im Jahre 2015 und auf 37,9 % - 43,2 % im Jahre 2035. Schmerzliche Einschnitte sind unausweichlich. Die Beitragszahler, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, werden auch in Zukunft einen Anstieg der Beitragslasten hinnehmen müssen, die Rentenempfänger werden sich mit geringeren Rentensteigerungen als in der Vergangenheit abfinden müssen; die nächsten Generationen werden also erheblich stärkere Belastungen als heute erfahren.
Vielfach wird in der Diskussion nicht beachtet, daß fast alle unsere Alterssicherungssysteme auf dem sog. "Umlageverfahren" beruhen: die jetzt erwerbstätige Generation finanziert durch ihre Beiträge und Steuern die Alterseinkommen der Ruhestands-Generation. Die Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung verbleiben nur etwa einen Monat lang in den Kassen der Versicherungsträger. Gleichzeitig wird durch das Heranwachsen einer nachfolgenden Generation die Voraussetzung dafür geschaffen, daß später einmal auch die Renten-und Pensionsansprüche der jetzt Beiträge leistenden Generation befriedigt werden können. Sowohl Finanzbeiträge an die Rentenversicherungsträger als auch Aufwendungen für Kinder sind also entscheidende Voraussetzung für den Bestand der Alterssicherung.
Ohne Kinder hat eine auf der Drei-Generationen-Solidarität beruhende Alterssicherung keine Zukunft; sie sind der wichtigste Beitrag zur langfristigen Sicherung der Renten und Pensionen. Dennoch werden bisher meist nur die beiden anderen Generationen in Betracht gezogen, denn Rentenansprüche sind fast nur an Erwerbstätigkeit oder damit zusammenhängende Zeiten geknüpft.
Leider wird die Erziehung von Kindern im Rentensystem immer noch nicht ausreichend anerkannt. Zwar wurde seit 1986 mit der Anrechnung eines Erziehungsjahres, bewertet mit 75 % des Durchschnittsverdienstes, ein wichtiger erster Schritt getan. Allerdings ist der Ertrag mit 27 DM je Kind und Monat gering. Die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit verlangt es, daß diejenigen, die den Bestand der Drei-Generationen-Solidarität sichern helfen, einen Ausgleich für den damit meist verbundenen Verzicht auf Rentenansprüche aus Erwerbsarbeit erhalten. Frauen oder Männer dürfen durch die Zeiten, die sie der Erziehungsarbeit gewidmet und in der sie keine Erwerbsarbeit geleistet haben, in der Alterssicherung nicht schlechter gestellt werden als Erwerbstätige, die ohne Unterbrechung durch Erziehungszeiten tätig waren.
Auch angesichts finanzieller Engpässe darf die gerechte Weiterentwicklung der Rentenversicherung nicht am überzogenen Besitzstandsdenken scheitern. Gerade die geplante Strukturreform der Rentenversicherung bietet Gelegenheit, bisher vorhandene Systemmängel zu beseitigen.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken setzt sich dafür ein, daß sich die notwendige grundlegende Reform der GRV an folgenden Grundsätzen orientiert.
1. Die Renten müssen leistungsbezogen bleiben
Wer von seinem Einkommen Beträge gezahlt hat, hat Anspruch auf eine seinem den Beitragsleistungen zugrundeliegenden Einkommen entsprechende Rente. Anspruchsbegründete Leistungen beschränken sich aber nicht nur auf Erwerbsarbeit. Dort, wo die Beitragsleistungen keinen ausreichenden Rentenanspruch ermöglichen, sind ergänzende Leistungen aus anderen Systemen notwendig; dies ist aber nicht Aufgabe der Solidargemeinschaft der Rentenversicherten.
2. Die durchschnittliche Rente muß ein ausreichendes Einkommen sichern.
Nach einer durchschnittlich langen Erwerbsphase von etwa vier Jahrzehnten mit nur einem durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen muß das Rentenniveau einem selbständig lebenden Ehepaar den Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von ergänzenden Sozialhilfeleistungen sichern. Dieser Grundsatz muß auch dann gelten, wenn infolge der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Frauen diese in Zukunft in stärkerem Maß eigenständige Rentenansprüche erwerben.
3. Der Staat, näherhin die Gesamtheit der Steuerzahler, muß für die Lasten aufkommen, die über die durch eigene Beiträge begründeten Ansprüche der Rentenversicherten hinausgehen.
Nicht durch eigene Beiträge finanziert werden z.B. Kindererziehungszeiten, Ausfallzeiten, Kriegsfolgelasten und Leistungen für Nichtversicherte. Die Höhe der sogenannten "Fremdleistungen" erfordert eine Erhöhung des Bundeszuschusses und seine konstante Anpassung in einem gleichbleibenden Verhältnis zu den Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung. Gleichzeitig muß der Leistungskatalog der GRV überprüft werden, ob alle bisher gewährten Leistungen zu ihrem Auftrag gehören.
4. Die individuellen Einkommen der erwerbstätigen und der nicht mehr erwerbstätigen Generation müssen sich im Gleichgewicht entwickeln.
Die Belastung der Arbeitnehmer steigt durch wachsende Steuern und Sozialabgaben. Ihr verfügbares Nettoeinkommen ergibt somit eine größere Differenz zu ihren Bruttoeinkommen. Daher können die Renten nicht entsprechend der Entwicklung der Bruttoeinkommen angepaßt werden; sonst wäre die Solidarität zwischen den Generationen gestört. In den letzten Jahren wurde deshalb u.a. durch die stufenweise Einführung des Krankenversicherungsbeitrages der Rentner und die Aktualisierung der Rentenanpassung faktisch bereits eine Annäherung an eine Nettoanpassung durchgeführt.
5. Beitragslose Zeiten dürfen nur unter sehr engen Voraussetzungen rentenerhöhend wirken.
Bisher werden Ausbildungszeiten bis zu 13 Jahren angerechnet. Sie haben für den Versicherten in der Regel eine Erhöhung des Lebenseinkommens und damit des Rentenanspruchs zur Folge Die Finanzierung ihrer Anrechnung erfolgt letztlich weitgehend aus den Beiträgen solcher Arbeitnehmer, die ihrerseits keine Ausbildungszeiten angerechnet erhalten.
Die Anrechnung beitragsloser Zeiten darf auch nicht weitgehend von Zufälligkeiten abhängig sein, wie es bei der gegenwärtig notwendigen "Halbbelegung" der Fall ist, nach der Ausfallzeiten (also z. B. Ausbildungszeiten) nur dann angerechnet werden, wenn zwischen dem Versicherungsbeginn und dem Eintreten des Versicherungsfalles für mindestens 60 Monate Beiträge entrichtet wurden. Durch diese Regelung waren in der Vergangenheit insbesondere Frauen benachteiligt. Soweit bisher Ausfallzeiten mit Beiträgen Dritter belegt sind, sind diese Zeiten als Beitragszeiten anzurechnen.
6. Zeiten mit für die Gesellschaft bedeutsamen Tätigkeiten in der Familie müssen auch dann zu Ansprüchen auf Alterssicherung führen. wenn vom Versicherten selbst für sie keine Beiträg geleistet wurden und er während dieser Zeit ganz oder überwiegend auf Erwerbstätigkeit verzichtet hat.
Dies gilt insbesondere für die Erziehung von kleinen Kindern bis zu drei Jahren und für die Versorgung von Pflegebedürftigen. Mit der Kindererziehung wird ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt der Generationen- Solidarität geleistet. Die in der Familie erbrachten Pflegeleistungen dienen nicht nur der Mitmenschlichkeit und der Stärkung des Zusammenhalts der Familien, sondern ersparen der Allgemeinheit in erheblichem Umfang Kosten für Heimunterbringungen.
Die Beiträge für diese Zeiten sind grundsätzlich vom Bund zu tragen. Es sind aber auch Möglichkeiten zur Beteiligung an der Beitragszahlung durch den Pflegebedürftigen oder andere Institutionen zu prüfen.
7. An den Beitragslasten für die Alterssicherung müssen sich diejenigen stärker beteiligen, die- aus welchen Gründen auch immer - keine Kinder erziehen.
Ein Ehepaar, das weniger als zwei Kinder aufzieht, ist darauf angewiesen, daß später die Kinder aus anderen Familien seine Renten sichern; durch die eigenen Beitragsleistungen erfolgt lediglich die Finanzierung der jetzigen Rentnergeneration. Eine Staffelung der Arbeitnehmerbeiträge nach der Kinderzahl würde nicht nur eine im Sinne der Drei-Generationen-Solidarität gerechtere Finanzierung der Renten gewährleisten, sondern auch die Familien mit mehreren Kindern während der aktiven Erwerbs- und Erziehungsphase entlasten. Berechnungsprobleme dürften im Zeitalter der Automatischen Datenverarbeitung kein Hindernis darstellen.
8. Das System der Hinterbliebenenrente muß überprüft werden
Vielfach treffen heute abgeleitete Ansprüche aus der Hinterbliebenensicherung mit hohen eigenen Rentenansprüchen zusammen, während diejenigen Hinterbliebenen, die zugunsten der Erziehung von Kindern und der Haushaltsführung auf eigene Erwerbstätigkeit und somit auf eigene Ansprüche in der Alterssicherung verzichtet haben, oft auf ergänzende Sozialhilfeleistungen angewiesen sind.
In den 75 Jahren seit Einführung der Hinterbliebenensicherung hat sich die Situation entscheidend gewandelt: Damals hatte der Großteil der Witwen keinen eigenen Rentenanspruch erworben, aber viele Kinder erzogen. In der heutigen Zeit ist die Aufstockung der eigenen Rente durch die volle Hinterbliebenenrente nicht erforderlich. Andererseits muß die Einkommenssituation von Witwen, die Kinder erzogen haben, auch durch eine spürbare Anrechnung von Erziehungsleistungen verbessert werden.
Die Finanzierung von Erziehungsjahren würde durch Einschränkungen bei den Hinterbliebenenrenten erleichtert; 30 % aller derzeit gezahlten Renten sind Witwen- oder Witwerrenten. Abstriche daran erscheinen dann möglich, wenn beide Ehepartner die meiste Zeit ihres Lebens erwerbstätig waren und keine Kinder aufgezogen haben. In diesen Fällen ist eine ausreichend hohe eigene Sicherung vorhanden. Denkbar wäre z.B. eine gegenüber heutigem Recht stärkere Anrechnung eigener Ansprüche auf die abgeleitete Rente.
9. Der alte Mensch soll mitentscheiden können, wann und wie schnell er in den Ruhestand geht.
Ein gleitender Eintritt in den Ruhestand stellt einen wichtigen Beitrag zur Humanisierung der Arbeitswelt dar. Aus sozialpolitischen Gründen wäre es sinnvoll und notwendig, die Möglichkeit eines "flexiblen" Zugangs zur Rente zu verbessern. Z. B. wäre es denkbar, daß ein Arbeitnehmer, der vom 60. Lebensjahr an Teilzeitarbeit wählt, eine Teilrente erhält und gleichzeitig weiter Beiträge aus seinem Einkommen leistet, um dann zu einem späteren Zeitpunkt voll in den Ruhestand zu gehen.
Bei einem vorgezogenen Ruhestand leistet er jedoch weniger Beiträge und bezieht länger Rente. Unter Beachtung der Leistungsbezogenheit kann er nicht eine gleich hohe Rente erhalten wie beim ursprünglich vorgesehenen Rentenzugangsalter, so daß Abschläge in solchen Fällen gerechtfertigt und finanziell notwendig sind. Ohnehin wird jetzt bereits bei Weiterarbeit über das 65. Lebensjahr hinaus ein Zuschlag von 7,2% pro Jahr (für maximal 2 Jahre) gewährt. Im Fall eines vorzeitigen Rentenbezugs auf Grund von Berufs- und Erwerbsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit darf jedoch die ohnehin niedrige Rente durch Abschläge nicht unangemessen verringert werden.
10. Vergleichbare Erwerbseinkommen müssen in den verschiedenen Alterssicherungsystemen zu vergleichbaren Aeterseinkommen führen, falls nicht im speziellen Fall die Notwendigkeit für einen sozialen Ausgleich gegeben ist.
Für allein historisch gewachsene Differenzierungen im gegliederten System der Alterssicherung gibt es keinen Anspruch auf Beibehaltung. Es entspricht der Forderung nach sozialer Gerechtigkeit, daß nach einer gleichartig verlaufenen Phase der Erwerbstätigkeit mit gleich hohem Nettoerwerbseinkommen auch das Nettoalterseinkommen etwa gleich hoch ist.
Auch im "Gutachten zur langfristigen Entwicklung der GRV" des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger vom Sommer 1987 wird darauf hingewiesen, daß die Steigerungsraten der öffentlichen Pensionen weit über dem Durchschnitt aller Sozialleistungen, auch der GRV-Renten liegen. Ihr Anteil am gesamten Volumen der Sozialleistungen der Gebietskörperschaften (also einschl. Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe, Kindergeld und Erziehungsgeld) würde ohne eine Änderung bis zum Jahr 2030 von knapp 35 % auf 68 %-72 % wachsen.
Die Strukturreform in der GRV bietet daher auch Anlaß, erforderliche Anpassungen in den anderen Alterssicherungssystemen vorzunehmen. Eine Abschwächung des Rentenanstiegs gegenüber bisherigem Recht muß auch bei Pensionen, öffentlicher Zusatzversorgung und bei Betriebsrenten ihren Niederschlag finden.
Die demographischen und sonstigen Erschwernisse können nicht allein von den Mitgliedern der GRV getragen werden, während Bezieher von Pensionen oder von Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes ein ungeschmälertes, steuerfinanziertes Alterseinkommen erhalten. Daher muß eine stufenweise Beteiligung der Beamten an der Finanzierung ihrer Alterssicherung in Erwägung gezogen werden, wie sie u.a. die Sachverständigenkommission Alterssicherung des Deutschen Bundestages vor geschlagen hat. Gleiches gilt für die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes.
Aber auch innerhalb der einzelnen Zweige der GRV müssen vergleichbare Tätigkeiten und Einkommen vergleichbare Rentenansprüche ergeben.
11. Die gesamte Altersversorgung muß transparent und berechenbar werden.
Rentner und Pensionäre müssen ebenso wie andere Arbeitnehmer möglichst frühzeitig über die ungefähre Höhe und die Entwicklung ihres Alterseinkommens informiert werden, damit sie ihre Lebensplanung darauf abstimmen und sich ggf. um zusätzliche Alterssicherungen bemühen können. Eine weit verbreitete Unsicherheit hätte auch einen erheblichen Vertrauensverlust für den Staat zur Folge.
12. Die Besteuerung von Rentenbeiträgen und Alterseinkommen muß neu geregelt werden. Hinzu kommen sollten steuerliche Anreize für eine individuelle, ergänzende Altersvorsorge.
Die Einkommensbesteuerung erfaßt derzeit einen Teil der Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung und außerdem den sog. Ertragsanteil der Renten.
Beamtenpensionen sind derzeit zwar grundsätzlich voll steuerpflichtig. Ihren Empfängern stehen aber zahlreiche Freibeträge zu. Beim - auch vom Bundesverfassungsgericht Geforderten - Vergleich der Besteuerung der verschiedenen Alterseinkommen ist daher zu beachten, daß Pensionäre keine Steuern für (tatsächliche oder fiktive) Beiträge zu leisten hatten und die Besteuerung der Pensionen tatsächlich erst weit oberhalb der durchschnittlichen Rentenhöhe beginnt (z. B. für ein Ehepaar mit einer Pension bei ca. 22.000,- DM). Eine Harmonisierung der Besteuerung der Alterseinkommen ist deshalb dringend erforderlich.
Es liegt auch im Interesse der Allgemeinheit, die Entstehung von Altersarmut und ihrer Folgelasten zu verhindern. Dies bedeutet, daß -für alle Arbeitnehmergruppen in gleicher Weise - langfristige Sparformen durch Steuerfreibeträge, Prämien und Zulagen gefördert werden; insbesondere ist eine Änderung der Modalitäten für die Vorsorgehöchstbeträge im Einkommenssteuerrecht erforderlich.
Welche weiteren Maßnahmen zur Konsolidierung erforderlich sind, wird entscheidend auch von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Diese Ungewißheit darf jedoch nicht davon abhalten, die jetzt schon als notwendig rkannten Maßnahmen bald durchzuführen. Ohne ein rechtzeitiges Gegensteuern gegen die voraussehbaren Belastungen wären die Alterssicherungssysteme und damit die materielle Sicherheit der alten Menschen vor allem in der nächsten und übernächsten Generation in jedem Fall gefährdet.
Der heutigen und den künftigen Beitragszahlergenerationen muß plausibel sein, daß ihnen keine unzumutbaren Belastungen auferlegt werden und sie angemessene Gegenleistungen für ihre Beiträge erhalten werden. Sonst könnte es zu bedenklichen Verteilungskämpfen oder Verweigerungshaltungen kommen.
Beschlossen vom Geschäftsführenden Ausschuß des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 18. Dezember 1987 in Bonn-Bad Godesberg und veröffentlicht am 7. Januar 1988.
Erklärung “Stabilisierung der Gesetzlichen Rentenversicherung” als PDF